Someone like you - Dessen, S: Someone like you
zu entspannen und steckte die Hände in die Hosentaschen. »Ich kann dir sagen, diese Baumstümp fe . . . an denen ist schon mancher gescheitert.«
»Leuchtet ein«, antwortete Macon. Ich sah zum Haus hinüber. Meine Mutter stand immer noch hinter der Tür und beobachtete uns. Ihren Gesichtsausdruck konnte ich allerdings nicht erkennen. »Das Teil hier hat Sensoren und so, das macht die Sache natürlich leichter.«
»Sensoren?« Mein Vater kam näher zu Macons Rasenmäher heran und warf einen aufmerksamen Blick auf die Armatur mit ihren zahlreichen Schaltern und Anzeigen. Ich konnte ihm an der Nasenspitze ansehen, wie hin- und hergerissen er war: Einerseits wollte – und musste – er im Sinne meiner Mutter alles richtig machen; andererseits war er einfach völlig vernarrt in Gartengeräte, besonders wenn sie technischen Schnickschnack hatten. »Wirklich? Sensoren?«
»Hieran kann man erkennen, wie viel man bereits gemäht hatte.« Macon deutete auf das Display. »Und weil |118| man hier ablesen kann, wenn etwas für das aerodynamische Flügelmesser zu hoch ist, lässt sich der Rasenmäher leicht drum herumsteuern. Die Funktion heißt Gelände sondierung . Ist so was wie eine vollautomatische Schnitthöhenverstellung.«
»Vollautomatische Schnitthöhenverstellung«, wiederholte mein Vater versonnen.
Wir hörten es alle: das Geräusch, als die Haustür geöffnet wurde, und die Stimme meiner Mutter, die alle Gartenträumereien jäh unterbrach. Meine Mutter hat manchmal einen Ton am Leib, den sie einfach nicht kontrollieren kann, schrill und keifend. »Brian? Kommst du mal, bitte?«
Ohne die Augen von dem Rasenmäherwunder abzuwenden trat mein Vater einige Schritte zurück und rief: »Natürlich, sofort.« Erst dann drehte er sich um und ging zu ihr. Noch während er die Stufen zur Veranda hochlief, sah ich, dass ihre Lippen sich bereits bewegten. Sie war stinksauer.
»Danke«, sagte ich zu Macon. »Du hast mich gerettet.«
»Kein Thema.« Er schob den Rasenmäher zurück zur Straße. »Aber jetzt muss ich das Teil zurückbringen. Bis bald, okay?«
»Okay.« Ich sah zu, wie er in seinen Pick-up stieg, die Mütze abnahm und auf den Beifahrersitz warf. »Bis bald.«
Er fuhr los. Als er um die Ecke bog, hupte er. Zweimal. So langsam ich nur konnte, ging ich die Auffahrt entlang zurück zum Haus. Meine Mutter stand auf der Veranda und wartete auf mich.
Noch bevor mein Fuß die erste Stufe berührte, sagte sie: »Halley, ich dachte, die Abmachung lautete, dass du fürs Rasenmähen zuständig bist.«
|119| »Ich weiß«, erwiderte ich. Mein Vater schaute über meinen Kopf hinweg in die Ferne, als gäbe es dort etwas ungeheuer Spannendes zu entdecken, und wich meinem Blick aus. »Er wollte mir bloß helfen.«
»Wer ist das?«
»Irgendwer. Ein Junge, den ich eben kenne.«
»Und woher kennst du ihn?«
»Wir haben zusammen Sport.« Ich schob mich an ihr vorbei, öffnete die Tür, wollte so schnell wie möglich die Flucht ergreifen. »Wirklich alles ganz harmlos.«
»Ich fand, dass er einen ganz netten Eindruck machte.« Kleines Versöhnungsangebot meines Vaters. Doch nach wie vor sah er keine von uns beiden an, sondern auf den frisch gemähten Rasen.
»Ich weiß nicht«, sagte meine Mutter in gedehntem Ton. Ich tat so, als hätte ich sie nicht gehört, und ging die Treppe hoch. Wandte mich ab, um meine Geheimnisse vor ihr zu schützen. »Ich weiß nicht«, wiederholte sie, »ganz und gar nicht.«
|121| Teil II
Weil du du bist
|123| Kapitel fünf
»Ich muss unbedingt mit dir sprechen«, zischte Scarlett mir ausgerechnet in einem Moment zu, als ich eine Tonne Obst und Gemüse für eine Frau abwiegen musste, in deren Einkaufswagen zwei brüllende Kleinkinder saßen. »Wir treffen uns auf dem Klo.«
»Was hast du gesagt?« Ich hatte in dem Chaos und Lärm nicht richtig zugehört, war abgelenkt von Orangen und Pflaumen, die über das Laufband meiner Kasse kullerten.
Doch sie erklärte nichts, gab mir auch keine Chance, noch irgendetwas zu sagen. »Beeil dich«, meinte sie bloß und verschwand durch den KONSERVE N-Gang . Die Schlange an meiner Kasse war endlos, die Leute standen entlang der Tische, auf denen sich Halloweenartikel stapelten, bis hin zur Abteilung für DAMENHYGIENE. Es dauerte noch eine Viertelstunde, bis ich mich endlich loseisen und zum Klo düsen konnte. Sie stand mit verschränkten Armen vor den Waschbecken und wartete bereits ungeduldig.
»Was ist los?«, fragte ich.
Doch sie schüttelte
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