Solange es hell ist
den Truthahn. Die Karkassen der beiden Truthähne wurden abgetragen, und es trat gespannte Stille ein. Dann erschien Graves, der feierlich den Plumpudding hereintrug – einen gigantischen, von Flammen umzüngelten Plumpudding. Woraufhin ein gewaltiges Getöse ausbrach.
»Schnell! Oh, mein Stück geht schon aus. Beeilen Sie sich, Graves! Wenn er nicht mehr brennt, geht mein Wunsch nicht in Erfüllung.«
Niemand hatte Muße, den eigenartigen Ausdruck auf Poirots Gesicht zu beobachten, als dieser die Portion auf seinem Teller inspizierte. Niemand bemerkte den Blick, den er blitzschnell in die Runde warf. Mit leicht gerunzelter Stirn begann er vorsichtig seinen Plumpudding zu essen. Alle begannen ihren Plumpudding zu essen. Die Unterhaltung war gedämpfter. Plötzlich stieß der Hausherr einen Schrei aus. Sein Gesicht lief violett an, und er hielt sich die Hand vor den Mund.
»Zum Henker, Emily!«, brüllte er. »Wie kannst du die Köchin Glas in die Puddings tun lassen?«
»Glas?«, rief Miss Endicott erstaunt aus.
Der Hausherr entfernte den Fremdkörper aus seinem Mund.
»Hätte mir glatt einen Zahn abbrechen können«, schimpfte er. »Oder das Ding verschlucken und Blinddarmentzündung bekommen können.«
Vor jedem am Tisch stand eine kleine Fingerschale mit Wasser für die Münzen und die anderen Überraschungen, die im Dessert versteckt waren. Mr Endicott ließ das Stück Glas in sein Schäfchen fallen, spülte es ab und hielt es hoch.
»Allmächtiger!«, stieß er hervor. »Ein roter Stein aus einer Knallbonbon-Brosche!«
»Sie gestatten?« Rasch und geschickt nahm Poirot ihm den besagten Gegenstand aus der Hand und betrachtete ihn eingehend. Wie der Hausherr gesagt hatte, handelte es sich um einen großen roten Stein, der die Farbe eines Rubins hatte. An seinen Fassetten brach sich funkelnd das Licht, als Poirot ihn hin und her drehte.
»Mann!«, rief Eric. »Vielleicht ist er echt!«
»Sei nicht albern«, sagte Jean vorwurfsvoll. »Ein Rubin von dieser Größe wäre Tausende und Abertausende wert – stimmt’s, Monsieur Poirot?«
»Wirklich erstaunlich, wie echt die Sachen aus den Knallbonbons heutzutage aussehen«, murmelte Miss Endicott. »Aber wie ist er in den Pudding gekommen?«
Das war zweifellos die große Frage. Jede Hypothese wurde erschöpfend behandelt. Lediglich Poirot äußerte sich nicht, sondern ließ nur achtlos, wie in Gedanken woanders, den Stein in seine Rocktasche gleiten.
Nach dem Essen stattete er der Küche einen Besuch ab.
Die Köchin war ziemlich aufgeregt. Von einem der Hausgäste befragt zu werden, noch dazu von einem ausländischen Gentleman! Aber sie bemühte sich redlich, seine Fragen zu beantworten. Die Puddings waren vor drei Tagen zubereitet worden. »An dem Tag, an dem Sie angekommen sind, Sir.« Alle hatten sich kurz bei ihr in der Küche eingefunden, um zu rühren und sich dabei etwas zu wünschen. Ein alter Brauch – den man im Ausland wohl nicht kannte? Anschließend wurden die Puddings gekocht und dann in der Speisekammer nebeneinander auf das oberste Regal gestellt. Ob sich dieser Pudding in irgendeiner Weise von den anderen unterschied? Nein, das glaube sie nicht. Außer dass er in einer Puddingform aus Aluminium gewesen sei, die anderen dagegen in Porzellanformen. Ob dieser Pudding von Anfang an für den Weihnachtstag bestimmt gewesen sei? Merkwürdig, dass der Herr danach frage. Das sei er nämlich nicht gewesen! Der Weihnachtspudding werde immer in einer großen weißen Porzellanform mit einem Muster aus Stechpalmblättern gekocht. Aber heute Morgen – das rote Gesicht der Köchin wurde grimmig – habe Gladys, das Küchenmädchen, die ihn zum Erhitzen habe holen sollen, es doch tatsächlich fertiggebracht, ihn fallen zu lassen. »Und weil Scherben hätten drin sein können, habe ich ihn natürlich nicht auftragen lassen, sondern habe statt dessen den aus der großen Aluminiumform genommen.«
Poirot dankte ihr für diese Auskünfte. Er verließ die Küche mit einem leisen Lächeln auf den Lippen, als wäre er mit den Informationen, die er erhalten hatte, zufrieden. Und die Finger seiner rechten Hand spielten mit etwas in seiner Tasche.
»Monsieur Poirot! Monsieur Poirot! Wachen Sie auf! Es ist etwas Schreckliches passiert!«
So rief Johnnie in den frühen Stunden des darauffolgenden Morgens. Poirot setzte sich im Bett auf. Er trug eine Nachtmütze. Der Gegensatz zwischen seiner würdevollen Miene und dem kessen Winkel der auf seinem Kopf
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