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Someone like you - Dessen, S: Someone like you

Someone like you - Dessen, S: Someone like you

Titel: Someone like you - Dessen, S: Someone like you Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Dessen
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die bereits zu vibrieren begannen.
    »Mann, macht das einen Krach«, sagte Macon.
    »Um diese Zeit ist es besonders übel«, erklärte ich ihm. »Am frühen Abend herrscht jede Menge Flugzeugverkehr.« Im Haus war es stockfinster. Ich tastete an der Wand entlang nach dem Lichtschalter. Doch in dem Moment, als die Lampe anging, gab es einen leisen Knall, einen Blitz – und wir standen wieder im Dunkeln.
    »Moment.« Ich ließ meinen Rucksack fallen. Macon trat hinter mir durch die Tür und brachte ein paar Blätter mit in den Flur, die über seine Schuhe wehten. »Lass mich eben woanders Licht machen.«
    Da spürte ich, wie sich seine Arme von hinten um mich schlangen, fühlte seine Hand kühl auf meinem Bauch, spürte seine Küsse im Dunkeln, im Haus meiner Eltern. Schlafwandlerisch sicher fand er – sogar rückwärts – seinen Weg durch die dunklen, leeren Räume bis zum Sofa im Wohnzimmer, wo er mich sanft auf die bestickten Zierkissen meiner Mutter legte. Ich erwiderte seine Küsse, ließ zu, dass seine Hand unter mein T-Shirt glitt, fühlte die |223| Wärme seiner Beine an meinen. Aus der Ferne näherte sich leise grollend ein weiteres Flugzeug.
    Doch nach einigen Minuten richtete ich mich auf, schnappte nach Luft. »Mein Vater könnte jeden Moment aufkreuzen, Macon.«
    Er hörte jedoch nicht auf, mich zu küssen, meinen Kör per mit seinen Händen zu erkunden. Die Vorstellung, dass mein Vater plötzlich in der Tür stand, schien ihn im Gegensatz zu mir nicht im Geringsten in Panik zu versetzen.
    »Macon! Ich meine es ernst, hör auf.« Ich drängte ihn leicht von mir.
    »Ist ja gut.« Er richtete sich auf, wodurch ein Kissenturm hinter uns gefährlich ins Schwanken geriet. Meine Mutter steht auf Kissen. »Hast du denn gar keinen Bock auf ein kleines Abenteuer?«
    »Du kennst meinen Vater nicht.« Als wäre mein Vater ein Ungeheuer, das kleine Jungs mit dem Schießgewehr aus Haus und Hof verjagt. Trotzdem war es schon riskant genug, Macon überhaupt ins Haus gelassen zu haben; wenn mein Vater uns im Stockfinstern zusammen auf dem Sofa erwischte, wäre die Katastrophe perfekt.
    Ich stand auf und schaltete auf dem Weg in die Küche sämtliche Lichter ein. Er folgte mir. Aus irgendeinem Grund sah nun, da er hinter mir herging, alles im Haus – alles, was mir so vertraut war – ganz anders aus als sonst. Was er wohl von allem hielt?
    »Möchtest du etwas zu trinken?« Ich öffnete die Kühlschranktür.
    »Nö.« Er setzte sich an den Küchentisch.
    Ich suchte im Kühlschrank gerade nach einer Cola für mich selbst, da hörte ich unvermittelt die Stimme meines |224| Vaters. Als stünde er direkt hinter mir. Mir blieb fast die Luft weg.
    Hallo, Leute, hier spricht Brian. Ich stehe gerade im Ein
kaufszentrum
von Lakeview bei der neuen Reinigung und ich muss euch sagen, ich war ja schon in vielen Reinigungen, aber diese hier ist wirklich eine Sache für sich. Die Inhaber, Mary und Herb Simpson, sind absolute Experten, was das Reini
gungsgeschäft
betrifft, und . . .
    Mir wurde vor lauter Panik abwechselnd heiß und kalt, das Blut hämmerte wie wild hinter meinen Schläfen, sogar noch, als ich kapierte, dass die Stimme aus dem Radio kam. Denn als ich mich umdrehte, stand Macon bei dem Apparat, die Hand noch an der Einschalttaste, und grinste mich an.
    »Sehr witzig«, meinte ich. Macon drosselte die Lautstärke, so dass von meinem Vater nur noch Gemurmel zu hören war. Irgendwas über Wäschestärke und Express-Service.
    Macon meinte, er würde gern mein Zimmer sehen. Obwohl ich wusste, weshalb, ging ich mit ihm nach oben. Auf der dunklen Treppe hielten wir Händchen. Er lief um mein Bett herum und beugte sich vor, um die blauen Schleifen zu begutachten, die neben dem Spiegel hingen, das Resultat meiner erfolgreichen Jahre beim Kinderturnen. Er betrachtete die Fotostreifen aus dem Automaten, auf denen Scarlett und ich herumalberten und fröhlich in die Kamera grinsten. Er legte sich quer auf mein Bett, als gehörte es ihm. Als er mich küsste, behielt ich zunächst die Augen offen und starrte über seinen Kopf hinweg auf die Porzellanpuppe (ein Sammlerstück), die Oma Halley mir zum zehnten Geburtstag geschenkt hatte und die oben auf meinem Bücherregal stand. Die Puppe war angezogen |225| wie Scarlett O’Hara in
Vom Winde verweht;
sie trug ein grün-weiß gestreiftes Kleid und einen dazu passenden Hut. Die Puppe zu sehen genügte, um ein schlechtes Gewissen zu haben; es gab mir einen Stich, bevor ich rasch die

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