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Solo: Ein James-Bond-Roman (German Edition)

Solo: Ein James-Bond-Roman (German Edition)

Titel: Solo: Ein James-Bond-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Boyd
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Christmas
    Der Page mit dem roten Fes führte Bond zu seinem kleinen Chalet, das hinter dem Hauptgebäude lag. Auf dem Gelände gab es ein Dutzend dieser Minibungalows, die durch unkrautgeränderte Betonwege mit dem Excelsior Gateway verbunden waren, ein Erbe dessen kolonialer Vergangenheit. Nach der Unabhängigkeitserklärung war ein olympisches Schwimmbecken hinzugekommen, flankiert von zwei fünfstöckigen modernen Anbauten – »Executive Zimmer, die Balkone mit Pool-Blick«. Bond war froh, seinen schäbigen Bungalow beziehen zu können. Er gab dem Pagen ein Trinkgeld.
    »Wasser nur bis zwölf Uhr mittags, Sah«, sagte der Junge. »Elektrisches Licht aber rund um die Uhr.« Er lächelte. »Wir haben Generator.«
    Bond beherzigte, was er gehört hatte, und nahm gleich eine kalte Dusche. Danach zog er ein weißes, kurzärmliges Aertex-Hemd, einen kakigrünen Anzug aus Baumwolldrillich sowie eine marineblaue Strickkrawatte an. Als er in seine weichen braunen Mokassins schlüpfte, dachte er kurz daran, die Strümpfe auszuziehen, verwarf den Gedanken jedoch. Nachdem er sein Zigarettenetui wieder aufgefüllt hatte – er hatte eine Stange Morlands mitgebracht – , begab er sich voller Tatendrang zum Hotel.
    Der Portier scheuchte die Straßenhändler fort und Bond gab ihm zehn Dollar.
    »Ich brauche ein Taxi mit einem guten Fahrer«, sagte Bond. »Ich zahle pro Tag zwanzig Dollar – und wenn er was taugt, bekommen Sie wieder zehn.«
    »Sekunde, Sah«, sagte der Portier und machte sich auf den Weg.
    Zwei Minuten später hielt ein senfgelber Toyota Corona ruckartig vor Bond. Dem Wagen entstieg ein dünner junger Mann in gepflegten weißen Shorts und dazu passendem Hemd.
    »Hallo, Sah. Ich bin Christmas, Ihr Fahrer.«
    Bond gab Christmas die Hand und nahm auf dem Rücksitz des Corona Platz.
    »Wo soll’s hingehen, Sah?«
    »Wissen Sie, wo das militärische Hauptquartier ist?«
    » HQ von Zanza-Armee. Kenn ich. Ridgeway Kaserne.«
    »Gut. Fahren wir.«
    Die Ridgeway Kaserne entpuppte sich als großes vierstöckiges Gebäude aus der Vorkriegszeit, mit stuckverzierter Fassade, deren Cremeton inzwischen verblasst war, und lag in einem Park voller ausgewachsener Kasuarinen. Christmas setzte Bond am Haupteingang ab. Er zeigte dem Wachsoldaten seinen Presseausweis und erfuhr, dass er nur dem Schild »Presseabteilung« zu folgen brauchte. In einem Büro am Ende des Ganges prüfte ein junger Hauptmann mit amerikanischem Akzent Bonds Unterlagen.
    »Agence Presse Libre? Ist das Französisch? Sind Sie Franzose?«
    »Nein. Ich komme von der Londoner Niederlassung. Ich verfasse meine Artikel alle auf Englisch. Es handelt sich um eine internationale Presseagentur, 1923 gegründet. Sie ist weltweit tätig. Wie Reuters.«
    Der Hauptmann dachte kurz nach, bevor er Bonds Akkreditierung stempelte und unterschrieb. Mit einem gekünstelten Lächeln – Bond vermutete, dass er weder Journalisten noch diesen Job leiden konnte – überreichte er ihm die neue Karte.
    »Die tägliche Pressekonferenz beginnt in zwanzig Minuten«, sagte der Hauptmann. »Ich bringe Sie zu Ihren Kollegen.«
    Er führte Bond zum Hinterausgang. Draußen hatte man am Rand eines Exerzierplatzes aus gestampfter Erde ein großes Segeltuchzelt aufgebaut.
    »Nehmen Sie Platz. Wir kommen gleich.«
    Bond schlüpfte in den hinteren Zeltteil, setzte sich und ließ die Umgebung auf sich wirken. Das vom Stoff gefilterte Sonnenlicht wirkte wässrig und warf keinen Schatten. Es war heiß. Etwa zwei Dutzend Journalisten – fast alle weiß – saßen über die Klappstuhlreihen verstreut, den Blick auf ein leeres Podium gerichtet. Darüber hing eine riesige Karte von Zanzarim. Am unteren Rand war mit roter Kreide ein kümmerlich kleines Gebiet eingekreist, das schrumpfende Kernland der Demokratischen Republik Dahum. Die Klebepfeile, die diesen Kreis bündelweise umzingelten, sollten wahrscheinlich die Offensiven der zanzarischen Armee anzeigen. Bond ging zwischen zwei leeren Stuhlreihen nach vorn, um sich das genauer anzusehen.
    Der Kartenmaßstab ermöglichte eine detaillierte Darstellung des vielfach verzweigten Gebildes aus Flussarmen und Bächen, die das Zanza-Delta ausmachten. An der südlichen Spitze lag Port Dunbar, die hypothetische Hauptstadt des abtrünnigen Staats. Darüber war ein Kärtchen mit dem Namen Janjaville angebracht, wo sich der alles entscheidende Flugplatz befand. Bond erkannte auf den ersten Blick, warum die Eroberung von Dahum so schwer zu bewerkstelligen

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