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Some like it heiß

Some like it heiß

Titel: Some like it heiß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gayle Tufts
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Einfamilienhäuser für Babyboomer-Familien und erzählte den Bewohnern nie etwas über den Giftmüll. Auf den Grundstücken lebten glückliche Familien, bis alle Kinder krank waren und die Nachbarn Krebs kriegten und Fehlgeburten hatten. Eine tapfere Frau namens Lois Gibbs kämpfte gegen die Behörden, gründete eine Bürgerinitiative und schaffte es gegen alle Widerstände der Pharma- und Militärlobby, dass Präsident Jimmy Carter – ein ehemaliger Kernphysiker – das Gelände 1978 zum Katastrophengebiet erklärte.
    Zehn Jahre später war ich Sängerin und Tänzerin in einer Open-Air-Tanztheater-Performance im Artpark, einer tollen Kulisse unweit der Niagarafälle. Trotz eines heftigen sommerlichen Gewitters tanzten und tobten wir durch den knöcheltiefen Schlamm für unser durchnässtes Publikum. Während ich ohne Mikrofonverstärkung »DON’ T KNOW WHY THERE’s NO SUN UP IN THE SKY … STORMY W EATHER «schrie, musste ich mich mehrmals in den Matsch schmeißen. Ich dachte an Lois Gibbs und ihre Nachbarn, an die Bewohner downwind von Three Mile Island, an Jane Fonda in »The China Syndrome« und wollte nur noch – nach drinnen.

10. NINE-INCH NAILS
    »Arbeiten Sie noch, oder sind Sie schon in Rente?«
    Hatte sie das gerade wirklich gefragt? Ich saß neben einer staubigen Palme vor der sich langsam auflösenden, rosafarbenen Tapete im »Hollywood Nails- und Kosmetik-Studio« in Schöneberg. Vor bunten Lichterschlangen und blassen Vorhängen aus langem Lametta saß eine junge Dame aus Vietnam, feilte an meinen Nägeln und fragte mich in ihrem besten Deutsch höflich nach meiner Lebenssituation. Mittlerweile glaube ich, dass sie nur harmlosen Smalltalk machen wollte, aber ich bekam eine heftige Depression. In Rente?
Really?
Back in the good old days, als ich erstmals nach Deutschland kam, waren die üblichen Fragen: »Machen Sie hier Urlaub?«, »Sind Sie verheiratet?« oder »Haben Sie Kinder?« –aber jetzt! Warum fragte sie mich nicht gleich, ob ich schon meinen Grabstein ausgesucht hatte.
    »Nein!«, sagte ich erschrocken und etwas empört. »Ich arbeite noch!«
    Ich war schon wieder fertig mit den Nerven. Sah ich wirklich so schlecht aus? Okay – ich war zu »Hollywood Nails« gejoggt, war sportlich gekleidet, ungeschminkt und etwas verschwitzt. Ich wollte mir etwas gönnen, eine relaxende Maniküre, ein bisschen etwas für die Schönheit tun, um mich besser zu fühlen und meine immer näher rückende Sterblichkeit zu verdrängen.
    Man kann es der jungen Dame ja nicht verübeln. Wer kommt schon nachmittags spontan im Jogginganzug zum Nagelstudio in Schöneberg? Rentnerinnen!
    Frauen in den Wechseljahren brauchen generell viel Hilfe für ihre Nägel. Viele leiden unter dem brittle nail syndrome. Die Nägel werden brüchig und rissig, weil das fucking fehlende Östrogen die Produktion von Keratin beschränkt, das eigentlich dafür da ist, die Nägel stark und schön zu machen. Was gegen diesen Mangel hilft, sind Avocados, Sojabohnen, Wasser und sorgfältige Pflege. Entweder isst man Unmengen von Tofu, schmiert sich von Hand bis Fuß mit Avocadomusein, um dann wie ein lebendiger Burrito auszusehen, oder man besucht einfach ein Nagelstudio.
    Ich habe meine Zuneigung für Nagelstudios in New York in den achtziger Jahren entdeckt. Als punkrockliebende Schauspielstudentin und später als financially challenged Performerin war Luxus ein Fremdwort für mich – genau wie Urlaub oder Krankenversicherung. Meine Frage war nicht: »Wann kriege ich einen Termin beim Arzt?«, meine Frage war: »Zahl ich den Arzt oder die Miete?« Die achtziger Jahre in New York waren die Zeit, in der jeder Körper ein tanzender Körper war, und ich habe getanzt – meistens unterwegs zu einem weiteren Job. Ich war nicht nur Künstlerin, ich war auch Fahrradkurier, Putzfrau und Kindergärtnerin. Abends Auftritt im Lincoln Center – morgens Windeln wechseln von zwanzig Dreijährigen. Es war genau wie »Sex and the City« – auf Hartz IV. Mein einziger heimlicher Luxus war eine monatliche Maniküre und Pediküre – besser bekannt als Mani/Pedi – beides für den Schnäppchenpreis von zwölf Dollar bei »VIP Nail-Express« auf der 14th Street.
    Nach dem Vietnamkrieg hatten viele Vietnamesenihr zerstörtes Land verlassen und waren nach New York gekommen, um dort sehr schnell kleine, erfolgreiche Familienbetriebe zu eröffnen – Minisupermärkte für die Männer, Nagelstudios für die Frauen. In den Achtzigern gab es den ersten

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