Someone like you - Dessen, S: Someone like you
bis ich endlich an die Reihe und aus diesem Loch wieder rauskam. Schicksalsergeben öffnete ich die Augen.
Aber neben mir hockte nicht Ginny, sondern Macon Faulkner. Und er grinste mich an. »Was hast du ausgefressen?«, fragte er.
»Bitte?« Das
Stirb Stirb Stirb
-Mädchen hatte sich mittlerweile der Rückseite seines Notizbuches zugewandt und malte jeden einzelnen Buchstaben akribisch mit grünem Filzstift aus.
|70| »Was hast du ausgefressen?«, wiederholte er und zeigte auf den Schreibtisch der Sekretärin. »Heute ist der erste Schultag und du hast jetzt schon Ärger?«
»Überhaupt nicht«, antwortete ich. »Nur mit meinem Stundenplan stimmt was nicht.«
»Logo«, sagte er gedehnt, tat aber so, als glaubte er mir kein Wort. Er trug eine Baseballmütze, unter der seine blonden Haare hervorlugten, ein rotes T-Shirt und Jeans. Einen Rucksack hatte er nicht bei sich, bloß ein Heft mit Spiralbindung, in der ein Kugelschreiber steckte. Macon Faulkner war definitiv nicht der Typ, der Schule ernst nahm. »Wahrscheinlich hast du dich mit irgendwem rumgeprügelt und fliegst jetzt.«
»Nein«, entgegnete ich. Ich weiß nicht, ob es bloß daran lag, was für einen elend miesen Tag ich bereits hinter mir hatte, oder ob unversehens Scarletts forsche Art auf mich abfärbte. Jedenfalls konnte ich mich mit ihm unterhalten ohne vor Nervosität in den Boden zu versinken. »Ich bin für lauter falsche Kurse eingetragen.«
»Logo.« Er lehnte sich lässig an die Wand. »Dir ist klar, wie du dich da drinnen verhalten musst, oder?«
Ich sah ihn an. »Bitte?«
»Wie du dich verhalten musst.« Er erwiderte meinen Blick und kniff die Augen zusammen. »Nein? Wusst’ ich’s doch. Du brauchst Hilfe, dringend. Also gut, hör zu. Erste und wichtigste Regel: niemals nichts zugeben.«
»Ich habe nichts ausgefressen und kriege deswegen auch keinen Ärger.«
»Zweitens«, fuhr er mit erhobener Stimme fort ohne auf meinen Einwand zu achten. »Versuch sie zu verwirren, indem du wie zufällig deinen Therapeuten erwähnst. Zum Beispiel könntest du so was sagen wie: ›Mein Therapeut |71| meint, ich habe ein Autoritätsproblem.‹ Tue so, als wür dest du das echt ernst nehmen. Das mit dem Therapeuten, meine ich, was er sagt und so. Schon allein das Wort bringt dir normalerweise ein paar Pluspunkte ein, so dass sie nicht mehr ganz so streng mit dir sind.«
Ich lachte. »Klar doch.«
»Das stimmt, wirklich. Und falls es nicht hinhaut, probier’s mit dem Jedi-Trick. Aber nur, wenn du tatsächlich keine Alternative hast.«
»Mit was für einem Trick?«
»Dem Jedi-Trick.« Wieder sah er mich an. »Noch nie
Krieg der Sterne
gesehen?«
Ich versuchte mich zu erinnern. »Doch, natürlich.«
»Der Jedi-Trick funktioniert folgendermaßen: Du willst, dass jemand etwas Bestimmtes denkt, also sagst du ihm das, was er denken soll. Und er wird es denken. Tun wir doch mal so, als wäre ich Mr Mathers und würde sagen: ›Macon, heute ist erst der erste Tag des neuen Schuljahrs und du bist schon wieder mal zu weit gegangen. Findest du das wirklich eine gute Art, das Schuljahr zu beginnen?‹ Und du wärest in dem Fall ich. Was würdest du antworten?«
Ich schüttelte den Kopf. »Keine Ahnung.«
Er verdrehte die Augen. »Du würdest anworten: ›Mr Mathers, Sie werden noch einmal ein Auge zudrücken, gerade weil heute der erste Schultag ist. Es war wirklich bloß ein Versehen und das Feuer wurde so schnell wieder gelöscht, wie es entstanden ist.‹«
»Das Feuer? Welches Feuer?«
Er wedelte die Frage lässig weg. »Das Entscheidende ist, dass du genau so redest, vollkommen gelassen und selbstbewusst. Das ist der Punkt. Was wird er darauf antworten?«
|72| »Dass du wohl verrückt geworden bist?«
»Nein. Er wird sagen: ›Na gut, Macon, ich werde noch einmal ein Auge zudrücken, weil heute der erste Schultag ist, weil es wirklich bloß ein Versehen war und das Feuer so schnell wieder gelöscht wurde, wie es entstanden ist.‹«
Ich lachte. »Niemals.«
»Doch, garantiert.« Ein bestätigendes Nicken folgte. »So läuft das mit dem Jedi-Trick, glaub mir.« Und als er mich anlächelte, glaubte ich ihm – beinahe.
»Aber ich habe wirklich keinen Ärger.« Ich gab ihm meinen Stundenplan. »Ich fürchte, ich kann den Jedi-Trick gar nicht anwenden, es sei denn, er hilft mir dabei, mich aus dem Chaos hier rauszufummeln.«
Er studierte den Stundenplan eingehend. »Differenzialrechnung.« Sah mich an, hob die Augenbrauen. »Echt?«
»Nein.
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