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Someone like you - Dessen, S: Someone like you

Someone like you - Dessen, S: Someone like you

Titel: Someone like you - Dessen, S: Someone like you Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Dessen
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bis hinaus ins offene Meer getragen werden würden, wie Wynken, Blynken und Nod in ihrem großen Schuh, weil sie geschlafen und nicht aufgepasst hatten.
    Scarlett sah ihn als Erste. Er lief allein die Straße entlang. Sein weißes Hemd war klatschnass und klebte an seinem Rücken; er hatte die Hände in die Taschen gestopft, den Kopf eingezogen und blickte stur auf den Asphalt, während Menschen mit Schirmen an ihm vorbeihasteten. Scarlett bremste ab, als sie ihn erreichte, und hupte.
    »Macon!«, rief sie und lehnte sich durchs Fenster in den Regen. »He!« Er hörte sie nicht. Sie stieß mich in die Seite. »Ruf du ihn mal, Halley.«
    »Wie bitte?«
    »Kurbel dein Fenster runter und frag ihn, ob er mitfahren will.«
    »Ich kenne ihn nicht mal richtig, Scarlett.« Auf einmal war ich aus irgendeinem Grunde nervös.
    |53| »Na und?« Sie warf mir einen ihrer Blicke zu. »Es gießt in Strömen. Los, mach schon.«
    Ich kurbelte meine Fensterscheibe herunter, streckte den Kopf hinaus, fühlte, wie der Regen auf meinen Nacken prasselte.
    »Tschuldigung«, sagte ich.
    Er hörte mich nicht. Ich räusperte mich, versuchte Zeit zu schinden. »Tschuldigung.«
    Scarlett warf einen Blick in den Rückspiegel. »Halley, beeil dich, wir halten den ganzen Verkehr auf.«
    »Er hört mich nicht«, sagte ich abwehrend.
    »Du flüsterst ja auch.«
    »Tue ich nicht«, fauchte ich. »Ich rede ganz normal laut.«
    »Brüll einfach, los.« Die von hinten kommenden Autos fuhren um uns herum. Ein Regenschwall ergoss sich durchs Fenster über meine Beine. Scarlett atmete geräuschvoll aus, ein todsicheres Zeichen dafür, dass sie die Geduld verlor. »Mensch, Halley, jetzt stell dich nicht so an.«
    »Ich stelle mich nicht an«, erwiderte ich pampig.
    Wieder warf sie mir bloß einen Blick zu. Wieder steckte ich meinen Kopf durchs Fenster.
    »Macon«, sagte ich, dieses Mal tatsächlich lauter, aber nur, weil ich selbst allmählich sauer wurde. »Macon.«
    Noch ein hörbares Ausatmen von Scarlett. Ich war patschnass.
    »Macon«, wiederholte ich noch etwas lauter und hielt meinen Kopf komplett aus dem Fenster.
»Macon!«
    Er fuhr herum und starrte uns an, als rechnete er damit, dass wir mit unserem Winzwagen auf den Bürgersteig donnern und ihn zerquetschen würden. Und dann schaute er einfach nur, schaute mich an, als wäre ich total überge schnappt , |54| während das Wasser aus seinen Haaren auf sein Gesicht tropfte und sein klatschnasses Hemd an seiner Haut klebte.
    »Was?«
, brüllte er ebenso laut zurück.
»Was
ist
los?«
    Scarlett brach in Gelächter aus; es war das erste Mal, dass ich sie lachen hörte, seit ich vom Camp zurückge kehrt war. Sie lehnte sich auf dem Fahrersitz zurück, und obwohl sie die Hand fest auf den Mund legte, konnte sie nicht aufhören zu kichern. Ein echter Lachkrampf. Ich dagegen wäre am liebsten gestorben.
    »Äh . . . sollen wir dich vielleicht mitnehmen?«, fragte ich. Er starrte mich immer noch stumm an.
    Als er schließlich etwas sagte, schaute er an mir vorbei zu Scarlett rüber: »Nö, ich komm schon klar. Trotzdem danke.«
    »Macon, es gießt in Strömen.« Scarlett klang wie eine Mutter, die mit ihrem Kind redet; den Tonfall kannte ich nur zu gut. Während Macon an mir vorbei zu ihr blickte, konnte ich seine Augen ziemlich gut sehen. Sie waren gerötet und geschwollen. Er hatte geweint. »Los, zier dich nicht, steig ein.«
    »Ich komm klar«, wiederholte er und trat einen Schritt vom Auto zurück. Als er sich mit der Hand über Gesicht und Haare rieb, spritzten Wassertropfen durch die Gegend. »Bis später, okay.«
    »Macon«, rief sie noch einmal, doch er war bereits weg, lief durch den Regen weiter. Wir mussten an einer Ampel halten; dort bog er in einen schmalen Durchgang zwischen den Häusern ein und verschwand. Das Letzte, was ich von ihm sah, war sein Hemd, ein weißes Aufblitzen vor rotbraunen Ziegelsteinen. Und dann war er wirklich weg, verschwunden, so unvermittelt, dass es einem wie |55| Zauberei vorkam. Keine Spur mehr von ihm. Ich kurbelte mein Fenster wieder hoch. Scarlett seufzte und sagte etwas nach dem Motto, jeder müsse selbst wissen, was er tue. Ich starrte in die schmale Gasse, dorthin, wo ich ihn zuletzt gesehen hatte, und fragte mich, ob er überhaupt da gewesen war.

|56| Kapitel drei
    Was mir als Allererstes in den Sinn kommt, wenn ich an Michael Sherwood denke, sind Früchte. Dunkelgelbe Bananen, leuchtend grüne Kiwis, glatte, samtweiche violette Pflaumen. Denn unsere

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