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Somers, Jeff - Avery Cates 01 - Der elektronische Mönch

Somers, Jeff - Avery Cates 01 - Der elektronische Mönch

Titel: Somers, Jeff - Avery Cates 01 - Der elektronische Mönch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeff Somers
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weich und kuschelig. Die Luft im Inneren des Schwebers war sauber und frisch. Der Stoff, aus dem die Klamotten des armen Kerls gefertigt waren, fühlte sich trocken und herrlich auf meiner Haut an.
    Und da flippte ich fast aus.
    Die Frau, die ein paar Jahre älter war als ich, aber immer noch hinreißend, drehte sich zu mir um und lächelte mich an. Ich hatte sie schon mehrmals in den Vids gesehen, als Nachrichtensprecherin – da war ihr Gesicht immer gleich auf drei Meter Größe aufgeblasen gewesen, und ständig hatte sie gelächelt, und es war fast schon erschreckend, dass sich ihre Gesichtszüge nie auch nur ein bisschen veränderten. »Wird Zeit, hier wegzukommen, was? Diese Leute da!« Bestürzt schüttelte sie den Kopf. »Dermaßen ungebildet! Die stecken ihre eigene Stadt in Brand. Ich finde ja, die System-Polizei sollte sie einfach alle irgendwohin schaffen!«
    Ich schluckte den aufsteigenden Zorn herunter. Allein schon, dass dieses reiche Miststück meinte, New York sei meine Stadt, brachte mich dazu, sie am liebsten an der Nase zu packen und mit Schwung gegen ihre Armlehne zu knallen. Stattdessen lächelte ich. »Daran ist bloß der SSD schuld. Die sind einfach zu lasch.«
    Sie nickte, doch mein Lächeln schien ihr nicht zu gefallen. Vielleicht lag es ja an meinen Zähnen, die noch nie Bekanntschaft mit einem Zahnarzt gemacht hatten. Noch nie. »Ja, das stimmt wohl«, sagte sie und wandte sich von mir ab, ohne ein weiteres Wort zu sagen. Ich glaubte, den Duft der Seife auf ihrer Haut riechen zu können. Vielleicht war es auch meine eigene Haut, die so duftete; ich war so sauber, dass es schon juckte.
    Dann wurde das Essen serviert; lautlos kamen Droiden in Menschengestalt vorbei. Sie lächelten, sprachen jedoch nicht, und mein Wunsch, mich irgendwann wohlhabend zur Ruhe zu setzen, verdreifachte sich. Nur wer im Wohlstand lebt, lebt angenehm im System. Wenn man reich war, nannten einen die System-Bullen ›Sir‹ und wünschten einem einen schönen Tag. Wenn man reich war, wurde einem im Schweber Frühstück serviert – echte Eier, echter Schinken, und – großer Gott, als der Kaffee kam, heiß und stark und in einer Tasse serviert, die so weiß war, dass mir davon fast die Augen tränten, war es um meinen Verstand endgültig geschehen. Ich nahm mir vor, wirklich alles dafür zu tun, eines Tages selbst reich zu werden. Und dann fiel mir auf, dass ich schon jetzt alles dafür tat.
    Der Flug nach London dauerte gerade einmal zwei Stunden. Nach dem Frühstück wurde die Bordbeleuchtung gedämpft und die Vids eingeschaltet -jeder von uns erhielt seinen eigenen Vid-Schirm: klein, aber funktionstüchtig. Natürlich wurden nur die legalen VidKanäle eingespeist. Allein in New York kannte ich fünfzehn illegale Underground-VidKanäle, die regelmäßig Nachrichten und dergleichen übertrugen; sie sendeten aus Schutzräumen in allen Teilen der Stadt. Der Unterschied zwischen den legalen und den illegalen Kanälen war wirklich erstaunlich: Natürlich wurden die legalen alle zensiert, aber auch die illegalen verfolgten irgendwelche eigenen Absichten, woher sollte man also wissen, was man nun glauben konnte und was nicht? Ich war fast eingeschlafen, völlig erschöpft, als die Nachrichten begannen und ich mich in meinem Sitz erschreckt aufrichtete. Die Sprecherin war genau die Frau, die gerade vor mir saß; eingeblendet wurde › Marilyn Harper‹. Sie berichtete über die Ausschreitungen, stand in aller Ruhe mitten zwischen den fröhlichen Aufständischen, die gerade eine Reihe Geschäfte plünderten. In ihrem kurzen Kostüm und mit ihrem hochgesteckten Haar sah sie sehr schick aus. Ihre Haut war zu weiß, zu bleich, um tatsächlich mitten in so etwas in New York zu stehen.
    Sie verabschiedete sich, und ich wollte gerade versuchen, doch noch ein bisschen zu schlafen, als der nächste Beitrag begann – und da hätte ich beinahe mein Frühstück ausgekotzt: Es war schon wieder diese Marilyn Harper. Jetzt wurde eingeblendet: ›BRUDER BARNABY DAWSON: Ehemaliger SSD-Cop, jetzt Mönch, verdächtigt des zweifachen tätlichen Angriffs. ‹
    Mit einer Handbewegung erhöhte ich die Lautstärke – so ruckartig, dass das Gerät abrupt auf maximale Leistung schaltete, was alle anderen Passagiere in Schweber dazu brachte, sich verärgert zu mir umzudrehen. Mit einer weiteren Geste machte ich das Vid leiser und beugte mich ein wenig weiter vor.
    »… son, ehemaliger Captain des System-Sicherheitsdienstes, aufgrund des Vorwurfs

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