Solheim 01 | EUROPA: Der Beginn einer Dystopie (German Edition)
anderen zu retten, gestorben.
„Es tut mir Leid, dass wir für den Professor nichts mehr tun konnten, Bertrand“, sagte sie und legte ihm eine Hand auf die Schulter. Gallea biss sich auf die Unterlippe und warf einen flüchtigen Blick auf ihre Hand.
„Danke, Sequana, du hast alles getan, um ihn zu retten. Vermutlich verdanke ich es alleine dir, dass ich ihn noch einmal sehen und mit ihm sprechen durfte.“
„Für mich fühlt es sich eher so an, als wäre ich gescheitert“, entgegnete sie und duckte sich zu ihm hinter einen Mauervorsprung. Gallea sah sie von der Seite an, dann strich er ihr mit einem müden Lächeln über den Kopf.
Sequana hob den Zeigefinger. „Ich habe die Station gesehen.“
„Muiderpoort?“, erkundigte sich Gallea.
„Na die, an der unser Fluchtfahrzeug mit Adrian steht.“
„Muiderpoort!“, bestätigte Gallea.
„Ja, was auch immer“, sie schüttelte schnell den Kopf. „Die Secs sind bereits in der Nähe. Sie sammeln sich auf dem Platz zwischen den beiden Trassen.“
„Oh Scheiße, Adrian!“
„Ich hoffe, der ist schlau genug, sich im Truck zu verstecken und abzuhauen. Aber vor uns liegt noch diese Halle, und wenn wir das große Tor am Ende irgendwie öffnen können oder einen anderen Weg hinaus finden, sind wir am südöstlichen Aufgang und könnten von der Seite mit etwas Glück unerkannt bis zum Truck kommen.“
„Mit sehr viel Glück, meinst du wohl“, seufzte Gallea.
„Meinetwegen, aber versuchen müssen wir es, oder hast du eine bessere Idee?“
Gallea zuckte nur mit den Schultern und eine Minute später waren sie dabei, die zwei Stockwerke über brüchiges Mauerwerk hinunter in die Fertigungshalle zu klettern. Gallea rutschte zwei Meter über dem Boden ab und rauschte in einer kleinen Lawine aus altem Mörtel, Putz und Ziegelsteintrümmern zu Boden. Sequana half ihm hoch. Es waren nicht die ersten Schrammen, die sich die beiden auf ihrer Flucht geholt hatten, und Sequana spürte zudem immer noch die Schusswunde an ihrem Bein aus dem Bois de Boulogne. Doch Gallea war ungebremst auf sein Steißbein gefallen und das Laufen fiel ihm nun deutlich schwerer.
„Halte durch Bertrand“, rief ihm Sequana zu, als sie am schweren Tor der Halle angekommen war, hinter dem die Straße lag, auf deren gegenüberliegender Seite bereits die Treppe hinauf zum Bahnsteig führte. „Das Tor ist nicht ganz geschlossen. Ich glaube, hier passen wir durch!“
Es war nicht einfach, sich durch den schmalen Spalt zwischen Tor und Wand zu zwängen, vor allem für Gallea, doch die Rollen, auf denen das Tor einst bewegt werden konnte, waren auf der Führungsschiene festgerostet, und selbst wenn sie es hätten bewegen können, wollte Sequana vermeiden, durch laute Geräusche auf sich aufmerksam zu machen. Sie spähte die Straße entlang zu beiden Seiten. Am anderen Ende der Straße sah sie einige Secs stehen, die sich jedoch gerade zu einer Art Lagebesprechung zusammengeschart hatten und ihnen den Rücken zukehrten. Sie stützte Gallea und beide eilten in wackligem Gang zur anderen Straßenseite und die Treppe hinauf zum Bahnsteig.
„Es ist noch niemand hier oben!“, flüsterte Sequana, als sie das obere Ende der Treppe erreicht hatten, „wir scheinen genauso viel Glück zu haben, wie wir brauchen.“
Sie half Gallea die letzten Stufen hoch und die Meter hinüber zum Schienentruck, den Adrian wie besprochen auf dem Gleis mit Fahrtrichtung Südosten abgestellt hatte. Hastig riss sie die Luke zur Fahrerkabine auf. Gallea zog sich hoch in den Truck. Sequana sicherte ihr Sturmgewehr und lauschte auf Stimmen, die vom Vorplatz der Station zu hören waren.
„Bertrand?“, fragte sie mit einer bösen Vorahnung. „Ist Adrian im Truck?“ Gallea lehnte sich wieder aus der Luke und schüttelte den Kopf.
„Scheiße!“, fluchte Sequana. „Du bleibst im Truck und machst ihn startbereit! Ich bin gleich zurück.“
Sie eilte den Bahnsteig entlang bis zur großen Halle, deren offenes Ende direkt an den Vorplatz mündete. Unten wimmelte es von Secs, und Sequana ging hinter der Brüstung oberhalb der Halle in Deckung und entsicherte ihre Waffe wieder. Sie spähte hinunter zum Vorplatz. Dort stand van Ijssel, seine Secs – etwa drei vollständige Teams – in einem unebenen Halbkreis hinter ihm, die Waffen auf einen Mann gerichtet, der auf Krücken gestützt in der Mitte stand und eine Handfeuerwaffe auf van Ijssel gerichtet hatte. Sequana fragte sich, woher Adrian die Waffe hatte, doch das war
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