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Somers, Jeff - Avery Cates 01 - Der elektronische Mönch

Somers, Jeff - Avery Cates 01 - Der elektronische Mönch

Titel: Somers, Jeff - Avery Cates 01 - Der elektronische Mönch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeff Somers
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von der Wand zurück, die Waffe im Anschlag. Ich hatte noch eine Patrone mehr, als ich unbedingt brauchte.
    Die Frau stand genau an der Ecke. Sie sah nicht sonderlich bemerkenswert aus: dunkles Haar, olivenfarbene Haut, stämmig und recht bedrohlich. Als ich in ihr Blickfeld trat, trafen sich einen Sekundenbruchteil lang unsere Blicke – ihre Augen waren von einem Grün, das ich noch nie gesehen hatte. Und dann erkannte ich etwas äußerst Beachtliches: Furcht.
    Ich hatte schon erlebt, wie System-Bullen lauthals gelacht und sich völlig ungezwungen unterhalten hatten, während sie einen Verdächtigen zu Tode prügelten, und ich hatte mitbekommen, wie sie, deutlich in der Unterzahl und viel zu schlecht bewaffnet, ganze Scharen von Gegnern erledigt hatten. Und dabei waren sie noch nicht einmal außer Atem geraten. Aber ich hatte noch nie einen Cop erlebt, der Angst gehabt hatte.
    Dann bewegte sie sich, und es war sehr, sehr knapp: Entscheidend war hier nicht etwa mein Geschick, sondern meine schöne Panzerbrecher-Patrone. Es war pures Glück. Die Frau täuschte nach links an – es waren nur das Zucken eines Muskels in ihrem Gesicht und eine kaum merkliche Bewegung, doch es reichte aus, um mich zusammenschrecken zu lassen, dann sprang sie furchtlos nach rechts, riss sich an scharfkantigen Gesteinsbrocken und lose herumliegenden Metallteilen die Uniform auf und fand hinter einer halb eingestürzten Mauer Deckung.
    Ich folgte ihrer Bewegung und feuerte zwei Mal genau auf das Mauerstück. Als ich dann hinüberschlich und um die Ecke spähte, lag die Frau dort und starrte mich aus gebrochenen Augen an. Ihre Brust war weit aufgerissen.
    Unendliche Erschöpfung packte mich. Von den Knien abwärts waren meine Hosenbeine blutdurchtränkt. Meine Schulter schmerzte höllisch; beim Sprung durch das Fenster war ich härter gegen die Wand gekracht, als ich zunächst gemerkt hatte. Ich hatte keine Zeit, lange nachzudenken oder mich auszuruhen; in nicht allzu weiter Ferne hörte ich schon wieder den Schweber, der unablässig nach mir suchte. Ich stopfte mir die jetzt leere Pistole in die Manteltasche und humpelte zurück zu dem schwarzen Cop, so schnell ich konnte. Dann beugte ich mich über ihn und starrte ihn an. Immer noch atmete er gurgelnd, schmerzhaft krampfartig; er starrte zu mir empor, die Augen blutunterlaufen und weit aufgerissen.
    »Wenn Sie das hier überleben«, sagte ich langsam und keuchend, »dann richten Sie Colonel Moje von Avery Gates aus, er solle seine Drecksarbeit selber erledigen.«
    Einige Momente lang starrten wir einander bloß an, dann hörte ich ein Geräusch, das mich herumwirbeln ließ: Stiefel, die hart auf Schutt aufprallten, als sei jemand aus dem ersten Obergeschoss eines Gebäudes gesprungen. So erschöpft ich auch war, hatte ich doch noch genug Kraft, um ernstlich erstaunt zu sein, denn Dick Marin kam entschlossenen Schrittes auf mich zu, eine äußerst hinterhältig aussehende Waffe im Anschlag.
    Er sah genau so aus wie beim ersten Mal, da wir einander begegnet waren: Ein kleiner Mann, der ständig lächelte, mit blasser, fahler Haut und einer Sport-Sonnenbrille; er trug einen teuren Anzug und einen ebensolchen Mantel. Seine hochglanzpolierten Lederschuhe schimmerten im Schein der Sonne, als Marin über Steine und Trümmer hinweg auf mich zukam. Er hielt die Waffe am ausgestreckten Arm, während er näher und näher kam – und dabei lächelte er! Ich hatte nichts mehr, womit ich mich gegen ihn hätte wehren können. Wenn er mich jetzt erschießen will, fehlt, mir die Kraft, mich fallen zu lassen.
    »Es tut mir leid, Mr Cates«, sagte er ruhig. »Aber das werden Sie Colonel Moje wohl doch persönlich sagen müssen.«
    Er blieb stehen, als er den röchelnden SSD-Officer erreicht hatte. Ohne innezuhalten, ohne ein Wort zu sagen, schoss er dem Bullen zwei Mal genau ins Gesicht. Der Cop zuckte noch einmal und blieb dann reglos liegen.
    Sofort blickte Marin wieder zu mir herüber: eine ruckartige Kopfbewegung. Dann wurde sein Grinsen noch breiter.
    »Lächeln Sie, Mr Cates. Heute ist ganz eindeutig Ihr Scheiß-Glückstag!«

XXVI
    Wir lassen nicht locker, was?
     
    00111
     
     
    Während Dick Marin sprach, starrte ich ungläubig an meinem Mantel herab; ich war wie gebannt von dem sauberen Einschussloch, das ganz in den Nähe des Saums klaffte. Ich hatte es nicht einmal bemerkt.
    »Sie haben eine sonderbare Einstellung Ihren Untergebenen gegenüber, Director Marin«, sagte ich, und meine Stimme klang

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