Solange, bis ich dich finde: Roman (German Edition)
vorne, als die Schlange sich weiter bewegt.
„Was reitet dich, nach Venedig zu gehen? Du warst doch noch gar nie dort, was soll das also?“, fragt Sarah mit einem sehr lautem Organ und Tränen der Verzweiflung laufen an ihrem Gesicht herunter.
„Lass mich endlich in Frieden. Hast du es denn immer noch nicht kapiert?“, frage ich, und viele Passagiere schauen mich wütend an, fast so, als wollten sie sagen, wie ich denn mit dieser Frau umgehe.
„Lass mich dich wenigsten besuchen kommen. Noah, ich kann einfach nicht ohne dich leben.“
Während ich weiter stur in der Schlange mit nach vorne gehe, brennt mein Herz, denn Sarah war die Frau, die ich liebte und die ich nie verletzen wollte. Jetzt verletze ich sie so sehr, dass es ihr fast das Herz herausreißt, doch das wollte ich nicht. „Es tut mir leid. Mehr kann ich nicht sagen. Ich wünsche dir einen Mann, der dich glücklich macht und der dir wieder ein Lächeln ins Gesicht zaubert.“
Das sind die Worte, die ich sage, bevor ich durch die Passkontrolle gehe. Sarah steht verlassen da und hat alles gegeben. Ein letztes Mal schaue ich zurück, nicke ihr zu und verschwinde.
Endlich sitze ich im Flugzeug und bin erst einmal erleichtert, dass diese Situation mit Sarah vorbei ist. Einige Passagiere schauen mich immer noch wütend und kopfschüttelnd an. Sollen sie doch denken, was sie wollen, sie wissen nichts über mich und mein Leben. Als wir in der Luft sind, spüre ich, dass es das absolut Richtige ist, was ich getan habe. Alles zurückzulassen und in Venedig ein neues Leben anzufangen.
Auf dem Flughafen herrscht ein ziemliches Chaos und als ich endlich meinen Koffer habe, bin ich auch schon draußen. Venedig – hier bin ich also. Noch habe ich keine Unterkunft, aber dafür habe ich nun ja genug Zeit. Im Taxi fragt mich der Fahrer, wo es denn hingehen soll. Ich hole meinen Reiseführer heraus und sage ihm, dass ich gerne zur „Basilica di San Marco“ möchte. Vielleicht finde ich dort eine geeignete Unterkunft für die ersten Tage.
Dort angekommen, setze ich mich erst einmal auf die Parkbank und versuche, in diesem Menschengewühl zur Ruhe zu kommen. Hier bin ich und weiß absolut nicht, wo ich hin soll und was ich hier überhaupt möchte. Zu früheren Zeiten hätte ich es mir nicht einmal im Traum einfallen lassen, so etwas zu machen. Bisher hatte ich auch immer um den Erhalt meiner Ehe gekämpft, doch seit diese Frau, Lea, in mein Leben getreten ist, bin ich völlig verändert. Sie ist zwar nicht mehr in meinem Leben, doch ist mein altes Leben längst zerstört. Ich kann nicht mehr zurück.
Mittlerweile sitze ich nun schon fast eine Stunde auf der Parkbank, als ein Passant im Vorbeilaufen über meinen Koffer stolpert. „Entschuldigung, ich meine, scusa“, sage ich.
„Oh, Sie sprechen Deutsch?“, fragt er.
„Ja, so ist es. Und noch mal, vielmals Entschuldigung wegen des Koffers.“
„Warten Sie auf ein Taxi? Hier wird kein Taxi vorbeifahren.“
„Nein, ich weiß noch nicht so recht, worauf ich warte. Ein Hotel, ein Zimmer oder …“
„Sie warten hier auf ein Hotel oder auf ein Zimmer?“, fragt der Passant scherzhaft. Er scheint nett zu sein und überdies spricht er auch noch Deutsch. Mit meinen Italienischbrocken komme ich wahrscheinlich sowieso nicht weit.
„Hören Sie, würden Sie mir behilflich sein?“
„Es kommt darauf an. Wenn Sie ein Hotel suchen, dann …“
„Ein gutes Hotel, ein Zimmer, eine Pension. Egal was. Ich suche für die ersten Tage etwas, danach brauche ich eine Wohnung.“
Plötzlich wird der Passant ruhig und schaut mich eindringlich an.
„Eine Wohnung, sagen Sie?“
„Ja, ich habe vor, hierzubleiben.“
„Ach so ist das. Ich glaube, eine Wohnung könnte ich Ihnen sogar anbieten. Aber erst einmal brauchen Sie ein Zimmer. Kommen Sie mit, ich bringe Sie in ein Hotel, das gute Appartements hat.“
„Das ist wirklich sehr nett. Übrigens, ich heiße Noah.“
„Sehr erfreut. Ich heiße Alfredo.“
Das läuft ja wie am Schnürchen. Kaum in Venedig angekommen, steht jemand vor mir, der Deutsch spricht, mir ein Appartement zeigt und gleich noch eine Wohnung in petto hat. Wer hätte das gedacht? Nachdem wir ein Appartement für fünf Nächte besorgt haben, möchte mir Alfredo ein paar Sehenswürdigkeiten in Venedig zeigen.
„Das ist sehr nett, Alfredo. Aber falls du etwas anderes vorhast, dann …“
„Ist schon gut, Noah. Immerhin wirst du bald der glückliche Mieter meiner Wohnung sein. So hoffe ich
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