Some like it heiß
reality when we’ve got Reality TV?
Ich mag kein Reality TV. Reality TV ist nicht real. Die Top-Models sind nicht top, die Superstars sind keine Stars, Sarah and Mark sind nicht in love. Und wer braucht Reality TV when you’ve got the Wechseljahre? Seit ich in den Wechseljahren bin, verstehe ich Britney sehr gut. Wir Frauen sind sowieso ein kreatives, emotionales, leicht hysterisches Volk, aber seit ich in der von Hormonen angetriebenen Achterbahnfahrt namens Wechseljahre bin, denke ich immer wieder: Oh my God! This is how Britney feels! One minute you’re erfolgreich und euphorisch, die nächste heiß, heulend und verzweifelt, schlürfing Champagner und twittering your Schlüpfer to the Massen. Wir sind alle gaga, aber natürlich nicht so gaga wie Lady Gaga!
Lady Gaga sieht aus wie das uneheliche Kind von Karl Lagerfeld und Désirée Nick und ist dieDichterin unseres Zeitgeistes! »Let’s have some fun – this beat is sick, I wanna take a ride on your disco stick.« Auf Deutsch: »Ich möchte auf deinem Disko-Stock reiten.« Oder: »I won’t tell you that I love you, kiss and hug you, ‘cos I’m bluffin’ with my muffin …« Bluffin’ with my muffin! – Ich bin unehrlich mit meinen Backwaren. Ich wünsche jeder Mutter viel Spaß, die diesen Text ihrer neunjährigen Tochter erklären muss.
Ich mag Lady Gaga. Denn Lady Gaga ist kein Schlachtopfer, sie ist die Schlacht selbst. Lady Gaga makes Madonna look like Königin Beatrix.
Ich liebe Madonna! She is a survivor – sie ist eine Überlebenskünstlerin und schafft immer wieder Unglaubliches. Madonna ist zwei Jahre älter als ich und immer noch nicht in den Wechseljahren – weil die Wechseljahre Angst vor ihr haben! Ich sehe die Wechseljahre vor mir, wie sie mit Panik in den Augen wegrennen:
Bitte schick uns zu Nena! Oder Sade! Aber nicht zu Madonna!
All diese Gedanken überschlugen sich in meinem Kopf, als ich im Gespräch mit dem Promoter einen weiteren grünen Tee bestellte. Mein Manager hatte das Gespräch auf Werbeetats undfunktionierende Images gebracht. Ich fragte mich, ob ich hier etwas von meinem großen Vorbild lernen konnte.
Madonna hat mich mein gesamtes Berufsleben hindurch begleitet. Ich habe sie zum ersten Mal 1982 in einem New Yorker Nightclub namens »Danceteria« gesehen. Es war ein Dienstagabend, und ich war, wie immer, mit meiner Clique junger Schauspieler und Tänzer unterwegs. Wir waren eine lustige, sehr gemischte Truppe – schwule Jungs und Hetero-Mädchen, schwarz, weiß, asiatisch, latino – jeden freien Abend unterwegs, um Musik live zu erleben und zu tanzen. In Clubs wie »The Mudd Club«, »CBGB« oder »The Peppermint Lounge«, wo immer jemand mit dem Türsteher oder einem Barkeeper geschlafen hatte und wir deshalb alle umsonst reinkamen. Geld spielte keine große Rolle, was auch daran lag, dass wir überhaupt keines hatten. Wir verschlangen alles, was New York in den Achtzigern zu bieten hatte – Musik, Kunst, Sex und Drogen –, und waren trotzdem extrem wählerisch. Es war die Zeit vor der vereinheitlichenden Allmacht von MTV. Wir mussten uns unsere Vorbilder selber suchen, und Individualität war das höchste Gut.
Wir waren verwöhnt von dionysischen Nächten im »Hurrah«, der legendären Rock-Disco an der West 62nd Street, wo ich neben David Bowie beim Joy-Division-Konzert wippte, oder der »Putt Putt Reggae Night« im »Club 57«, wo wir Mini-Golf zu Dub-Musik spielten, auf einem von Keith Haring am selben Abend kreierten Parcours aus Pappkartons. Die Grenzen zwischen E und U, zwischen Kunst und Unterhaltung, zwischen Leben und Show existierten nicht mehr. Meine Massachusetts-Prüderie war längst weggeblasen, und New York war ein berauschender Spielplatz, auf dem ich mich in der »Holiday Cocktail Lounge« im East Village umschauen und denken konnte: I think I’ve slept with everybody here.
Als Madonna auf der Danceteria-Bühne erschien, waren wir empört. Sie trat bei »No Entiendes« auf, einer Nachwuchsshow, und sang ihr Lied mit drei männlichen Tänzern in Radlerhose ZUM HALBPLAYBACK. Was heute in jeder Casting Show selbstverständlich ist, war für uns damals eine Beleidigung. Sie war ein schief singendes Girlie aus einem billig nachgemachten Videoclip, und wir rannten schnell zum New Wave Dance Floor. Was wir alle nicht sahen: Madonnas Ansatz war visionär. Sie kam jeden Dienstagzurück auf die Bühne, bis sie ihren Stil und ihr Publikum gefunden hatte. Ich war schwer beeindruckt – die Frau
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