Solheim 01 | EUROPA: Der Beginn einer Dystopie (German Edition)
Professor Doignac doch auch finden, oder nicht? Und Sasha Bréa ist unsere beste Spur.“
„Warum das?“
„Doignacs Verschwinden hängt mit seiner Vergangenheit zusammen … mit unserer Vergangenheit. Das ist zumindest mein einziger Anhaltspunkt. Von den vier Klonen, die er mit Ihnen damals gerettet hat, findet einer – Cygne – keine Erwähnung mehr in den Hinweisen, die ich gesammelt habe, Ninive ist auf einer Mission weit außerhalb meiner Reichweite und Sasha ist vor Jahren gestorben, jedoch unter ungeklärten Umständen. Zudem hat der Professor sie in seinem Journal so offensichtlich nicht näher erwähnen wollen, dass ich vermute, er wollte mich damit auf irgendetwas hinweisen.“
„Sie haben Zugang zu seinem Journal?“, entgegnete Bruchot interessiert.
Etwas an der Art, wie er fragte, störte Sequana. Die Erwähnung des Journals hatte ihn augenblicklich aus der Ruhe gebracht.
„Nein, er hat mir nur einige Einträge zugänglich gemacht“, entgegnete Sequana, „sonst hätte ich vielleicht mehr erfahren.“
„Glauben Sie nicht, er hätte Ihnen das Geheimnis um Sasha Bréa ebenfalls anvertraut, wenn es wichtig wäre?“
„Ich weiß es nicht. Aber ich gehe davon aus, dass der Professor mit dem Risiko gerechnet hat, dass es nach seinem Verschwinden den falschen Personen in die Hände fallen könnte.“
„Also gut“, Bruchot seufzte niedergeschlagen, „wenn es unsere einzige Hoffnung ist … aber dies ist nicht der richtige Ort dafür.“ Er sah sich im Café um und nahm dann den Kaffee entgegen, den die Bedienung in diesem Augenblick brachte.
„Welchen Ort schlagen Sie vor?“, fragte Sequana ungeduldig.
„Ein Boot auf der Seine“, entgegnete Bruchot, „außerhalb der Ohren von irgendjemanden außer uns.“
„Gut, dann gehen wir!“, Sequana sah auf Bruchots Hand, die ohne Eile den Kaffee umrührte. „ … nachdem Sie mit Ihrem Kaffee fertig sind, natürlich.“
„Es geht mir nicht nur um den Kaffee“, entgegnete Bruchot und zwinkerte ihr zu. „Ich will Ihnen zuvor noch eine Frage stellen.“
„In Ordnung“, entgegnete Sequana, „und die wäre?“
„Was wissen Sie über die Mission, auf die Mademoiselle Ninive geschickt wurde?“
Sequana sah ihn einen Moment schweigend an. Wieder war etwas in der Art, wie er die Frage stellte, das sie misstrauisch machte. Sie hatte absichtlich den Teil des Journals verschwiegen, in dem es um Ninive und ihre Mission ging, nicht wissend, wie viel Bruchot unter Umständen von Doignac selbst erfahren hatte.
„Wie viel wissen Sie bereits, Charles?“ Die Frage sollte ihre Position im Gespräch mit Bruchot verbessern, doch er ging nicht so darauf ein, wie sie es sich erhofft hatte.
„Bis Sie die Mission erwähnten, wusste ich gar nichts davon“, Bruchot legte den Löffel zur Seite und führte die Tasse zum Mund. „Ich frage nur aus Neugier. Einerseits interessiert mich, wie es Ninive geht, andererseits sagten Sie, Sequana, dass die Spur nicht mehr weiter verfolgbar sei, da Ninive außerhalb Ihrer Reichweite ist. Vielleicht kann ich aber etwas ergänzen, dass Ihnen weiterhilft.“
„Einen Versuch ist es wert“, Sequana zuckte mit den Schultern, „aber ich weiß praktisch nichts. Es handelt sich um eine Mission, die vom Militär und einer Forschungsgruppe des Instituts geleitet wird. General Rivell war für die Leitung des Projekts zuständig, solange die Expedition noch nicht gestartet war. Colonel Belnoir ist als Kommandoführer eingesetzt worden. Die Mission startete mit unbekanntem Ziel vom Aéroport Camaret. Der Abflug war planmäßig heute Morgen.“
„Haben Sie eine Idee, welches Ziel diese Mission verfolgt?“, erkundigte sich Bruchot und stellte die Tasse wieder ab.
„Nein. Aber ein Freund Ninives, mit dem ich ein flüchtiges Gespräch geführt habe, sagte mir, dass Ninive nicht damit rechnet, noch einmal nach Paris zurückzukehren. Und in Anbetracht dessen, dass sie einen Aéroport als Ausgangspunkt gewählt haben, vermute ich, dass sie sich bereits außerhalb unseres Kontinents befinden.“
43 | SASHA
Der Raum war neu für sie und brachte daher ihre Gewohnheiten in Unordnung. Außerdem gab es hier Fenster. Die Welt hinter Fenstern war verwirrend. Die Lichtveränderung lief dort nicht in regelmäßigen Zyklen ab, und die Bewegungen so vieler Dinge gleichzeitig weckte etwas in ihr, das ihr Angst machte. Sie konnte sich an viele Dinge nicht mehr erinnern, ihr Gedächtnis schien ihr zu entgleiten, je stärker sie der
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