Someone like you - Dessen, S: Someone like you
deiner Meinung.« Ich öffnete die Beifahrertür.
»Dann mal los.« Aber Scarlett war echt mies drauf und knallte nach dem Aussteigen kräftiger als nötig die Tür zu. Sie marschierte los, den Rucksack über eine Schulter geworfen. Ich folgte ihr. Wir liefen mit den anderen – beziehungsweise wurden einfach mitgerissen und geschoben – über den Lehrerparkplatz bis zum Hof vor dem Hauptgebäude. Es klingelte zur ersten Stunde. Auf einmal wollten alle gleichzeitig ins Schulgebäude, wodurch am Haupteingang ein regelrechter Stau entstand: Menschen und Rucksäcke, Ellbogen und Füße, eine Flutwelle, von der ich mich durch den Flur bis zu dem Klassenraum tragen ließ, wo ich mich jeden Morgen zur Anwesenheitskontrolle melden musste. Scarletts roten Haarschopf ließ ich dabei nicht aus den Augen.
»Hier muss ich rein«, meinte ich, als wir Mr Alexanders Tür erreichten, unüberseh- und unverwechselbar, weil mit Pappfröschen dekoriert.
»Viel Spaß«, rief Scarlett mir zu, öffnete die Tür zu ihrem eigenen Klassenzimmer – im Schulslang hießen die |65| Dinger »Raumbasis« – und verdrehte ein letztes Mal die Augen, bevor sie drinnen verschwand.
Typisch – bei Mr Alexander stank es jetzt schon nach Formaldehyd. Ich setzte mich auf meinen Platz. Er lächel te mir kurz zu, wobei sich sein Schnurrbart kräuselte. Der erste Tag nach den Ferien lief immer gleich ab: die Anwesenheitsliste wurde runtergeleiert, es wurden Stundenplä ne sowie eine Million Memos für unsere Eltern über Schulbusfahrpläne, Cafeteriapreise und Änderungen in der Schulordnung ausgeteilt. Ben Cruzak, der neben mir saß, war jetzt schon zugekifft und schlief mit dem Kopf auf dem Pult. Missy Cavenaugh hinter uns feilte sich die Nä gel . Sogar die Schlange auf Mr Alexanders Pult wirkte gelangweilt, nachdem sie eine Maus zum Frühstück verspeist hatte, und zwar vor den wissbegierigen Streberaugen unserer Naturwissenschaftsfreaks, die sich immer schon
vor
der ersten Stunde in der Schule rumtrieben.
In der ersten Viertelstunde dröhnte ständig irgendeine Ansage durch die Schulsprechanlage, während auf meinem Pult ein turmhoher Memo-Stapel entstand. Als Letztes teilte Mr Alexander unsere Stundenpläne aus. Ich merkte sofort, dass mit meinem etwas nicht stimmte: Angeblich sollte ich Differenzialrechnung belegen, obwohl ich bisher noch nicht einmal Algebra II gehabt hatte; außerdem hatte man mich fälschlicherweise für Franzö sisch III eingeteilt, dabei lernte ich Spanisch. Aber der Horror war: Schulblaskapelle. Ich traute meinen Augen nicht. Doch es stand da, schwarz auf weiß.
»Alles Gute für euren ersten Tag!« Mr Alexander versuchte die Klingel und den Radau, als alle Richtung Tür drängten, zu übertönen. Ich trat zu ihm ans Lehrerpult. »Halley. Was gibt’s?«
|66| »Mein Stundenplan stimmt hinten und vorne nicht. Ich bin für die Blaskapelle eingeteilt, dabei spiele ich nicht einmal ein Instrument.«
»Blaskapelle?«
»Ja, außerdem Differenzialrechnung und Französisch III, aber das sind alles nicht meine Fächer.«
»Mmmh«, meinte er, dabei blickte er allerdings über meinen Kopf hinweg auf die Schüler, die inzwischen ins Klassenzimmer strömten. Sein erster Kurs. »Am besten begibst du dich jetzt zu deinem ersten Kurs und lässt dir dort eine Bescheinigung geben, dass du etwas zu erledigen hast; mit der gehst du anschließend zur Schülerbetreu ung .«
»Aber . . .«
Er stand auf; sein Schnurrbart brachte sich prompt in Stellung, um die neuen Schüler zu begrüßen. »Okay, Leute, setzt euch. Ich lasse einen Plan herumgehen, in dem je der einträgt, wo er sitzen möchte. Daraus wird der Sitzplan für dieses Halbjahr erstellt. Ich schlage daher vor, ihr sucht euch sorgfältig aus, wo ihr sitzen möchtet. Bitte nicht gegen die Scheibe vom Terrarium klopfen, das regt die Schlange auf. In diesem Raum findet übrigens der Biologie-Einführungskurs statt, wer also nichts hier zu suchen hat . . .«
Ich ging auf den Flur. Scarlett lehnte am Feuerlöscher und wartete auf mich. »Hi. Was ist dein erstes Fach?«
»Differenzialrechnung.«
»Bitte? Du hattest doch noch nicht einmal Algebra II.«
»Als ob ich das nicht selber wüsste.« Ich ließ meinen Rucksack auf die andere Schulter gleiten. Von Schule hatte ich jetzt schon die Nase voll. »Mein Stundenplan ist das Vollchaos. Ich bin in der Blaskapelle gelandet.«
|67| »Blaskapelle?«
»Ja.« Ich trat einen Schritt beiseite, um einen Trupp Footballspieler
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