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Soljanka (German Edition)

Soljanka (German Edition)

Titel: Soljanka (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Niklas Frost
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Aber ich habe Sie nicht
vergessen, wie Sie sehen.«
    Die Laune der Staatsanwältin besserte sich nicht. »Ich habe die Akte
natürlich nicht mehr hier. Aber aus der Erinnerung kann ich Ihnen sagen, dass
der Fall schnell abgeschlossen wurde. Es handelte sich um Selbstmord, offenbar
verübt aufgrund des Ermittlungsdrucks in einem Vergewaltigungsfall, den Sie ja,
glaube ich, auch erwähnt hatten.«
    »Okay, habe ich mir schon gedacht. Die Ermittler sind also damals
davon ausgegangen, dass Rico Fenten die Vergewaltigung verübt hat. Ich nehme
an, dieses Ermittlungsverfahren ist daraufhin auch eingestellt worden.«
    »So ist es.«
    »Was gab es denn für Verdachtsmomente gegen Rico Fenten?«
    Frau Eichhorn seufzte. »Wie gesagt, ich habe die Akte nicht mehr
hier, aber ich erinnere mich, dass es belastende Zeugenaussagen gab, die durch
den Suizid gewissermaßen bestätigt wurden.«
    »Von wem?«
    »Bitte?«
    »Wer waren die Zeugen?«
    »Sie wollen doch wohl nicht ernsthaft Namen von mir hören?«
    Jetzt war es an Stamm, demonstrativ zu seufzen. »Frau Eichhorn«,
sagte er nachdrücklich, »ich verfüge über ernst zu nehmende Hinweise, dass Rico
Fenten nicht der Täter war. Und dass er lediglich durch eine Zeugenaussage belastet wurde. Sie aber sprachen im Plural. Daher meine konkrete
Frage: Gab es mehr als eine Zeugenaussage, die Rico Fenten belastete?«
    Ein paar Sekunden blieb es still in der Leitung. Dann sagte die
Staatsanwältin: »Ich glaube, es wird das Beste sein, wenn ich mir die Akte noch
einmal ziehe. Ich rufe Sie gleich zurück.«
    »Das wäre sehr freundlich. Und wenn Sie schon im Archiv stöbern,
könnten Sie sich auch noch einmal die Akte Ulrich Dembski holen. Da wäre ich
sehr daran interessiert, den genauen Grund für die Einstellung des Verfahrens
zu erfahren. Sie erinnern sich, dass ich danach gefragt hatte. Sie hatten mir
ja freundlicherweise schon mitgeteilt, dass die Verfahren wegen Dembskis Tod im
Jahr 2000 eingestellt wurden. Was mich interessieren würde, ist: Woher hat die
Ermittlungsbehörde von seinem Tod erfahren?«
    Die Staatsanwältin sagte zu, sich auch darum zu kümmern.
    Stamm lehnte sich zurück und versuchte, die Informationen, die er in
den letzten Stunden erhalten hatte, zu sortieren. Ein Blick auf die Uhr sagte
ihm, dass er noch fast eineinhalb Stunden totzuschlagen hatte, bevor er zur
Ratssitzung aufbrechen musste.
    Er fasste einen Entschluss und ging hinüber zu Hannes Schreibtisch.
    »Hör mal, ich habe mir noch mal alles gründlich durch den Kopf gehen
lassen. Es gibt da ein paar Dinge, die ich nur vor Ort klären kann. Ich müsste
mal nach Kitzbühel runter.«
    Hanne Lohmeyer nahm ihre Lesebrille ab und sah Stamm skeptisch an.
»Was?«
    »Bitte?«
    »Was sind das für Dinge, die du da klären müsstest?«
    »Na ja, zum einen würde ich mir gern ein paar Schauplätze ansehen.
Nicht nur in Kitzbühel, um genau zu sein. Ich würde vielleicht auch gern die
Gerichtsmedizin in Salzburg besuchen, um einen besseren Eindruck zu gewinnen,
wie es zu der Fälschung der Todesnachricht kommen konnte. Den Ort des Unfalls,
bei dem Müller gestorben sein soll, würde ich mir auch gern ansehen. Das
Wichtigste ist aber Dembskis Haus in Kitzbühel. Niemand weiß, was daraus
geworden ist. Die Witwe kennt es gar nicht. Wer wohnt da jetzt, an wen wird die
Miete gezahlt, hat es sich vielleicht Müller unter den Nagel gerissen, wenn er
eventuell gar nicht tot ist? Das kann ich von hier aus nicht checken.«
    Hanne grübelte. »Ich weiß nicht, Hans … Also du bist in dieser Sache
schon ganz schön viel durch die Weltgeschichte gedüst, und das für eine Sache,
von der wir nicht einmal wissen, ob sie jemals eine veröffentlichungsfähige
Geschichte ergeben wird.«
    »Soll ich sie drangeben?«, fragte Stamm leicht eingeschnappt.
    Hanne seufzte. »Ist ja schon gut, ein oder zwei Tage Österreich
werden uns schon nicht ruinieren. Wann wolltest du hin?«
    »Hab ich mir noch nicht genau überlegt, hier kommt’s auf ein paar
Tage nicht an. Nächste Woche irgendwann, dachte ich.«
    Hanne Lohmeyer setzte die Brille auf, nahm ihren Tischkalender und
studierte ihn aufmerksam. »Nächste Woche ist schlecht«, sagte sie, »da brauche
ich dich hier. Übernächste Woche ginge vielleicht am Donnerstag … ach nein, da
hat Werner Urlaub, Gerichtstermin in Münster … also frühestens in drei Wochen.«
    Stamm schüttelte unwillig den Kopf. »Ach nein, Hanne, drei Wochen!
Bis dahin habe ich vergessen, worum es

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