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Solo: Ein James-Bond-Roman (German Edition)

Solo: Ein James-Bond-Roman (German Edition)

Titel: Solo: Ein James-Bond-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Boyd
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war. Es gab eine Hauptstraße, die über viele Brücken und Dämme in den Süden nach Port Dunbar führte. Den Klebepfeilen nach erfolgte an dieser Straße der wichtigste Vorstoß der Streitkräfte von Zanzarim ins Kerngebiet von Dahum. Alle anderen Straßen wurden durch rote punktierte Linien markiert, die um zahllose Hindernisse herummäanderten – Bäche, Sümpfe und Seen – und vermutlich Hunderte behelfsmäßige Brücken überquerten. Bonds Einschätzung nach musste man kein militärisches Genie sein, um dieses winzige Gebiet zu verteidigen. Die Karte erlaubte ihm auch, die Entfernung zwischen Sinsikrou und Port Dunbar zu berechnen – etwa dreihundert Meilen. Als er zu seinem Stuhl zurückschlenderte, fragte er sich, wie Ogilvy-Grant ihn eigentlich »einschleusen« wollte – offenkundig kein ganz leichtes Unterfangen.
    Plötzlich ging ein Ruck matten Interesses durch die Schar der wartenden Journalisten, als ein medaillenbehängter Oberst in frischer, massiv gestärkter Tarnuniform durch die hintere Zeltklappe trat und auf dem Podium Platz nahm, gefolgt von dem Hauptmann mit amerikanischem Akzent, der eine dünne, etwa 1,80 Meter lange Stange trug, eine Art Billardqueue.
    »Guten Tag, meine Herren«, sagte der Oberst. »Willkommen zur Pressekonferenz. Heute haben wir für Sie interessante Neuigkeiten.« Er nahm dem Hauptmann den Stock ab und zeigte anhand der Karte eine Reihe von Siegen und Vorstößen in das Gebiet der Rebellen auf. Dann wies er den Hauptmann an, den Kreis mit roter Kreide entsprechend zu korrigieren, so dass die Hauptstraße in den Süden nun einen erheblichen Zuwachs aufwies. Bond spürte, wie die ohnehin geringe Bereitschaft der Anwesenden, dem Gehörten Glauben zu schenken, auf einmal gänzlich verpuffte.
    »Dank der gestrigen Eroberung des Dorfes Ikot-Dussa sind unsere Streitkräfte nur noch 42 Kilometer von Port Dunbar entfernt«, sagte der Oberst triumphierend, trat vom Podium herunter und verließ das Zelt.
    Ein Journalist hob die Hand.
    »Ja, Geoffrey«, sagte der Hauptmann.
    »Meinen Notizen zufolge«, bemerkte Geoffrey mit ausdrucksloser Stimme, »wurde das Dorf Ikot-Dussa vor zehn Tagen befreit.«
    »Das war Ikot-Darema«, entgegnete der Hauptmann ohne zu zögern. »Vielleicht verwechseln Sie die Namen in unserer Sprache.«
    »Kann gut sein – mein Fehler. Tut mir leid.« Rundherum mühsam unterdrücktes Gekicher und vielsagende Blicke.
    Ein anderer Journalist hob die Hand.
    »Vor fünf Wochen haben Sie die bedingungslose Kapitulation der rebellischen Truppen in Aussicht gestellt. Was ist in der Zwischenzeit passiert?«
    Der Hauptmann legte den Zeigestock aus der Hand.
    »Sie sind ja schon eine Weile hier, John«, antwortete er mit kaum verhohlenem Überdruss, »und da mag Ihnen aufgefallen sein, dass es in den letzten Monaten recht heftige Regenfälle gab. Jetzt hat der Regen aufgehört und die Trockenzeit begonnen – und so nehmen wir die militärischen Operationen in vollem Umfang wieder auf.«
    Und so ging es noch zwanzig ermüdende Minuten weiter – jede halbwegs brisante Frage wurde entweder barsch zurückgewiesen oder mit dreisten Lügenmärchen pariert. Bond konnte sich einer gewissen Bewunderung für die schier unerschöpfliche Gabe des Hauptmanns, eloquent und im Brustton der Überzeugung zu schwindeln, nicht erwehren. So gut er sich auf sein Handwerk verstand, täuschte er dennoch keinen der Anwesenden. Dieser Krieg war zweifellos zu einem praktisch dauerhaften Stillstand gekommen. Bond stand auf und schlüpfte aus dem Zelt. An seinem ersten Tag als akkreditierter Journalist der APL hatte er bereits überraschend viel in Erfahrung gebracht. Nun war es wohl an der Zeit, den Residenten des britischen Geheimdienstes in Zanzarim zu kontaktieren.

5. E.B. Ogilvy-Grant MA (Cantab)
    Die OG Palmöl und Agrarbedarf GmbH hatte ihren Sitz in einem Gewerbegebiet auf halber Strecke zwischen Sinsikrou City und dem Flughafen. Bond hatte von der Kaserne aus angerufen, aber niemanden erreicht, und sich für einen Besuch vor Ort entschieden. Christmas fuhr Bond zum Gewerbegebiet, wo er im Schatten eines Bata-Schuhlagers hielt. Gegenüber befand sich eine kleinere Reihe von Lagerräumen mit Büroflächen im Obergeschoss. OG Palmöl und Agrarbedarf befand sich am Ende der Reihe.
    »Es dauert nicht lange«, sagte Bond beim Aussteigen.
    »Ich warte hier, Sah.«
    Bond lief über die Straße zum OG -Hallenabschnitt. Die vor Hitze blasigen Metallläden waren heruntergelassen und mit

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