Solheim 01 | EUROPA: Der Beginn einer Dystopie (German Edition)
in diesem Moment nicht die wichtigste Frage, die es zu klären galt.
„Du bist Schuld an ihrem Tod!“, schrie Adrian van Ijssel entgegen. „Wie konntest du das zulassen? Du hast sie doch auch geliebt!“
„Adrian“, van Ijssel hob beschwichtigend die Hände, doch Sequana sah seiner Haltung sofort an, dass er nur auf Zeit spielte um sich in einem günstigen Moment aus dem Brennpunkt zu bringen und seinen Sec-Teams das Problem zu überlassen, das dann ganz schnell keines mehr sein würde. „Ich habe mit Claudettes Tod nichts zu tun, es war ein bedauernswerter Unfall.“
„Ein Unfall in eurem Labor!“
„Es war Charles' Labor, nicht meins. Das weißt du ganz genau! Und ich habe ihm ihren Tod lange genug vorgeworfen, doch auch er kann an einem Unfall nichts ungeschehen machen.“
„Die Dinge, die ihr in dem Labor erforscht habt, waren zu gefährlich, um sie in einer einfachen Akademie-Einrichtung durchzuführen. Ihr beide wusstet, dass es früher oder später zu einem Drama kommen musste.“
„Kollateralschäden im Dienste der Wissenschaft“, knurrte van Ijssel entnervt, „wir alle müssen Opfer bringen.“
Ein einzelner Schuss löste sich. Sequana sah über das Geländer. Clef van Ijssel war zu Boden gegangen und hielt sich die Schulter. Sie sah Adrian, der entsetzt auf die Waffe in seiner Hand starrte. Sequana schluckte. Der Schwachkopf hatte seine einzige Lebensversicherung aus der Hand gegeben. Sie sprang auf und legte das Sturmgewehr knapp über dem Geländer an, dann feuerte sie einige Salven in die Menge der Secs, bevor irgendjemand der anderen Anwesenden schneller reagieren konnte.
Die Secs brauchten nur Sekunden um die Übersicht zurückzugewinnen. Zwei von ihnen lagen am Boden, auch wenn Sequana bezweifelte, dass sie ernsthaft verletzt waren. Die Entfernung war für das Modell, mit dem sie bewaffnet war, zu groß um tödliche Effizienz gegenüber schwer gepanzerten Secs zu haben. Adrian hatte sich umgewandt und sah zu ihr hinauf.
„Hau ab!“, brüllte er in ihre Richtung. Sie schüttelte langsam den Kopf, doch es war zu spät. Mehrere Sturmgewehre der Secs legten an und pumpten Adrians Körper innerhalb von Sekunden so voller Blei, dass er vermutlich tot war, bevor er in einer Lache aus seinem Blut zusammenbrach.
Sequana sah, wie sich van Ijssel wieder aufgerichtet hatte. Seine Schulter blutete, aber die Verletzung schien nicht lebensgefährlich zu sein. Wenigsten den hätte Adrian noch richtig erwischen könne, dachte Sequana. Sie sah, dass van Ijssel hastig seine Schulter abtastete und sich dann mit einem verwunderten Blick umdrehte. Es war ein eigenartiges Bild, fand Sequana. Die Sec-Teams, die jetzt auf die Treppen zustürmten, alles auf sie fokussiert, nur van Ijssel, der sich fast wie in Zeitlupe umdrehte, unbemerkt von allen anderen außer Sequana. Und dann durchschlug eine Kugel seinen Kopf. Sie trat auf der Stirnseite genau zwischen seinen Augen ein und sprengte förmlich seinen Hinterkopf.
Sequana riss die Augen auf. Hatte das denn niemand außer ihr gesehen? Clef van Ijssel war einem Heckenschützen zum Opfer gefallen. Sie fragte sich, ob Adrian überhaupt geschossen hatte und nicht bereits der erste Schuss von dem unbekannten Schützen ausgegangen war. Das hätte auch van Ijssels Umdrehen erklärt. Diese Ereignisse hatten nur Sekunden gedauert, doch dadurch hatte Sequana fast zu lange gewartet. Sie feuerte linker Hand auf den ersten Sec, der die Treppe bereits hinter sich gelassen hatte. Er warf sich zur Seite und wich ihren Schüssen aus, doch Sequana war das egal. Sie drehte sich um und rannte zurück zum Bahnsteig.
Ein Kugelhagel schlug hinter ihr ein und ein Schuss erwischte ihre linke Seite. Sie schrie vor Schmerz auf und spürte Tränen in ihre Augen steigen. Vor ihr wurde die Luke des Schienentrucks aufgerissen und gleichzeitig setzte sich das Gefährt langsam in Bewegung. Sequana wusste, dass es ihre einzige Chance war, den Sec-Teams zu entwischen, doch sie hasste Bertrand in diesem Moment mit jedem einzelnen Schritt, der Schmerzen durch ihren ganzen Körper schießen ließ. Sie biss die Zähne zusammen und erreichte mit einer letzten Anstrengung die Griffe neben der Luke und das Trittbrett am Schienentruck. Sie ergriff Galleas Hand, der sie ächzend ins Innere zog, bevor weitere Kugeln der Verfolger auf der Panzerung des Trucks aufschlugen.
Sequana wand sich um und sah die Blutspur auf dem Boden, die sie nach sich zog. Es war keine starke Blutung, doch sie war
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