SOLO mit PINK LADY - MIT 16 DIE WELT EROBERT
vermutlich schwer nachzuvollziehen, aber ich nutze Frischwasser nur zum Kochen und zum Trinken. Und ich bin ja die Einzige an Bord. Außerdem verlasse ich mich darauf, die Tanks in den gewitterschweren Wolkenbrüchen einige Male auffüllen zu können, bevor ich die Tropen wieder verlasse und auf südlichen Kurs gehe. Für Notfälle gibt es an Bord von ELLA’S PINK LADY auch einen kleinen Handentsalzer, doch wenn ich an die Wassermengen denke, die ich heute so einfach auffangen konnte, werde ich den wohl nie brauchen.
Am Abend kam eine weitere Regenfront durch, schickte uns noch mehr Wasser und machte das Leben mit grollendem Donner, ein paar heftigen Böen und wahllosen Winddrehern interessant. ELLA’S PINK LADY nahm die Aufregung gelassen. Im Vergleich zu den ernsthaften tropischen Gewittern, die wir sicher bald erleben würden, kam dieser kleine Lufthauch eher im Gewand eines flauschigen weißen Wölkchens daher.
Momentan segeln wir in einer freundlichen 15-Knoten-Brise. Dank der entspannten Bedingungen am heutigen Morgen hat sich auch die See beruhigt. ELLA’S PINK LADY fliegt raumschots voran, ohne dass sich ihr eine dieser nassen, buckeligen Wellen in den Weg stellt. Ich habe gerade einen Blick auf die Geschwindigkeitsanzeige geworfen – wir segeln mit konstanten sieben Knoten. Ich würde mehr davon nicht ablehnen, doch die Windvorhersage hat bereits die nächste Flaute angekündigt.
Es dürfte also in den kommenden Tagen schwierig werden, nennenswerte Fortschritte zu machen.
Das war’s für heute von mir. Ich mache mir jetzt eine Dose Mandarinen auf und werde mir eine doppelte Portion Sahne dazu genehmigen!
Dienstag, 10. November 2009
Langsam, aber sicher zum Äquator!
Heute war ein flauer Tag. Ich habe am Morgen selbst gesteuert und gewendet, um das Beste aus dem Windhauch zu machen, der hier und da wehte. Um mich vor der Sonne zu schützen, trage ich einen großen Strohhut, reichlich Sonnencreme (natürlich von Ella Baché!), meine Sonnenbrille und einen Sarong. Der Platz an der Pinne ist der beste, weil mich hier die leichte Brise ein wenig erfrischt.
Parker, die Fleming-Windsteueranlage, steuert hervorragend. Meistens viel besser als ich selbst. Aber wenn der Wind auf unter fünf Knoten abnimmt, dann versagt sogar der arme alte Parker den Dienst. Heute Nachmittag wurde es dann so flau, dass ich die Pinne einfach losließ, denn es macht ja keinen Sinn, ein Boot zu steuern, das sich gar nicht bewegt!
Jetzt ist der Himmel wieder bedeckt. Die Gewitterwolken ergießen sich überall ins Meer und marschieren den Horizont entlang. Die Flaute wird immer wieder von gewaltigen Sturmböen unterbrochen. Es ist ein sehr typischer Tag für die Intertropische Konvergenzzone (ITCZ), die auch »Doldrums« genannt wird. Zu meinem Glück ist die ITCZ momentan recht schwach. Es sollte also nicht mehr lange dauern, bis der Wind wieder zunimmt und uns in Richtung Äquator trägt. Ich würde unser Schneckentempo vermutlich als sehr frustrierend empfinden, wenn die stimmungsvollen Grau- und Blautöne nicht wären, die atemberaubende Bilder auf die glänzende See zaubern.
Trotz unserer geringen Fortschritte am heutigen Nachmittag sind es nur noch 950 Seemeilen bis zum Äquator (zumindest bis zu dem Punkt, an dem ich den Äquator kreuzen möchte). Ich kann es kaum erwarten!
Ich fand es ziemlich cool, allein durch die Doldrums zu segeln. Es ist eines dieser mystischen Reviere, über das man in Seefahrerkreisen häufig spricht. Menschen schreiben Geschichten und Gedichte darüber, Segler fordert es heraus. »The Rime of the Acient Mariner« (deutscher Titel: »Ballade vom alten Seemann«) von Samuel Taylor Coleridgeist vermutlich das berühmteste unter den mir bekannten Gedichten, die das Wesen der Doldrums einfangen. Ich habe sie so nicht erlebt … wurde aber dafür später fast verrückt, als wir ausgerechnet in den Brüllenden Vierzigern in einer Flaute stecken blieben. Da bekam ich eine kleine Ahnung von dem aus Frust geborenen Wahnsinn der Seeleute:
All in a hot and copper sky,
The bloody sun, at noon,
Right up above the mast did stand,
No bigger than the moon.
Day after day, day after day,
We stuck, nor breath nor motion;
As idle as a painted ship
Upon a painted ocean.
(Am heißen Kupferfirmament,
Hoch überm Maste, thront
Die glut’ge Sonn’ zur Mittagszeit,
Nicht größer als der Mond.
Wir lagen Tage, Tage lang;
Kein Lüftchen rings umher!
Wie ein gemaltes Schiff, so
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