Solange, bis ich dich finde: Roman (German Edition)
Raum drei.
„Hallo, ich möchte gerne zu Frau Krause.“
„Sie ist drüben, im sechsten Raum.“
Also gut, dann rüber zum sechsten Raum. Wieder klopfe ich und dieses Mal habe ich sie endlich gefunden.
„Mein Name ist Lea Aurelius und ich bin wegen der Mietunterlagen hier.“
„Oh ja, Herr Hillings hat alles vorbereitet. Gerne können Sie die Unterlagen durchschauen und mir dann eine Ausfertigung unterschrieben zurückgeben.“
Es ist ein riesiger Stapel Unterlagen. Um das alles durchzugehen, brauche ich den ganzen Tag. Ich suche lediglich nach der Seite, wo ich unterschreiben kann, und lege ihr den Stapel wieder hin.
„Oh, Sie sind aber schnell.“
„Ja das bin ich. Einen schönen Tag wünsche ich Ihnen. Auf Wiedersehen.“
Bevor ich wieder zurück auf den Zug gehe, beschließe ich, noch ein wenig durch die Stadt zu laufen. Bald schon sehe ich Schilder, die darauf hinweisen, dass es geradeaus zur Seepromenade geht. Das lasse ich mir nicht entgehen. Es ist immer wieder aufregend, etwas, was man noch nicht gesehen hat, zu erforschen. Seit den letzten Tagen ist das Wetter einfach traumhaft. Es gibt hier viele Bänke und sogar einen kleinen Kiosk, der Eis verkauft. Warum eigentlich nicht sich eins holen?
„Einmal Vanille und einmal Zitrone bitte.“
Auf der nächsten Bank mache ich es mir gemütlich und genieße jeden Sonnenstrahl. Das Eis ist köstlich. Normalerweise esse ich nur Vanilleeis, aber irgendetwas hat mich heute dazu getrieben, dieses Zitroneneis zu probieren. Es fühlt sich neu an, so wie mein Leben, das sich gerade verändert. Weiter weg sehe ich Züge, die hin- und herfahren, und wundere mich gerade ein wenig über mich, wie ich es immer wieder schaffe, schwarzzufahren. Bald muss ich das nicht mehr machen. Dann wird vieles etwas leichter werden. Den 15-Uhr-Zug habe ich soeben verpasst und werde deshalb den nächsten nehmen.
Kapitel 6
Der Frühstückstisch ist perfekt gerichtet. Heute hat sich Sarah sogar ein wenig mehr ins Zeug gelegt. Ich staune nicht schlecht, als ich die Frühstückseier sehe. Fertig gerichtet für die Arbeit, nehme ich das Frühstück zu mir. Sarah sitzt ebenfalls am Tisch und isst mit. Sie hat sich heute Morgen extra frei genommen. Ich frage sie nicht nach dem Grund. Wir beide sind still und irgendwie müssen wir uns beide von den letzten Tagen erholen. Sarah scheint sehr nachdenklich zu sein. Dass es ihr nicht gut geht, ist ihr anzusehen, jedoch schaffe ich es nicht, sie in den Arm zu nehmen, um sie zu trösten. Als ich mit dem Essen fertig bin und gehen möchte, schaut sie mich erwartungsvoll an. Einfach zu gehen ohne eine Geste der Zuneigung, bringe ich in diesem Moment nicht über mein Herz. Ich reiße mich zusammen und gebe ihr einen Kuss auf die Wange. Als sie sich umdreht, um mich zu küssen, ziehe ich mich sofort zurück.
„Ich muss los“, sage ich ihr, fast so, als wäre jede Sekunde, die ich ihr gegeben hatte, der Grund dafür, dass ich zu meiner Arbeit zu spät komme. Eigentlich kommt die Arbeit bei mir immer erst am Schluss. Früher hätte ich keinen Kuss und keine Umarmung für die Arbeit geopfert. Sarah schaut mir enttäuscht nach und in ihren Augen sehe ich Verzweiflung. Auch ich wünschte, dass ich diese fremde Frau niemals getroffen hätte. Vielleicht wäre diese Ehe dann noch zu retten gewesen. Zum einen hoffe ich, dass ich diese fremde Frau nicht mehr sehen werde, und zum anderen kämpfe ich darum, ihr irgendwie, irgendwo wieder zu begegnen. Es ist eine Achterbahn der Gefühle, wie ich sie noch nie erlebt habe.
„Guten Morgen, Katie. Hör zu, in den nächsten Tagen kannst du die Beratungstermine auf den Vormittag legen. Nach der Mittagspause kann ich noch Termine bis spätestens 15 Uhr annehmen. Zwischen 15 und 16 Uhr bin ich auf keinen Fall erreichbar. In Ordnung?“
„Aber natürlich, ich habe alles notiert.“
Katie ist im Empfang nicht zu ersetzen. Sie ist äußerst zuverlässig und bisher konnte ihr niemand das Wasser reichen. Sie koordiniert alles blitzschnell und vergisst nichts. Sie weiß fast von jedem Kunden, der ihr einmal gegenübergestanden hat, den Namen. Wenn ich einen Namen vergesse, brauche ich nur Katie zu fragen. Sie ist die Retterin in der Not.
Die letzten Tage waren nicht leicht für mich. Auf der Arbeit musste ich ständig an diese Frau denken und zu Hause überkam mich, gegenüber Sarah, die sich in letzter Zeit äußerst anstrengt, ein schlechtes Gewissen.
Bis kurz vor 15 Uhr bin ich immer im Büro und danach
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