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Solarstation

Titel: Solarstation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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ihnen durch die Station geisterte: inzwischen saßen sie alle einträchtig an den Schaltpulten der Brücke und fieberten dem Moment entgegen, in dem die Heilige Stadt in die Reichweite des Energiesenders kam.
    Anstatt mich hier in albernen Phantasien zu verlieren, tat ich gut daran, mich zu beeilen, ihnen einen dicken Strich durch die Rechnung zu machen.
    Ich ließ das Schott hinter mir, das sich mit einem asthmatischen Schmatzen wieder schloß, und machte mich an den Abstieg ins Maschinendeck. Das war jetzt nichts, wo man eben mal schnell hinhuschen konnte; da das Maschinendeck bereits auf der ›dunklen Seite‹ des Solarspiegels lag, war dieser logischerweise an dem entsprechenden Zwischenstück des Knotentunnels befestigt, das wiederum massiv verstärkt war – wesentlich massiver, als eigentlich notwendig gewesen wäre; die Solarstation wäre auch mit einem noch wesentlich größeren Solarspiegel zurechtgekommen. Dadurch bildete sich in der Mitte des Knotentunnels eine Art verengte Röhre, die es unbeschadet zu passieren galt.
    Ich stieß mich von einem Haltegriff ab, ohne meinen klobigen Raumanzug nun so elegant, wie es die Übung eines jahrelangen Aufenthalts in der Schwerelosigkeit möglich machte, und war gerade auf halbem Weg durch den Tunnel, als ich ein anderes Schott sich öffnen hörte. Und jetzt, als ich nicht selber Urheber dieses Geräuschs war, kam es mir noch viel lauter und alarmierender vor als bisher. Ich reckte mich in einer panischen Bewegung nach dem nächsten Haltegriff, packte ihn und turnte an ihm hastig in die lächerliche Deckung der unteren Tunnelmündung.
    Keinen Augenblick zu früh. Ich hörte Stimmen. Jemand kam, kam heraus in den Knotentunnel. Ich wagte nicht nachzusehen und bemühte mich, so flach wie möglich zu atmen und kein Geräusch zu machen. Und die Deckung, die der wulstige Rand des verstärkten Mittelteils gegen Sicht von oben bot, war so lächerlich gering, daß ich mich mit aller Macht gegen die Wand preßte, als hoffe ich, sie nach außen beulen zu können mit bloßer Körperkraft.
    Es war Ralf. Ralf, das Monstrum. Ralf, das Tier.
    »Da ist was«, hörte ich ihn knurren, als spräche er mit sich selbst. »Ich hab’s genau gehört. Da unten irgendwo…«
    Ich verschmolz mit der Wand. Ich wurde eins mit ihr. Ich begann zu verstehen, wie sich ein Stück Preßaluminium fühlen mußte.
    Jemand anders sagte etwas, das ich nicht verstand. Es klang wie eine abfällige Kritik an Ralfs Beobachtungsgabe. Zumindest redete ich mir das ein. Aber dann fuhr das Schott schnaubend wieder zu, und ich hörte Ralf schwerfällig durch den Knotentunnel rumpeln. Dabei brummelte er unaufhörlich vor sich hin, ab und zu wie irre in sich hineinkichernd, und ich wurde den Eindruck nicht los, daß er sich in meine Richtung bewegte.
    Ich preßte mich noch flacher an die Wand und hörte vollends auf zu atmen.
    Aber Ralf kam tatsächlich immer näher; das war auf die Dauer keine Lösung.
    Mir mußte etwas einfallen. Ich hatte gehofft, Ralf würde, was immer er aus den Augenwinkeln noch gesehen haben mochte, für eine Einbildung halten, für eine Halluzination seines durch die Schwerelosigkeit in Mitleidenschaft gezogenen Körpers, und es ignorieren. Ich hatte solche Sinnestäuschungen selber erlebt, und ich entsann mich, daß Ralf, als er mich abholte, um mich auf die Brücke zu bringen, sich ebenfalls eingebildet hatte, Bewegungen im unteren Teil des Knotentunnels zu sehen. Aber ausgerechnet diesmal schien er entschlossen zu sein, der Sache auf den Grund zu gehen.
    Da geschah, was nicht hätte geschehen dürfen. Mein rechter Fuß geriet in dem Bemühen, mich auf der Wand unterhalb der Tunnelmündung zu verteilen, in das Erfassungsfeld des Sensors des Schotts direkt unter mir, und mit einem lauten, dreisten, rücksichtslosen Zischen, das in meinen Ohren dröhnte wie der Einsturz des Assuan-Staudamms, fuhr das Schott unter mir auf und gähnte unbekümmert in den Knotentunnel.
    »Ah!« hörte ich Ralf frohlocken. »Da ist tatsächlich was!«

KAPITEL 30
    Uralte, vor unausdenkbaren Zeiten eingeübte und eingeschliffene Reflexe ließen mich handeln, ohne daß es des Nachdenkens bedurft hätte. Ich glitt behende aus meinem unbrauchbar gewordenen Versteck, schnellte mich durch das offenstehende Schott in den Raum dahinter und fing meine Bewegung an dem nächsten greifbaren Halt ab, während das Schott in seiner diensteifrigen Stumpfsinnigkeit wieder hinter mir zufuhr. Dann erst kamen die Gedanken. Dann

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