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Somers, Jeff - Avery Cates 01 - Der elektronische Mönch

Somers, Jeff - Avery Cates 01 - Der elektronische Mönch

Titel: Somers, Jeff - Avery Cates 01 - Der elektronische Mönch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeff Somers
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auch Ihren Teil der Abmachung einhalten werden, Mr Cates. Ich seeeeeeeehne mich so sehr nach dem Tod.«
    Er zuckte zusammen, dann beugte er sich wieder über mich, und plötzlich wirkte er wieder völlig ruhig. »Ich frage mich«, sagte der Cyborg, und nun schwang in seiner Stimme wieder diese unheilvolle Gelassenheit der Mönche mit. »Ich frage mich, ob Sie mir wohl gestatten würden, mit Ihnen über die Unsterblichkeit zu sprechen, Mr … Cates, nicht wahr? Es dauert nur wenige Minuten, und ich wüsste es wirklich sehr zu schätzen, wenn Sie sich die Zeit nähmen.«
    Es gab einen kurzen Augenblick, nur einen Sekundenbruchteil, in dem alles sich in einem Gleichgewichtszustand zu befinden schien. Der Schmerz in mir war angewachsen, bis ich mir sicher war, ich werde jeden Moment explodieren, wie ein Luftballon, doch es geschah nicht. Bruder West stand reglos vor mir und schaute mich an, sein Gesicht in diesem milden Lächeln erstarrt – und das war das Einzige, was ich sehen konnte. Es gab keinerlei Geräusche hier. Ich konnte mich immer noch kein bisschen bewegen.
    Dann aber explodierte der Schmerz, zerbarst in Millionen und Abermillionen winziger Scherben, die mein ganzes Inneres in Stücke rissen, alles zerfetzten und meine Knochen bersten ließen. Mein Körper erstarrte, mein gesamtes Dasein war eine einzige schmerzerfüllte Konvulsion. Ich spürte, wie mein Herz sich zusammenkrampfte, ganz, ganz langsam wieder in Gang kam und kühlendes Blut in meine Adern und Venen pumpte. Ich öffnete den Mund, wollte schreien, doch es kam nichts heraus; meine Lungenflügel waren kollabiert und wollten sich nicht bewegen. Ich setzte mich auf und stockte; ich zitterte am ganzen Leib. Mit weit aufgerissenen Augen starrte ich Bruder West an.
    »Mr Cates«, sagte der Cyborg, »gestatten Sie mir, Ihnen einen endlosen …«
    Ein Schuss zerriss die Luft, und Bruder Wests Unterleib, den Ty Kieth erst kürzlich wieder repariert hatte, explodierte in einer Wolke aus Drähten und flauschig-weißem Dämmstoff. Mit einem sonderbaren Keuchen brach der Mönch zusammen. Es fühlte sich an, als würden in meinem Blut jede Menge Splitter schwimmen, die mir die Adern aufrissen, während das Blut durch meinen Körper pulsierte. So saß ich in einem sonderbaren, schwarzen Metallcontainer: Ich zitterte am ganzen Leib und war völlig außerstande, mich zu bewegen.
    Ich hörte, dass sich schwere Schritte näherten. Ich war gerade in der Lage, ein winziges bisschen Luft durch meine zusammengeschnürte Kehle zu saugen. Nach einigen weiteren Sekunden gelang es mir, meine Lungenflügel dazu zu zwingen, sich wieder zu entfalten; ich beugte mich vor und würgte, auch wenn sich nichts in meinem Magen befand, das ich hätte erbrechen können; in diesem Moment sah ich, wie ein weiterer Mönch in mein Blickfeld trat. Vorsichtig stieg er über Wests Überreste hinweg. Ich sah ihn zwar nur aus dem Augenwinkel, doch irgendetwas stimmte eindeutig nicht mit ihm: Seine Kutte war zerrissen und fleckig, sein Gesicht verschmutzt – auch wenn er die ewig zufriedene Miene der Mönche zeigte.
    Und als dieser Mönch sich mir zuwandte und mich ansprach, wusste ich plötzlich, wer das war. Ich zitterte, ich war immer noch halb gelähmt, und ein heftiger Adrenalinstoß durchfuhr meine Adern, weckte mich wie ein unendlicher Schwall Eiswasser – und ließ mich beinahe ersticken.
    »Mr Cates«, sagte das Ding, das einmal Barnaby Dawson gewesen war, »hier dürfen sich nur Mönche und Leichen aufhalten. Einer von uns beiden hält sich nicht an die Spielregeln.«

XXIX
    Mein ganz persönlicher Todesengel
     
    01001
     
     
    Außerhalb des kleinen Raums ertönte ein Alarm.
    Abgesehen davon, dass seine Mönchskutte zerrissen und staubig war, sah Barnaby Dawson genau aus wie jeder andere Mönch, den ich jemals gesehen hatte: Humanoid, genau wie alle anderen einen Meter achtzig groß, weiße, künstlich wirkende Haut, die Augen von einer dunklen Brille verdeckt. Auch sein Gesichtsausdruck entsprach dem jedes anderen Mönchs – es war eine schwer beschreibbare Mischung aus Belustigung, Besorgnis und Arroganz, auch wenn ich mir nicht sicher war, ob ich mir das nicht bloß einbildete. Zitternd saß ich da und war endlich in der Lage, meine Hände wieder zu Fäusten zu ballen und Dawson mit den Augen zu folgen -doch viel mehr als das vermochte ich noch nicht zu tun. Ich konnte meine Arme nicht heben, ich konnte mir nicht einmal vorstellen, jetzt gegen irgendjemanden zu kämpfen, schon

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