Solange, bis ich dich finde: Roman (German Edition)

Hillings. Was kann ich für Sie tun?“
    „Hallo, hier spricht Lea Aurelius. Ich rufe wegen der ausgeschriebenen 4-Zimmer-Wohnung in der Bahnhofstraße an.“
    „Einen Moment Bitte. Ich schaue für Sie nach.“
    Und eine Sekunde später höre ich eine schöne, beruhigende Melodie. Da fällt mir ein, dass ich noch nie bei einem Finanzdienstleistungsunternehmen angerufen habe. Ich hatte noch nie Pläne mit meinem Geld, geschweige denn genug Geld. Unweigerlich muss ich lachen und denke mir, welch Ironie, dass ich gerade von diesem Unternehmen eine Wohnung beziehe. „Hallo? Sind Sie noch dran?“, kommt es plötzlich vom anderen Ende der Leitung. Jetzt erst merke ich, dass ich noch immer lache. Gleich darauf bin ich ganz ruhig geworden und kann die nächsten Sekunden überhaupt nichts sagen.
    „Hallo? Spreche ich noch mit Frau Aurelius?“
    „Ja, die ist noch dran“, sage ich kurz.
    „Gut. Ich habe ein paar Informationen zu dieser Wohnung gefunden. Die ist noch frei, so, wie es aussieht.“
    „Ja das weiß ich bereits. Ich habe sie mir vor ungefähr einer Stunde angesehen. Der Makler ließ mir Ihre Unterlagen da, damit ich Sie kontaktieren kann. Also ich möchte sie haben.“
    „In Ordnung. Dann werde ich den Mietvertrag fertig machen. Können Sie die Wohnung in 2 Monaten beziehen?“
    „Ja, das geht“, antworte ich.
    „Möchten Sie die Unterlagen zur Unterschrift abholen oder sollen wir sie Ihnen zusenden?“
    „Ich komme vorbei. Es ist ja nicht weit von hier.“
    „Wie Sie möchten. Melden Sie sich dann in der Buchhaltung. Ich werde die Unterlagen für Sie vorbereiten und alles Frau Krause geben.“
    „Alles klar. Zur Buchhaltung und bei Frau Krause melden.“
    „Auf Wiedersehen, Frau Aurelius.“
    „Wiedersehen“, entgegne ich dem höflichen Mann am anderen Ende der Leitung und lege den Hörer auf. Es ist ein gutes Gefühl zu wissen, dass in zwei Monaten mein Leben neu beginnt. Irgendwie fühlt es sich jetzt schon so an, als hätte mein Leben völlig neu begonnen.
    Der letzte Schluck meines Tees verteilt sich wohlig in meinem Körper und ich genieße die Ruhe in der Couch. Ich denke über meine Malprojekte nach, meine neue Wohnung und unweigerlich muss ich schon wieder an diesen fremden Mann aus dem Zug und dem Theater denken. Dieser Gedanke ist im Moment der einzige, der mich stört. Es fühlt sich an, als hätte man etwas Wertvolles aus den Augen verloren, und egal wo man sucht, man kann es nicht mehr finden. Und trotzdem habe ich das Gefühl, als wäre dieser Mann ganz nah um mich herum. Vor lauter Nachdenken und Grübeln werde ich ganz müde und so beschließe ich, ein wenig zu schlafen und heute Mittag dieses Unternehmen aufzusuchen, um den Mietvertrag zu unterschreiben.
    Katner & Co. haben ein riesiges Gebäude bezogen. So groß habe ich es mir nicht vorgestellt. Am Eingang stehen Tausende Abteilungen: Rechnungswesen, Anlage und Strategie, Unternehmensberatung. Wo ist denn die Buchhaltung? Ich werde einfach mal hineingehen und mich durchfragen. Oh, wie schön, hier ist gleich der Empfang. Die werden mir weiterhelfen können.
    „Guten Tag, mein Name ist Lea Aurelius, ich habe heute Morgen angerufen.“
    „Mit wem haben Sie telefoniert?“, fragt mich die Dame am Empfang.
    „Es war ein Herr. Sein Name war … Hiddens. Ja, genau so hieß er.“ „Hiddens.“
    „Diesen Namen finde ich nicht auf unserer Liste. Meinen Sie etwa Herr Hillings?“
    „Oh ja, mein Gedächtnis“, sage ich verlegen.
    „Er ist heute allerdings ausgebucht bis 15 Uhr. Von 15 bis 16 Uhr nimmt er aber keine Termine an. Also ab 16 Uhr hätten Sie bessere Chancen.“
    „Oh nein, ich möchte nicht zu ihm. Ich muss nur ein paar Unterlagen bei Frau Krause in der Buchhaltung abholen.“
    „Ach so“, sagt die Dame leicht irritiert. Ich glaube, die sind es nur gewohnt, irgendwelche Termine zu haben.
    „Drittes Stockwerk. Es sind die Räume vier, fünf und sechs. In einem dieser Räume finden Sie Frau Krause.“
    „Vielen Dank.“ Und schon bin ich weg. Lieber benutze ich den Fahrstuhl, sonst verirre ich mich noch im Treppenhaus. Im Fahrstuhl sind alle Abteilungen aufgelistet. Beim Durchfliegen der Namen bleibe ich bei „Hillings“ stehen. Da ist er ja, mit dem ich telefoniert habe. Er sitzt also in der Marketingabteilung. Hier steht: „Noah Hillings – Marketing & Management – Geschäftsführung“. Ein schöner Name. Ein lautes „Bing“ ertönt und ich bin im dritten Stockwerk angekommen. Vorsichtig klopfe ich bei