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Solheim 01 | EUROPA: Der Beginn einer Dystopie (German Edition)

Solheim 01 | EUROPA: Der Beginn einer Dystopie (German Edition)

Titel: Solheim 01 | EUROPA: Der Beginn einer Dystopie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jón Faras
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war müde und diese ganze Sache mit den Korridoren überforderte sie. Ihr Gehirn war auf rationale Erklärungen und Logik ausgelegt. Und das hier hatte beides nicht viel damit zu tun.
    Isaak hatte sich unterdessen an den Paravent angeschlichen. Ninive warf ihm einen Blick zu, dann ging sie zum anderen Ende des Raumteilers und spähte auf die Szene dahinter. Sie hatte sich auf einiges gefasst gemacht, da sie mittlerweile auch ganz eindeutig Geräusche hörte, die von mehr als zwei Menschen stammen mussten, doch was sie sah, überstieg ihre Erwartungen. Zwei männliche Partygäste lagen auf dem Boden und trugen nur noch ihre Masken. Schwarze Kleiderfetzen waren um sie herum verteilt. Ninive sah die fast schneeweiße Haut ihrer schmalen, langgliedrigen Körper, die ein einziger Muskelstrang zu sein schienen. Langgliedrig war auch in noch einer anderen Hinsicht die absolut richtige Bezeichnung, dachte sie. Über die Männerkörper gebeugt waren fünf Frauen, die eindeutig den aktiven Part innehatten. Sie hatten ihre Kleider bis zur Taille hochgeschoben, eine von ihnen war völlig nackt. Doch sie alle trugen noch immer ihre Schleier. Die unbekleidete Frau hatte sich der Länge nach auf einen der Männerkörper gestürzt. Ninive sah ihre Hände, die in langen Krallen endeten. Tiefe, schwarzblutende Wunden klafften in Brust und Hals des Körpers unter ihr.
    Ninive wandte sich ab. Angesichts der Wildheit der Frauen – sie war sich nicht sicher, ob die Männer überhaupt noch am Leben waren – und der Krallen hielt sie den direkten Rückzug jetzt für die eindeutig bessere Lösung. Diese Wesen erinnerten sie nun an eine menschenähnlichere Form der Ossfhang, und auf eine Begegnung mit Kreaturen dieser Art verzichtete sie gerne. Sie wollte zu Isaak zurück und ihm ein Zeichen geben, doch in diesem Moment sah sie, wie er sich geduckt hinter dem Paravent hervor schlich und sich auf die kleine Kommode in der hinteren Ecke zubewegte, in der sie ihre Sachen verstaut hatten. Mit pochendem Herzen sah sie, wie er eine Schublade öffnete und ins Innere griff. In dem Moment sah die nackte Kreatur auf und entdeckte ihn.
    Ninive schrie vor Schreck auf, eine Reaktion, die sie sofort ärgerte. Doch sie sorgte damit auch für eine kurze Ablenkung, als die Kreaturen – inklusive der beiden Männer – verwirrt in ihre Richtung sahen. Sie nutzte den Moment, griff nach dem Saum ihres engen Kleids und riss es der Länge nach bis zur Hüfte auf, um Bewegungsfreiheit zu bekommen.
    „Lauf!“, brüllte sie Isaak zu und sprang auf. Sie rannte zur Holztür und riss sie auf. Isaak war in diesem Moment bereits hinter ihr. Im marmornen Gang dahinter flammten die Kronleuchter auf und Ninive rannte auf das andere Ende zu, dass ihr jetzt viel weiter entfernt schien als bei ihrer Ankunft. Sie hörte Isaak hinter sich, allerdings auch die näherkommenden Schritte nackter Füße. Sie riskierte einen Blick zurück. Nur wenige Meter hinter ihnen stürmten die Wesen heran. Bleiche Körper, deren Muskeln unter der marmornen Haut arbeiteten. Sie sah den Mann mit den tiefen Wunden. Schwarzes Blut spritzte aus seinem Oberkörper auf die Kreaturen neben ihm. Die nackte Frau mit den Krallen lief ganz vorne, dahinter sah sie die Zipfel fliegender schwarzer Kleider.
    „Weiter! Nicht stehen bleiben!“, schrie Isaak sie an. Ninive sah ihn verwundert an. Wann war sie stehen geblieben? Wann hatten die Kreaturen ihre Masken und Schleier abgenommen? Ihre Gesichter sahen so seltsam aus. Anstatt ihrer Augen hatten sie silberne Blenden, in denen kleine Glaskörper steckten, wie bei alten Fotoapparaten. Die Nasen wirkten zu klein und deformiert für ihre Gesichter, und dennoch ... der Anblick war faszinierend und abstoßend zugleich. Ein Blitz zuckte und durchleuchtete sie bis ins Mark ihrer Knochen. Der Mann, dessen Gesicht den Blitz ausgelöst hatte, brach wie in Zeitlupe zusammen. Seine Haut dampfte, doch die bleichen Körper der anderen kamen näher und näher. Ninive breitete die Arme aus und erwartete sie. Als sie den Körper an ihrem spürte, klammerte sie Arme und Beine um diesen.
    Isaak schwang das Tauchermesser herum, das er als einzigen Teil ihrer Ausrüstung noch aus der Schublade hatte ziehen können. Die Klinge durchschnitt das silberne Augenfeld der ersten Frau, die sie erreichte. Sie schlug sich die Krallen vors Gesicht und Isaak drehte sich weg, als ein greller Blitz ausgelöst wurde und sie zusammenbrach. Ihre anderen Verfolger stoppten abrupt und sahen

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