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Somers, Jeff - Avery Cates 01 - Der elektronische Mönch

Somers, Jeff - Avery Cates 01 - Der elektronische Mönch

Titel: Somers, Jeff - Avery Cates 01 - Der elektronische Mönch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeff Somers
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keine drei Meter von ihm entfernt stand – seine lange Nase zitterte, sein Gesicht war kalkweiß. Unsere Blicke trafen sich, doch ich hatte keine Zeit für ihn und seine Sorgen. Ich hatte überhaupt

keine Zeit, Punkt. Aber ich hatte immer noch ein Ass im Ärmel, hatte noch einen Trumpf parat: Das Geld lief über mich. Solange Belling nicht an die Kohle ran konnte, brauchte er mich, und das mochte ihn vielleicht davon abhalten, mich umzubringen, wenn ich ihn dringend dafür brauchte, mir den Rücken freizuhalten.
    »Du kriegst dein Geld, Cainnic«, sagte ich daher vorsichtig-
    »Und woher weiß ich das?«
    »Weil ich die Absicht habe, selbst bezahlt zu werden«, grollte ich. »Warum zur Hölle sonst sollte ich hier immer noch stehen?«
    Belling schüttelte den Kopf, stieß sich von der Wand ab und kam langsam auf mich zu. »Weil du ein gottverdammter Kreuzritter bist, Gates! Du glaubst, dass es doch noch irgendwo so etwas wie Gerechtigkeit gibt. Du glaubst, wenn du dich weiter anstrengst, kannst du dem ganzen System eine Kugel durch den Kopf jagen, und dann wäre alles wieder so, wie du es kanntest, als du noch verfluchte fünf Jahre alt warst und bei deinem Daddy auf dem Schoß gesessen hast, oder nicht? Scheiß drauf! Sieh dich doch mal um! Ich und der wunderbare Mr Kieth sind alles, was dir noch geblieben ist. Ich kann ja nicht für Mr Kieth sprechen – dem ich seine Schulden bereits erlassen habe, in einem Anfall purer Sentimentalität allem gegenüber, das nicht aus Silicium und Titan besteht –, aber ich werde keinen einzigen verdammten Schritt tiefer in dieses Scheiß-Mausoleum hineingehen, solange ich nicht etwas genauer weiß, wie meine Belohnung aussehen wird. Ich brauche einen Grund, Mr Gates. Wer wird mich bezahlen?«
    Unmittelbar vor mir blieb er stehen. Ich war in einer Stimmung, in der ich sofort bereit gewesen wäre, jemanden umzubringen, und so hielt ich seinem Blick stand, während wir so dicht voreinander standen, dass mein Kinn fast das seine berührte. Dieser Kerl hatte völlig grundlos Marilyn Harper umgebracht, und ebenso grundlos machte ich ihn auch für Gatz’ Tod verantwortlich. Ich zog ernstlich in Erwägung, ihn einfach umzubringen, hier und jetzt. Dann wäre er bloß ein weiteres Opfer dieses Einsatzes gewesen – und ich hätte mich dabei noch nicht einmal sonderlich schlecht gefühlt.
    »Ich«, antwortete eine Stimme klar und deutlich hinter uns.
    Ich schloss die Augen. Verdammt, damit hätte ich rechnen müssen! Ohne die Augen zu öffnen, sackte ich ein wenig in mich zusammen und sagte: »Darf ich euch unseren Finanzier vorstellen? Das ist Richard Marin, Leiter der Abteilung für Innere Angelegenheiten des System-Sicherheitsdienstes.«
    »Auch bekannt als ›der Oberschnüffler‹«, ergänzte Marin fröhlich. »Aber ihr könnt mich ›Dick‹ nennen.«
    Ich drehte mich um und öffnete die Augen. Da stand er, in seinem schicken Anzug, eine Brille auf der Nase, das Haar perfekt frisiert. Er lächelte.
    »Mr Gates, schauen Sie mich nicht so böse an! Ich bin so rasch hierher gekommen, wie ich nur konnte. Sie haben mir ein Ablenkungsmanöver und einen guten Grund geliefert, sodass ich unbemerkt hereinschlüpfen konnte.«
    Ich starrte ihn an, und mein Bedürfnis, irgendjemanden umzubringen, kehrte schlagartig zurück. »Ein Ablenkungsmanöver.«
    Er nickte, dann blieb er wie angewurzelt stehen, neigte den Kopf in der mittlerweile wohlvertrauten Bewegung zur Seite, als lausche er auf irgendetwas in der Ferne. Einige Augenblicke warteten wir schweigend ab, dann blickte er mich wieder an. »Ja, das ist leider so. Ich konnte ja schließlich nicht Sie hineinlotsen, wissen Sie? Und ich konnte erst selbst hineingehen, sobald es hinreichende Hinweise auf eine Straftat gab, um meine Gerichtsbarkeit gemäß der Notstandsklausel auch auf diese Stadt auszuweiten, und falls im GK-Netzwerk genug Unruhe herrschte, um mein Kommen zu verdecken. Dafür haben Sie gesorgt. Ausgezeichnet. Aber jetzt, wo ich schließlich hier bin, kann ich die Dinge ein wenig … beeinflussen. Wenn Sie mir folgen würden, könnten Sie dann endlich Ihr Geld verdienen.«
    »Ihnen folgen?«, wollte Belling wissen. »Ihnen wohin folgen?«
    Dick Marin nickte, als pflichte er irgendetwas bei. »Zu Dennis Squalor natürlich. Damit Sie ihn töten können.«
    Wir folgten Marin, der mit flottem Schritt durch die Tür trat und dann einen völlig identisch aussehenden Korridor hinabschritt. Ich hatte Tausende Fragen, doch der

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