Somers, Jeff - Avery Cates 01 - Der elektronische Mönch
Gewohnheit erneut meine Waffe. »Du hast es für Geld getan. Du hast dich selbst getötet.« Ich zwang meine Hände dazu, die vertrauten Bewegungsabläufe noch schneller zu vollführen, ganz automatisch. »Meinst du vielleicht, ich hätte mir dich ausgesucht? Ich weiß doch noch nicht mal, wie du wirklich heißt!«
»Ach, Mr Cates.« Er seufzte. »Belling. Wallace Belling. Meine Kollegen nennen mich Wa. Ich hatte das Privileg, vor dreizehn Jahren mit Cainnic Orel zusammenzuarbeiten. Was das Geld angeht – zeig mir irgendeine Möglichkeit, wie das nicht mit meinem völlig bedeutungslosen Tod endet, und ich werde mich voller Freude daranmachen, diese ganze gottverlassene Welt in Stücke zu reißen.«
Nachdem wir genug der Nettigkeiten ausgetauscht hatten, richtete ich mich wieder auf. Der Kardinal stand nicht mehr im Eingang, also ging ich in die Hocke, legte mich dann flach auf den Boden. Ich spähte durch den schmalen Schlitz, der sich zwischen dem schwebenden Sarg und dem Fußboden ergab, und blickte nach links und rechts. Ich sah Gatz; er saß mit dem Rücken zur Wand. Der Kardinal stand genau vor ihm. Seine Stiefel waren auf Hochglanz poliert. Die Körperhaltung war mir sofort vertraut. Ich hatte zu meiner Zeit schon genug Leute hingerichtet, und ich hatte auch oft genug dabei gestanden, wie jemand hingerichtet worden war, um diese Körperhaltung augenblicklich wiederzuerkennen.
Eine Sekunde lang erstarrte mein ganzer Körper, und mein Herz pumpte Eissplitter und Rasierklingen durch sämtliche Adern.
Als müsse ich mich durch zähflüssigen Schlamm kämpfen, legte ich die Waffe an und feuerte vier Schüsse auf die Stiefel ab; die Nähte platzten, Einschusslöcher erschienen, und die Panzerbrecher-Patronen rissen alles im Inneren der Stiefel in Stücke. Jeder Mensch wäre jetzt schreiend zu Boden gestürzt.
Der Kardinal rührte sich nicht einmal. Ich stellte mir vor, wie die Kugeln Drähte zerfetzten, Titanlegierungen durchschlugen, kleine Motoren und geätzte Schaltungen bersten ließen. Doch der Squalor-Klon zuckte nicht einmal zusammen.
Eine Sekunde später hörte ich einen lauten Knall. Gatz zuckte noch einmal, dann regte er sich nicht mehr. Die Eissplitter und Rasierklingen wurden in meinen Schädel hinaufgepumpt, und mein Sichtfeld schien sich zu verengen. Ich ignorierte die Schmerzen im Rücken, sprang auf die Beine, plötzlich ganz gewandt und agil. Ich spürte, wie eine Hand meinen Mantel packte.
»Runter, du Idiot!«, schrie Belling.
Ich ignorierte ihn und sprang erneut los, direkt auf den Sarg, balancierte vorsichtig auf der Kante, als der Schweber hin und her schwankte. Belling ließ los.
Hinter mir hörte ich weitere Flüche und weitere Schüsse. Unter mir stöhnte Kieth auf, während Dawson nur zischte. Vor mir stand der Kardinal, ein perfektes Abbild Dennis Squalors, und blickte auf Kev Gatz’ leblosen Leichnam hinab. Eine dunkelrote Blutlache breitete sich immer weiter aus. In dieser Welt der Cyber-Kirche, die nur aus Grautönen zu bestehen schien, kam mir die Farbe umso entsetzlicher vor.
»Interessant«, sagte Squalor. Seine Stimme klang sanft und völlig natürlich, ohne jeglichen Akzent. »Ein Psioniker.«
Ich sah nur noch den Kardinal. Ohne zu zögern, stürzte ich mich auf ihn, mit aller Kraft, die mir mein Schwung und die Schwerkraft zubilligten. Meine Knochen schienen hin und her gewirbelt zu werden, vor meinem Auge verschwamm alles, als ich mein Ziel traf und es aus dem Gleichgewicht brachte. Wir krachten gegen die Wand, unmittelbar neben der immer noch offen stehenden Tür, und der Kardinal stürzte genau auf mich. Ich konnte nicht mehr atmen, und sein rundes, pausbäckiges Gesicht berührte das meine. Es fühlte sich echt an - nur dass seine Brille verrutscht war und jetzt schräg in seinem Gesicht hing. Ich blickte in eine winzige Kamera.
»Ihr Handeln wird zum Chaos führen, Mr Cates«, sagte der Kardinal mit ruhiger, sachlicher Stimme. »Es wird Ausschreitungen geben, Gesetzlosigkeit, Sachschäden. Das darf nicht zugelassen werden.«
Seine Worte waren völlig bedeutungslos, waren lediglich Geräusche. Ich spürte keinerlei Schmerz, nur entsetzliche, eisige Wut. Ein gutturales, ebenso bedeutungsloses Grollen entrang sich meiner Kehle, und ich stieß zu, rollte die Maschine von mir herunter, blieb dabei dicht bei ihr, sodass ich jetzt auf dem Cyborg saß. Rittlings klammerte ich mich daran fest und rammte ihr meine Waffe in den Mund, starrte keuchend diese verrückte
Weitere Kostenlose Bücher