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Somers, Jeff - Avery Cates 01 - Der elektronische Mönch

Somers, Jeff - Avery Cates 01 - Der elektronische Mönch

Titel: Somers, Jeff - Avery Cates 01 - Der elektronische Mönch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeff Somers
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plötzlich gepackt, und um mich herum drehte sich alles, als der verdammte Cyborg mich aus dem Schlitten hob und mühelos in die Höhe stemmte. Schweiß und Blut tropften auf Dawsons weißes Mönchsgesicht.
    »Ich bin perfekt, Mr Cates. Sie haben mich perfekt gemacht. Ich brauche nicht einmal mehr meine Dienstmarke. Ich kann einfach durch die Straßen gehen, und all ihr verdammten Ratten verzieht euch. Nachts gehe ich auf die Jagd. Es spricht sich herum, und alle Ratten verkriechen sich in ihren Löchern, weil sie wissen, dass Barnaby Dawson kommt.« Er neigte den Kopf zur Seite, in einer wohlvertrauten, vogelartigen Geste, und ich hing in seinen Armen wie ein frischgeschlachtetes Stück Fleisch. »Und ich genieße das, Mr Cates. Aber ich habe eine Aufgabe zu erledigen, wissen Sie? Ich bin nicht gänzlich unprogrammiert. Sie sind der letzte Punkt auf der Liste, der noch abgearbeitet werden muss, und danach kann ich mich ein paar Jahrhunderte lang einfach amüsieren.« Er blickte sich um; eine verstörend menschliche Bewegung. »Also, ich frage mich: Was machen wir denn hier unten? Seit ich zu ›Barnaby Dawson, Modell II‹ geworden bin, habe ich nach Ihnen gesucht, Mr Cates. Ich habe nach Ihnen gesucht, mit allen Mitteln, die mir zur Verfügung gestanden haben: Ich habe auf die Datenströme der Kirche zugegriffen, ich habe alte Kontakte beim SSD spielen lassen, und ich habe auch auf die gute altmodische Art ein paar Ratten gefoltert- und erst jetzt kommt mir eine Ahnung, was Sie wohl vorhaben mögen. Sie sind hinter Squalor her, nicht wahr?« Er lachte, ein unnatürlicher Laut, der nicht im Mindesten nach echtem Lachen klang. »Sagen Sie mir: Haben Sie wirklich gedacht, eine Ratte wie Sie könne das hier durchziehen? Haben Sie wirklich gedacht, Sie wären dazu in der Lage?«
    Ich spürte, wie sich seine Arme anspannten, und schloss die Augen, als er mich durch die Luft schleuderte. Ich krachte gegen die Wand, heftig genug, dass ich schon glaubte, bei dem Aufprall sämtliche Zähne zu verlieren; die Luft wurde mir aus der Lunge gepresst, und ich glitt keuchend zu Boden. Meine Augen traten mir fast aus den Höhlen.
    »Ich weiß, was Sie sich fragen«, fuhr Dawson fort und ging währenddessen wieder auf mich zu. »Sie fragen sich, was um alles in der Welt bei Ihrem ach so brillanten Scheiß-Plan schiefgelaufen ist. Warum haben mich diese Scheiß-Mönche nicht umgebracht? Die Antwort lautet: ich bin ein Prototyp. Der erste Schritt. Pech für Sie. Ganz großes Pech.« Er beugte sich zu mir hinunter und hob mich ohne erkennbare Mühe wieder hoch. »Für alle Ratten.«
    Beiläufig schleuderte er mich erneut zu Boden, mein Schädel krachte auf den Beton, und vor meinen Augen flammte ein purpurner Blitz auf. Dann sah ich überhaupt nichts mehr. Es dauerte eine Weile, bis ich meine Umgebung wieder erkennen konnte. Mein Schädel dröhnte, und einen Augenblick lang wand ich mich nur auf dem Boden, bis mir bewusst wurde, dass ich mich tatsächlich wand. Auf Händen und Knien versuchte ich vor Barnaby Dawson zu fliehen, meinem ganz persönlichen Todesengel.
    »Sie erholen sich ja«, sagte er hinter mir, und verdammt noch mal: Er klang fast fröhlich, so sehr seine Stimme auch durch die Digitalisierung einförmig gemacht wurde. »Das ist gut. Ich möchte, dass all ihre langsamen, trägen Wetware-Synapsen online sind, damit ich mir ganz sicher sein kann, dass Sie es auch wirklich spüren, wenn ich Ihnen meine Hand in den Hals stecke und Ihnen durch den Mund das Rückgrat herausreiße.«
    Während ich weiterkroch, gelang es mir endlich, zitternd richtig tief Luft zu holen; meine Rippen knackten, so plötzlich dehnten sich meine Lungenflügel aus, und endlich fand ich meine Stimme wieder, die blutverkrustet und rau klingen mochte. »Leck mich!«, krächzte ich, und es fühlte sich an, als müsse ich Rasierklingen ausspucken.
    Erneut versuchte sich Dawson an einem Lachen. Ich hatte den Eindruck, diese Geste sei in sein Interface nicht einprogrammiert, und so war nur ein sonderbarer, erstickter Laut zu hören, fast wie überlautes statisches Rauschen, durch einen Vermenschlichungs-Filter geschickt. Ich ignorierte und kroch weiter, fühlte nach und nach, wie immer mehr Teile von mir zum Leben erwachten. Eines hatte sich bei Dawson nicht geändert: Tief in seinem Innersten war er immer noch ein System-Bulle. Das war der einzige Vorteil, den ich ihm gegenüber hatte, und so sorgte ich dafür, dass er weitersprach. Ich blickte auf und

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