Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Solarstation

Titel: Solarstation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
Vom Netzwerk:
möglich ist, große Kraftwerke im Weltraum zu bauen, viel größere als dieses, und daß es möglich ist, die Energie zur Erde zu übertragen. Wir könnten noch mehr Solarstationen bauen; wir könnten die stärkste und unerschöpflichste Energiequelle des ganzen Sonnensystems anzapfen und alle Energieprobleme ein für allemal beseitigen; wir könnten den Weg freimachen in eine grenzenlose Zukunft – und da kommen diese… diese…« Die Stimme versagte ihm, und er brach kopfschüttelnd ab, Tränen in den Augen.
    Wir schwiegen betreten. Tanaka hatte angefangen, auf seiner Unterlippe herumzukauen, und nun blinzelte er nervös, ohne sich dessen bewußt zu werden. Ich sah blicklos vor mich hin und versuchte, das starke Gefühl zu identifizieren, das bei Moriyamas Worten in mir aufgewallt war, bis ich begriff, daß es einfach Zuneigung war, Zuneigung zu diesem gramgebeugten, grauhaarigen Mann, der mir so fremd war und doch eine verwandte Seele. Wir hatten immer nur über die Details des Alltags gesprochen, über Reinigungspläne, Küchenzettel, notwendige Reparaturen und Verladelisten, nie über derartige grundlegende Themen. Die Kraft, mit der er das tat, überraschte und berührte mich.
    Rumpelnde Geräusche vom Schott her rissen uns aus unseren Gedanken. Jemand machte sich daran zu schaffen, Schaben und Kratzen war zu hören und ein pfeifendes Geräusch wie von Luft, die unter hohem Druck aus einer engen Öffnung strömt, dann fuhr das Schott langsam auf.
    Ralf schwebte draußen, den Revolver auf einen nervös zappelnden Jayakar gerichtet.
    Ohne auf einen entsprechenden Befehl des Gangsters zu warten, hangelte sich der Kybernetiker zu uns herein, und das Schott schloß sich ebenso zäh wieder, wie es sich geöffnet hatte. Offenbar bekam die Blockade dem Öffnungsmechanismus nicht.
    Jay würdigte uns kaum eines Blickes. »Bitte entschuldigen Sie mich…«, murmelte er, griff nach der nächsten Haltestange und hangelte sich zwischen uns hindurch, um eilig in der Toilette zu verschwinden.
    Als er wieder zum Vorschein kam, wirkte er wesentlich gelöster. Er sah uns der Reihe nach an. »Ich hoffe, Sie können mir ein paar Fragen beantworten. Zum Beispiel, wo diese Typen da draußen herkommen. Was habe ich verpaßt? Den ersten Kontakt mit außerirdischen Monstern?«
    Moriyama erklärte ihm kurz, was sich ereignet hatte, und wollte wegen Jayakars voreiliger Verhaftung zu einer wortreichen Entschuldigung ansetzen – und dank der zahllosen Varianten der Zerknirschung, die die japanischen Umgangsformen kennen, können Entschuldigungen von Japanern wirklich sehr wortreich ausfallen –, aber der winkte nur ab. »Ist schon in Ordnung«, meinte er kurz angebunden und fügte grollend hinzu: »Sakai also, dieser hinterhältige Hund. Als es darum ging, mich in den Käfig zu sperren, da mimte er noch die Rechtschaffenheit in Person.«
    Dann klatschte er aufmunternd in die Hände. »Tja, sieht so aus, als müßten wir uns etwas einfallen lassen, um diesen Burschen das Handwerk zu legen. Funktionieren die Computeranschlüsse in den Kabinen noch?«
    »Mimasen deshu’ta«, sagte Moriyama, »aber nicht einmal die Bordsprechverbindung funktioniert mehr.«
    »Das ist ein anderer Leitungskreis«, versetzte Jay unternehmungslustig, »das hat nichts zu sagen. Schauen wir einfach nach…«
    Er glitt nach hinten, und wir folgten ihm neugierig. Sein ungedämpfter Optimismus wirkte jedenfalls ansteckend. Als wir an der Tür zu seiner Kabine ankamen, hatte er das Terminal schon eingeschaltet, und der Bildschirm zeigte das normale Einstiegsbild, als wäre nichts geschehen – eine Skizze der Raumstation und daneben die Inschrift »Lokales Computer-Netzwerk NIPPON, Rev. 7.104 – bitte geben Sie Ihr Paßwort ein«.
    Jay stieß ein kurzes, triumphierendes Gelächter aus.
    »Sie haben es übersehen!« rief er. »An das wichtigste System der ganzen Raumstation haben sie nicht gedacht!« Er begann, sein Zugangspaßwort einzutippen, ohne sich, wie er es sonst getan hätte, dagegen zu verwahren, daß wir ihm dabei auf die Finger sahen. »Da wird der Spuk schnell vorbei sein. Jetzt mache ich sie fertig…«
    Für einen Moment keimte jäh Hoffnung in mir auf, und ich hielt den Atem an. Dann sagte ich mir, daß, falls Khalid die Computerterminals tatsächlich übersehen haben sollte, ich aufhören mußte, mir einzubilden, ich verstünde etwas von Menschen oder sei gar imstande, sie auch nur annähernd richtig einzuschätzen.
    Jay hieb, noch frohlockend, auf

Weitere Kostenlose Bücher