Soll das ein Witz sein? - Karasek, H: Soll das ein Witz sein?
hat Humor.
Die letzte Zeile ist die bekannte Wilhelm-Busch-Quintessenz, »die Moral von der Geschicht«.
Im nächsten Gedicht geht es gleich um zwei Tiere, und es handelt von Künstlerstolz, Künstlereitelkeit und Künstlerselbstüberschätzung, also von dem, was uns alle, die wir schreiben, malen, dichten, deklamieren, antreibt. Es heißt »Fink und Frosch«.
Im Apfelbaume pfeift ein Fink
Sein: pinkepink!
Ein Laubfrosch klettert mühsam nach
Bis auf des Baumes Blätterdach
Und bläht sich auf und quackt: »Ja, ja!
Herr Nachbar, ick bin och noch da!«
Und wie der Vogel frisch und süß
Sein Frühlingslied erklingen ließ,
Gleich muß der Frosch in rauhen Tönen
Den Schusterbaß dazwischen dröhnen.
»Juchheija, heija!« spricht der Fink.
»Fort flieg ich flink!«
Und schwingt sich in die Lüfte hoch.
»Wat!« ruft der Frosch, »dat kann ick och!«
Macht einen ungeschickten Satz,
Fällt auf den harten Gartenplatz,
Ist platt, wie man die Kuchen backt,
Und hat für ewig ausgequackt.
Auch hier ist die letzte Kurzstrophe »die Moral von der Geschicht«:
Wenn einer, der mit Mühe kaum
Geklettert ist auf einen Baum,
Schon meint, daß er ein Vogel wär,
So irrt sich der.
Der Frosch hat, so scheint es, in der Welt der schönen Künste keine gute Presse.
Mein Lieblingsvogel bei Busch aber ist eine tragische Figur. Es ist Hans Huckebein, der Unglücksrabe. Der wird in wilder Natur gefangen, in die spießige bürgerliche Zivilisation gebracht, wo er kläglich scheitern muss – schon allein, weil er mit seinen ungeschickten Füßen durch Tantchens Blaubeermarmelade tappt und ihre frische weiße Wäsche befleckt.
Er endet böse – im Alkohol. Im Rausch hängt er sich auf. Kritiker, die darin eine Kolonialparabel sehen wollten (der schwarze Vogel in der musterhaft weißen Welt), haben sicher für das Zeitalter recht, in dem Busch auch von Fipps, dem Affen, schrieb, der in Afrika gefangen und sozusagen nach Krähwinkel in Deutschland verbracht wurde. Meine Lieblingszeilen aus Hans Huckebein sind der Vers, in dem Huckebein sich verhängnisvoll betrinkt.
Er hebt das Glas und schlürft den Rest,
Weil er nicht gern was übrig läßt.
So soll es sein, wenn das Ende naht.
Als was aber treten Tiere in Witzen denn auf? Welche Rolle,welche Funktion, welche Aufgabe haben sie? Tiere sind zum Beispiel seit Darwin die nächsten Verwandten des Menschen, seine Ahnengalerie, sein Stammbaum. Sie sind schamlose Verwandte, die es vor aller Augen treiben, die einander beschnüffeln, sich, wenn man sie nur lässt, bespringen, schamlos Duftspuren setzen.
Tiere sind Hausgenossen und Freunde, Herr und Hund, Frauchen und Gassigeher. Tiere sind Dressurobjekte, Zähmungsbeispiele, wie Plisch und Plum bei Wilhelm Busch, tragische Ausbrecher aus der Zivilisation wie Hans Huckebein, der Unglücksrabe. Tiere sind heraldische Zeichen, Wappentiere, König der Löwen. Der Adler, der Doppeladler, der Vogel Greif. Der Pleitegeier, der »Kuckuck« als Kosename des Pfändungsadlers. Um mit Henri Nannen zu sprechen: Mancher startet als Adler und landet als Suppenhuhn. Oder: Mancher Löwe oder Bär wird zum Bettvorleger.
Tiere sind gefesselte Kraft, gefangene, eingesperrte Kreaturen, Rilkes »Panther« etwa. Tiere sind Fabelwesen. Sie bevölkern die Bibel wie die Märchen und Fabeln, die Comics wie die Zeichentrickfilme, sie sind Micky Maus und Donald Duck in Entenhausen, sie sind der Weiße Hai und Moby Dick, Schweinchen Schlau, die Maus in der Sendung, der stolze Schwan und das hässliche Entlein.
Tiere sind so menschlich, weil Menschen so tierisch sind. Männer sind Schweine und eitel wie ein Pfau, Frauen sind dumm wie eine Gans, Kinder sind Ferkel. Männer sauigeln, verlieren jede Beißhemmung, sind Herdentiere, Elefanten im Porzellanladen, Trampeltiere, haben einen Dackelblick, eine hündische Abhängigkeit. Es gibt Faultiere unter den Menschen, dumme Esel und schlaue Füchse, sie sind affengeil, saudumm, machen Eselsohren in Bücher, sind Schlangen oder scheue Rehe, schnatternde Backfische, fette Kühe, Hornviecher mit riesigen Geweihen und dumme Ochsen.
Die Welt ist ein Bestiarium, Gottes großer Zoo. In ihm leben große Tiere, hohe Tiere, Alphatiere, kleine Fische, Börsenhaie, Aasgeier, Kuckuckseier. Tiere werden zu Vergleichen benutzt und dienen als Munition für unsere Schimpfkanonaden. »Hier sieht es aus wie Sau« bedeutet »wie bei Hempels unterm Sofa«. Witze sind Schweinereien, Ferkeleien, Sauereien. Es gibt
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