Solange, bis ich dich finde: Roman (German Edition)
ich, wie sehr mir diese Frau in meinen Gedanken immer noch nachgeht, und es ist mir klar, dass ich noch eine ganze Weile brauche, bis ich sie vergessen haben werde.
Umringt von Tausenden von Tauben vergesse ich allmählich wieder meine Einbildung, Lea gesehen zu haben. Ich habe noch nie so viele Tauben auf einmal gesehen. Aus den Cafés ertönt Straßenmusik. Hier fühle ich mich richtig wohl, auch wenn ich in einem riesigen Touristenmeer wate.
Mein Handy klingelt, es ist Sarah. Schon vor einigen Tagen hat sie es mehrmals versucht. Vielleicht sollte ich ihr zumindest Bescheid geben, dass es mir gut geht.
„Hallo Sarah.“
„Noah, endlich höre ich dich. Geht es dir gut?“
„Ja, sehr gut, Sarah. Ich hoffe, dir geht es auch etwas besser.“
„Allmählich. Ich vermisse dich schrecklich, aber du hast wirklich einen guten Freund, Katner. Er tröstet mich oft.“
„Katner?“, frage ich und glaube zu träumen.
„Katner ist nicht mein Freund und Katner hat mit trostspendenden Worten so viel gemeinsam wie eine Kuh mit dem Fliegen“, fahre ich fort.
„Das finde ich gar nicht. Er kommt jeden Abend und ohne ihn würde ich die Stunden ohne dich nicht durchstehen.“
Ich bin zutiefst geschockt und merke schnell, wo der Hase lang läuft. Katner möchte also Sarah rumkriegen. Am liebsten würde ich zurückfliegen und ihm alle Zähne herausschlagen, aber ist das überhaupt mein Recht? Wenn es Sarah so besser geht, soll es gut sein. „Dann habe viel Spaß mit Katner und schaue, dass es dir besser geht, ja?“, sage ich zu Sarah.
„Ich gebe mir Mühe und lass bitte bald mal wieder was von dir hören, ja?“
„Bestimmt wieder mal. Mach es gut, Sarah.“
Immer noch empört über Katners Verhalten gehe ich weiter, bis ich beim Markusdom angekommen bin. Im Kirchenraum sind große Pfeiler und Säulen. Der Boden ist von ornamentalen Mosaiken aus Marmor übersät. Und die Decke ist mit Mosaiken aus Gold bedeckt. Wirklich sehr beeindruckend.
Wieder ist ein Tag rum und noch immer ist Lea mein erster Gedanke, sobald ich meine Augen geöffnet habe. Allmählich überlege ich mir, was ich in Venedig noch unternehmen oder tun kann. Ich frage mich, ob ich irgendwann sogar hier arbeiten kann. Mein Italienisch ist zwar sehr ausbaufähig, aber mein Englisch ist ziemlich gut. Ich werde mich demnächst auf dem Stellenmarkt umschauen. Gerade, als ich meine Zähne geputzt habe, klingelt mein Handy, Alfredo ist dran.
„Kannst du heute einziehen? Ich weiß, es ist sehr kurzfristig, aber ich habe die Zusage für die größere Wohnung auch schon heute bekommen und mein alter Vermieter will keine Lücke haben, sonst Kopf ab, hat er gesagt.“
„Kopf ab? Das hört sich nicht gut an, dann werden wir den Umzug wohl heute in Angriff nehmen müssen.“
„Ja, das ist besser so. Ich habe mit Ariel, also meiner Frau, schon einige Sachen ausgeräumt, du hast also Platz. Den Rest holen wir noch.“
„Ist gut, ich werde mein Appartement freimachen und mit dem Taxi zu deiner Wohnung fahren.“
„In deine, es ist jetzt deine, mein Freund“, sagt Alfredo und beendet das Gespräch.
Alfredo ist wirklich nett und ich bin froh, ihm begegnet zu sein. Seine Frau heißt Ariel, wie außergewöhnlich. Ich bin darauf gespannt, auch sie irgendwann einmal kennenzulernen.
Als ich bei Alfredos Wohnung angekommen bin, sehe ich, dass ein Schlüssel draußen am Türgriff hängt, mit der Nachricht, ich solle einfach in die Wohnung gehen. Unglaublich, wie leicht die Menschen hier das Leben nehmen. Sie vertrauen Gott und der Welt und machen sich keine Sorgen. An diese Mentalität muss ich mich erst einmal gewöhnen. Ich schließe die Türe auf und finde eine halb verlassene Wohnung vor mir. Einige Möbelstücke sind bereits entfernt worden, andere stehen schräg an der Wand, um bald abgeholt zu werden, und einige Kisten stehen auf dem Boden – teilweise sind sie schon vollständig gepackt, teilweise müssen noch einige Sachen hinein, die noch verteilt auf dem Boden herumliegen. Vorsichtig passe ich auf, wo ich hintrete, damit ich nichts kaputt mache. An einem Stuhl hängt ein Halstuch, vielleicht von seiner Freundin, dieser Ariel.
Irgendetwas verleitet mich dazu, dieses Tuch anzufassen, und als ich es in der Hand halte, rieche ich daran. Unweigerlich denke ich an Lea, als ich diesen Duft in mir aufnehme. Genauso hat es in ihrer Wohnung gerochen, als ich vor einiger Zeit in ihr war. Diese Frau muss endlich aus meinem Kopf verschwinden. Zuerst sehe ich
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