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Solange es hell ist

Solange es hell ist

Titel: Solange es hell ist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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Das Fenster dort war unbestreitbar aufgebrochen worden, aber es schien tatsächlich nichts gestohlen worden zu sein. Das Ganze war höchst sonderbar.
    »Ich verstehe nicht, wonach sie gesucht haben könnten«, sagte Fenella.
    »Es ist ja nicht so, als ob hier irgendwelche ›Schatztruhen‹ versteckt wären«, witzelte ich. Plötzlich schoss mir ein Gedanke durch den Kopf. Ich wandte mich an Mrs Skillicorn. »Die Hinweise – wo sind die Hinweise, die Sie uns heute Morgen geben sollten?«
    »Ach so, die. Die sind da drüben in der obersten Schublade.« Sie ging hin. »Ich fass es nicht! Sie sind nicht mehr da! Sie sind weg!«
    »Also keine Einbrecher«, sagte ich, »sondern unsere geschätzten Verwandten!« Und ich erinnerte mich an Onkel Myles’ Warnung vor skrupellosen Machenschaften. Er hatte offenbar genau gewusst, wovon er sprach. So eine Gemeinheit!
    »Still!«, sagte Fenella plötzlich mit erhobenem Zeigefinger. »Was war das?«
    Das Geräusch, das sie gehört hatte, drang deutlich an unsere Ohren. Es war ein Stöhnen, und es kam von draußen. Wir gingen zum Fenster und beugten uns hinaus. Auf dieser Seite waren Sträucher am Haus entlang gepflanzt, sodass wir nichts sehen konnten; aber das Stöhnen kam erneut, und wir konnten erkennen, dass sich jemand in den Büschen zu schaffen gemacht hatte.
    Wir eilten hinunter und um das Haus herum. Das Erste, was wir fanden, war eine umgestürzte Leiter, die zeigte, wie die Diebe an das Fenster gelangt waren. Einige Schritte weiter stießen wir auf die Stelle, wo der Mann lag.
    Der Mann war ziemlich jung, dunkelhaarig und offensichtlich schwer verletzt, denn sein Kopf lag in einer Blutlache. Ich kniete neben ihm nieder.
    »Wir müssen sofort einen Arzt holen. Ich fürchte, er wird es nicht überleben.«
    Der Gärtner wurde eilends losgeschickt. Ich schob meine Hand in die Brusttasche des Mannes und holte seine Brieftasche heraus. Sie trug die Initialen E. C.
    »Ewan Corjeag«, sagte Fenella.
    Der Mann schlug die Augen auf. Er sagte mit schwacher Stimme: »Von der Leiter gefallen…« Dann verlor er wieder das Bewusstsein.
    Dicht neben seinem Kopf lag ein großer scharfkantiger Stein, an dem Blut klebte.
    »Der Fall ist klar«, sagte ich. »Die Leiter ist weggerutscht, und er ist heruntergestürzt und mit dem Kopf auf diesen Stein gefallen.«
    »Glaubst du wirklich, dass es sich so abgespielt hat?«, fragte Fenella in einem merkwürdigen Ton.
    Doch in dem Moment traf der Arzt ein. Er hatte nur wenig Hoffnung, dass der Mann wieder gesund werden würde. Ewan Corjeag wurde ins Haus gebracht, und es wurde nach einer Krankenschwester geschickt, die sich um ihn kümmern sollte. Aber es war nichts mehr zu machen, und er sollte wenige Stunden später sterben.
    Man hatte uns rufen lassen, und wir standen an seinem Bett. Seine Augen waren offen und flackerten.
    »Wir sind Verwandte von Ihnen, Juan und Fenella«, sagte ich. »Können wir irgendetwas für Sie tun?«
    Er bewegte kaum merkbar verneinend den Kopf. Seine Lippen flüsterten etwas. Ich beugte mich über ihn.
    »Wollen Sie den Hinweis? Mit mir ist es aus. Nehmen Sie sich vor Fayll in Acht.«
    »Ja«, sagte Fenella. »Sagen Sie es uns.«
    Über sein Gesicht huschte eine Art Grinsen. »D’ye ken – « begann er.
    Dann fiel sein Kopf plötzlich zur Seite, und er starb.
     
    »Die Sache gefällt mir nicht«, sagte Fenella unvermittelt. »Wie meinst du das?«
    »Hör mal, Juan. Ewan hat die Hinweise gestohlen – er gibt zu, dass er von der Leiter gefallen ist. Aber wo sind sie? Wir haben den gesamten Inhalt seiner Taschen durchgesehen. Mrs Skillicorn sagt, es waren drei versiegelte Umschläge. Und diese versiegelten Umschläge sind nicht mehr da.«
    »Was willst du damit sagen?«
    »Ich glaube, dass da noch jemand war, jemand, der die Leiter wegstieß, damit er herunterfiel. Und dieser Stein – auf den ist er nie und nimmer gefallen. Der wurde von ganz woanders geholt, ich habe die Stelle gefunden. Und damit wurde ihm vorsätzlich der Schädel eingeschlagen.«
    »Aber Fenella – das wäre ja Mord!«
    »Ja«, sagte Fenella, ganz weiß im Gesicht. »Es war Mord. Vergiss nicht, dass Dr. Fayll heute Morgen um zehn nicht erschienen ist. Wo steckt er?«
    »Du glaubst, dass er der Mörder ist?«
    »Ja. Weißt du, dieser Schatz – es geht schließlich um eine Menge Geld, Juan.«
    »Und wir haben keine Ahnung, wo wir suchen sollen«, sagte ich. »Wirklich zu schade, dass Corjeag nicht mehr sagen konnte, was er uns mitteilen

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