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Solarstation

Titel: Solarstation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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einsperren? Das geht doch überhaupt nicht.« Tanaka näherte sich dem Schott, bis der Sensor oberhalb der wulstigen Türöffnung mit einem kaum vernehmbaren Klicken seine Annäherung registrierte. Nichts geschah. Der stellvertretende Kommandant hieb zornig mit der flachen Hand gegen die unbotmäßigen Schotthälften, was wie ein dumpfer Gongschlag durch das ganze Wohnmodul dröhnte.
    »Lassen Sie das, Tanaka«, meinte Moriyama müde. Er hatte sich zu den Trainingsgeräten zurückgezogen und sich auf den Sitz der Butterfly-Maschine geschnallt. »Es hat keinen Sinn.«
    »Ich verstehe das nicht«, stieß Tanaka hervor. »Wie machen die das? Daß das Schott nicht mehr aufgeht?«
    »Es gibt unterhalb jedes Schotts eine Wartungsklappe, die man mit einem Schraubenzieher öffnen kann«, erklärte ich dumpf. »Sie gewährt Zugang zu allen Versorgungsleitungen in das Modul. Unter anderem kann man auch das Schott blockieren.«
    Tanaka sah mich an, als wüßte er nicht so recht, was er von mir halten und ob er mir glauben solle. »Wieso weiß ich nichts davon?«
    »Das hat nur mit dem Zusammenbau der Station zu tun. Sobald ein Stationsmodul angeflanscht ist und die Versorgung funktioniert, schraubt man die Klappe zu und nie wieder auf.« Ich zuckte die Schultern. »Die wenigsten Leute wissen davon.«
    »Und diese Wartungsklappen sind draußen im Knotentunnel?«
    »Ja.«
    »Und hier drinnen?«
    Ich schüttelte den Kopf. Tanaka zog zischelnd die Luft zwischen den Zähnen ein und stieß sie wieder aus, während er unschlüssig zuerst das graumelierte Metall anstarrte, dann mich und dann den Kommandanten. Jetzt hörten wir nichts mehr von draußen. Wir hörten nur noch unseren Atem, das Rascheln unserer Kleidung und das Knarren des Sitzes, an dem sich Moriyama festgebunden hatte. Ich versuchte mir vorzustellen, was die Piraten in diesem Moment taten.
    Sicher hatten sie ihren eigenen Sender inzwischen installiert, und Khalid übermittelte vielleicht gerade sein bestimmt höchst geistreich formuliertes Ultimatum an das Raumfahrtzentrum in Tanegashima.
    »Sie haben sich gut vorbereitet«, stellte Moriyama bitter fest. »Sie kennen die Raumstation besser als wir selber.«
    Tanaka starrte das Schott an, als verdächtige er es, sich aus purer Bosheit nicht mehr zu öffnen. Dann, in einem abrupten Ausbruch verzweifelter Wut, wie ich sie bei dem schmächtigen, ehrgeizigen Mann noch nie zuvor erlebt hatte, verkrampfte er sich und stieß einen gepreßten, gurgelnden Laut aus, als wolle er schreien, könne es aber nicht. Gleich darauf zerbrach die Spannung in seinem Körper wieder, und er sackte elend in sich zusammen.
    »Was tun wir denn jetzt?« flüsterte er mit bebender Stimme.
    »Vor allem verlieren wir jetzt nicht die Fassung«, ließ sich Moriyama vernehmen, und der Tadel in seiner Stimme war nicht zu überhören. »Und ansonsten tun wir vorerst überhaupt nichts. Das sind bewaffnete Verbrecher, und wir sind unbewaffnete Wissenschaftler. Es gehört nicht zu unseren Aufgaben, gegen solche Elemente vorzugehen.«
    »Sakai«, murmelte Tanaka, als habe er den Kommandanten überhaupt nicht gehört. »Er kam mir schon immer verdächtig vor. Keine Freunde, keine Frau… Bestimmt gehört er zur Yakuza. Ein Mörder.« Er warf mir einen unsicheren Blick zu. »Ich hätte auf Sie hören sollen, gestern, als Sie die Abdeckplatte abschrauben wollten.«
    Ich musterte ihn nachdenklich. Ich hatte eigentlich nichts gegen ihn; niemals gehabt. Unsere ganzen Spannungen hatten daher gerührt, daß er mich nicht leiden konnte, und ich hatte nie etwas dagegen tun können. »Ich weiß nicht, ob das etwas geändert hätte«, bekannte ich. »Vielleicht hätte es sogar noch mehr Tote gegeben. Ich entsinne mich, daß Sakai ziemlich nervös war; sicher hatte er nicht damit gerechnet, daß das abschmelzende Plastikthermit außerhalb des Schranks zu riechen sein würde. Aber ich glaube, er hätte nicht gezögert, uns alle zu erschießen, um den Überfall heute morgen zu ermöglichen.«
    Tanakas Augenbrauen zuckten überrascht nach oben. »Glauben Sie?«
    Ich nickte. Ich hielt es nicht für angebracht, ihm von den anderen Gedanken zu erzählen, die mir durch den Kopf schossen. Es hätte auch anders kommen können. Vielleicht wäre Sakai nicht zum Zuge gekommen. Wenn wir die zerstörten Reservesender entdeckt hätten, hätte Iwabuchi sie sicher umgehend repariert. Und würde noch leben. Wir hätten den Vorfall an die Bodenstation gemeldet, und vielleicht hätten wir

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