Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Solarstation

Titel: Solarstation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
Vom Netzwerk:
die Eingabetaste. Dann erlebte er, was ihm als Computerfreak vorkommen mußte wie die Amputation eines Armes oder eines Beines: auf dem Bildschirm erschien ein rotes Rechteck und darin die Meldung »Ungültiges Terminal – kein Zugriff«.
    Man konnte förmlich dabei zusehen, wie der Kybernetiker in sich zusammensank. Das siegessichere Grinsen auf seinem Gesicht gefror zu einer Grimasse, und seine Finger zuckten noch ein paarmal ungläubig zur Tastatur hin, ehe er sie geschlagen in den Schoß sinken lassen mußte.
    »Tja«, machte er kraftlos.
    »Kann man das nicht irgendwie umgehen?« fragte Tanaka überflüssigerweise.
    Jay schüttelte nur den Kopf. »Ein ungültiges Paßwort, da gäbe es Möglichkeiten. Fehlende Rechte, das wäre einfach. Aber er hat uns einfach ausgesteckt, so ist das. Da helfen keine Computertricks.« Er schaltete das Terminal mit einer so heftigen Bewegung ab, als könne er den Anblick des Bildschirms nicht länger ertragen.
    Eine Weile verharrten wir in ratloser Apathie im Gang vor Jayakars Kabine. Moriyama atmete geräuschvoll aus; er wirkte grau und krank.
    »Eine Sache ist da noch, die mir zu denken gibt«, meinte Jay plötzlich, während er gedankenverloren auf den dunklen Bildschirm starrte. »Es war dieser gruselig aussehende Typ, der mich aus dem Käfig geholt hat – wie heißt er noch gleich? Ralf, ja. Er brachte mich vor das Schott und rief dann über sein Funkgerät nach Sakai, der es öffnen sollte. Statt dessen kam aber der blonde Muskelberg, der Schwede. Und während das Schott zur Brücke offenstand, hörte ich, wie Sakai mit Hawaii sprach.«
    »Mit Hawaii?!« Ich horchte auf.
    »Ja. Er erzählte von technischen Problemen und daß die Versuche zur Energieübertragung bis auf weiteres ausfallen müßten. Und er sagte, daß der Kommandant gerade nicht zu sprechen sei, er es aber ausrichten werde.«
    Moriyama runzelte die Stirn. »Es ausrichten? Was?«
    »Das habe ich nicht verstanden«, meinte Jay mit einer wegwerfenden Handbewegung. »Aber ist das nicht bemerkenswert? Ich meine, nach dem, was Ihnen dieser Piratenhäuptling erzählt hat, hätte man doch annehmen sollen, daß er nichts Eiligeres zu tun haben wird, als seine Forderungen in alle Welt hinauszuposaunen, nicht wahr? Statt dessen versucht er offensichtlich den Eindruck zu erwecken, alles sei normal hier oben.« Jayakar sah uns der Reihe nach an. »Ich frage mich, warum.«

KAPITEL 19
    Tanaka fing wieder an, seine geschundene Unterlippe zu bearbeiten.
    »Wieso? Denken Sie, das ist wichtig?«
    »Darauf können Sie einen lassen, daß das wichtig ist«, erklärte Jayakar. »Das heißt nämlich, die Startverzögerung des Shuttles hat Khalid einen Strich durch die Rechnung gemacht. Und es heißt, daß er Sie angelogen hat.«
    »Angelogen?« echote Tanaka. Er verstand nichts. Er regte mich auf.
    »Khalid wartet auf den Spaceshuttle«, erklärte ich mit mühsam gebändigtem Ärger. »Er hatte seinen Überfall so arrangiert, daß er kurz vor dem Shuttle hier eingetroffen wäre, wenn alles nach Plan gelaufen wäre. Er wollte die Station besetzen und kurz danach die Besatzung des ankommenden Shuttles überwältigen. Aber es ging nicht nach Plan, und jetzt muß er sich anstrengen, unten keinen Argwohn zu erregen, bis ihm der Shuttle in die Falle gegangen ist.«
    »Aber wozu braucht er den Shuttle?« wunderte sich Tanaka.
    »Um wieder zur Erde zurückkehren zu können!« rief ich. »Haben Sie einmal einen Blick auf das abenteuerliche Gefährt geworfen, mit dem er hier angekommen ist? Das ist doch nicht mehr als ein einigermaßen druckdichter Behälter mit Steuertriebwerken. Kaum ausreichend, um damit in die Umlaufbahn zu kommen – aber völlig ungeeignet, um damit zur Erde zurückzukehren: keine aerodynamische Form, kein Hitzeschild, kein Bremstriebwerk, keine Fallschirme. Selbst wenn er es fertigbrächte, sich damit auf den Rückweg zu begeben, würde er sang- und klanglos verglühen. Nein, Khalid braucht den Shuttle, sonst sitzt er hier fest.«
    Tanaka sah mich an, dann Jayakar, dann wieder mich. Hinter seiner Stirn arbeitete es. Immerhin war er Raumfahrer genug, um meine Argumente sofort zu kapieren. »Er wollte doch, daß der Shuttle Gold mitbringt«, überlegte er laut. »Wäre es da nicht angebracht gewesen, das Ultimatum so früh wie möglich zu stellen – ehe der Shuttle startet?«
    »Das war die Lüge«, meinte ich.
    »Welche Lüge?«
    »Ich weiß nicht, warum er uns diese Geschichte erzählt hat«, sagte ich. »Aber in

Weitere Kostenlose Bücher