Soljanka (German Edition)
wollte Ihnen Ihre wertvolle Zeit nicht stehlen. Außerdem
kommt gleich unsere Redaktionssekretärin, und die muss nicht alles mitkriegen,
was wir hier besprechen.«
»Sie erwarten wohl, dass ich Ihnen geheime Ermittlungsergebnisse
mitteile. Da muss ich Sie leider enttäuschen und Sie auf den Dienstweg
verweisen. Herr Staatsanwalt Dobermann wird Ihnen alles mitteilen, was zurzeit
an die Öffentlichkeit kann. So viel kann ich Ihnen aber verraten: Es ist wenig
genug. Um genau zu sein, kein bisschen mehr, als wir auf der gestrigen
Pressekonferenz erklärt haben.«
Stamm gähnte ungeduldig. »Ist ja schon gut, Herr Korn, ich kenne die
Spielregeln. Es geht mir um etwas anderes. Ich habe ein persönliches Interesse
an dem Fall. Vielleicht kann ich Ihnen sogar einen Hinweis geben.«
Stamm deutete die paar Sekunden Stille, die eintraten, als erwachtes
Interesse. Zu Recht.
»Ich höre«, sagte Korn.
»Sie können sich ja vielleicht an meine Freundin Eva Vossen
erinnern.«
»Selbstverständlich. Ich frage mich bis heute, womit Sie dieses
Glück verdient haben.«
»Tja, ich weiß es manchmal auch nicht. Und jetzt ist sie auch noch
schwanger.«
»Meinen Glückwunsch.«
»Danke. Aber es gibt leider nicht nur schöne Seiten. Evas Gesundheit
ist ein wenig labil, und es gibt da eine Sache, die ihr schwer zu schaffen
macht. Ein Stalker, der ihr echt abartige Briefe schreibt.«
»Unschön«, machte Korn. Es klang ehrlich bekümmert.
»Also wirklich abartig. Sie nimmt sich das schwer zu Herzen. Und das
Schlimmste: Wir haben keine Ahnung, wer er ist. Wir können deshalb auch
überhaupt nicht beurteilen, ob wir es mit einem harmlosen Spinner zu tun haben
oder ob der Typ gefährlich werden kann.«
»Haben Sie Anzeige erstattet?«
»Sicher, aber Ihre Kollegen können nicht viel tun. Sie haben uns
empfohlen, eine Fangschaltung einzurichten. Aber der Kerl ruft ja nie an. Er
schickt nur Briefe, manchmal wirft er sie wohl auch direkt in den Briefkasten.
Neulich hat er einen sogar unter der Tür durchgeschoben. Das ist dann schon
bedrohlich. Aber man hat uns deutlich gemacht, dass Eva jetzt nicht rund um die
Uhr Polizeischutz bekommen kann. Versteh ich ja sogar in gewisser Weise. Aber
irgendwas mussten wir schon tun. Wir haben also kürzlich einen Detektiv
beauftragt, ein Auge auf unser Haus zu werfen. So, und jetzt sind wir im Thema.
Das war Nellissen.«
»Verstehe.«
»Es ist aber erst ein paar Tage her, dass wir das gemacht haben. Wir
haben bisher noch keinen Bericht von ihm bekommen. Ich weiß gar nicht, ob er
schon einen verfasst hat, ja nicht einmal, ob er überhaupt schon was
unternommen hat. Deshalb wollte ich Sie fragen, ob Sie vielleicht irgendetwas
in der Richtung gefunden haben.«
Korn dachte kurz nach, dann sagte er: »Wir haben seine Unterlagen
noch nicht bis ins Letzte sichten können, aber so weit ich das bisher
überblicken kann, ist da nichts. Sie wohnen an der Lindenstraße, wenn ich mich
recht erinnere.«
»Nicht mehr. Wir wohnen jetzt an der Abteihofstraße in
Volmerswerth.«
»Hm, Abteihofstraße«, sagte Korn gedehnt. Er schien sich eine Notiz
zu machen. »Nee, da war auch nichts. Ich werd’s mir aber noch genauer ansehen.
Wie gesagt, wir sind noch nicht hundertprozentig durch. Aber Sie haben recht.
Das könnte ein interessanter Hinweis sein. Können Sie es einrichten
herzukommen, um eine Aussage zu machen?«
Stamm warf einen Blick auf seinen Tischkalender. »Heute Mittag?«
»In Ordnung. Ich bin wahrscheinlich da. Wenn nicht, wird sich ein
Kollege darum kümmern.«
Während er seinen Rechner hochfuhr, kochte Stamm Kaffee. Dann begann
er, seine E-Mails durchzusehen. Er war mit dem allmorgendlichen Spam-Löschen
noch nicht ganz durch, als Christa Kümmel kam.
»Hat dich Eva rausgeschmissen?«, fragte sie, während sie
demonstrativ schnupperte.
Er schüttelte den Kopf. »Ich wollte nur mal ’nen anständigen Kaffee
haben.«
Sie setzte sich beleidigt an ihren Schreibtisch, und Stamm konnte
sich weiter seinen E-Mails widmen. Er wollte sich gerade den Newslettern der
Nachrichtenagenturen zuwenden, als auch Hanne Lohmeyer und Werner Meister
eintrafen.
»Schön, dass wir vollzählig sind«, sagte Hanne geschäftig. »Dann
können wir uns gleich zusammensetzen. Ich muss in einer Stunde im Landtag
sein.«
»Was willst du da?«, fragte Stamm.
»Gespräch mit der SPD -Fraktionsvorsitzenden
über die verfehlte Schulpolitik der Regierung.«
Stamm gähnte. »Gibt’s eigentlich kein anderes Thema
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