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Solarstation

Titel: Solarstation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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dunkel bis auf die Notbeleuchtung. Niemand wartete auf mich. Ein paar Instrumente glänzten in dem Licht, das aus der Schleuse fiel, aber die meisten Geräte waren in milchigweiße Plastikschutzhüllen verpackt. Niemand bedrohte mich. Die Tische waren leer und aufgeräumt, die Schalttafeln dunkel, und das Schott zum Knotentunnel war geschlossen. Niemand schoß auf mich. Ich war wieder an Bord, und keiner hatte es bemerkt.

KAPITEL 29
    Als sich die Innentüre der Schleuse hinter mir wieder geschlossen hatte, öffnete ich die Verschlüsse an meinem Halsring, nahm den Raumhelm ab und schaltete mein Lebenserhaltungssystem ab. Ich lauschte. Es war nichts zu hören, was darauf hätte schließen lassen, daß jemand auf mich aufmerksam geworden wäre. Ich hörte das Übliche: das einlullende Zischen der Klimaanlage, das Brummen ferner Aggregate, das sich über die Tragekonstruktion der Raumstation übertrug und nur als unterschwelliger Baßton wahrnehmbar war – aber keine aufgeregten Schreie, kein Klirren von Waffen, keine Geräusche, wie sie jemand hervorgerufen hätte, der sich hastig durch den Knotentunnel bewegte. Es schien ganz so, als sei ich tatsächlich unentdeckt eingedrungen.
    Natürlich konnten Khalid und seine Spießgesellen von der Zentrale aus jeden Winkel der Station überwachen, und wenn sie die entsprechenden Funktionen des Computersystems aktiviert hatten, dann verfolgten sie jetzt jede meiner Bewegungen gemütlich auf unzähligen Monitoren und lasen nebenbei noch meinen Herzschlag ab, falls ihnen danach war. Dann hatte ich keine Chance.
    Meine einzige Chance war, daß sie jetzt, etwa eineinhalb Stunden vor dem ersten Sichtkontakt mit Mekka, andere Dinge zu tun hatten, als mit der Computeranlage zu spielen.
    Ich wollte den klobigen Helm gerade in einem leeren Gitterfach an der Wand deponieren, als mir eine Idee kam, die mich innehalten ließ. Vielleicht gab es eine ganz einfache, ganz schnelle Möglichkeit, den Spuk zu beenden. Wenn Khalid einen weiteren Fehler gemacht hatte. Sein erster Fehler hatte mich zurück in die Station gebracht. Und ein zweiter Fehler würde sein Ende bedeuten. Ich schloß die Gittertür des Wandfachs wieder und befestigte den Raumhelm mit dem dafür vorgesehenen Plastikbändchen an meinem Gürtel. Dann glitt ich zum Schott. Ich zuckte zusammen, als es zischend vor mir auffuhr, so laut und durchdringend kam mir das Geräusch vor. Atemlos lauschte ich, aber niemand reagierte. Vielleicht war das Geräusch doch nicht so laut. Vorsichtig streckte ich den Kopf durch die Öffnung und sah in den Tunnelschacht. Niemand war zu sehen. Der Knotentunnel lag leer und verlassen.
    Ich griff nach dem ersten Haltegriff und hangelte mich eilig hinüber zum nächsten Schott, hinter dem ich das biologische Labor wußte. Es fuhr genauso laut und genauso bereitwillig vor mir auf, ich hangelte mich hindurch in die Dunkelheit dahinter und atmete erst wieder auf, als es sich hinter mir geschlossen hatte und auch daraufhin draußen im Knotentunnel keine Laute erklangen, die in irgendeiner Weise alarmierend gewesen wären.
    Als meine Herzfrequenz wieder auf medizinisch unbedenkliche Werte gesunken war, beschloß ich, Licht zu machen. Ich tastete gerade nach dem Lichtschalter, als plötzlich ein stumpfer Gegenstand sanft auf meinen Nacken gesetzt wurde. Ein kalter, stumpfer Gegenstand. Ein Gegenstand, der sich anfühlte wie ein Revolverlauf.
    Ich erstarrte augenblicklich zu Eis. Mein Herz setzte aus. Ich hörte auf zu atmen, zu denken, zu fühlen. So also war es, wenn man starb.
    Die Sekunden vergingen – zumindest machten sie diesen Eindruck auf mich –, und ich lebte immer noch. Der stumpfe, kalte Gegenstand in meinem Nacken wanderte langsam hin und her, als suche er nach der richtigen Stelle, um zu tun, was immer er mit mir zu tun vorhatte.
    »Hören Sie, vielleicht können wir darüber reden…«, flüsterte ich mit einer Stimme, die ich nicht als die meine erkannte. Ich wußte nicht so recht, was ich da eigentlich sagte. Ich redete, nur um etwas zu sagen, um Zeit zu gewinnen, und ich brachte nur diese eigentümlich krächzenden Flüsterlaute zustande.
    Keine Antwort. Der stumpfe Gegenstand wanderte an meiner Schädelbasis hoch.
    »Bitte… Ich bin nicht bewaffnet. Sie haben wirklich keinen Grund zu vorschnellen Reaktionen…«
    Wer immer da hinter mir war, er war entweder ein geduldiger Schweiger oder taubstumm. Der stumpfe Gegenstand wanderte langsam weiter, und er schien jetzt mein Ohr anzupeilen.

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