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Somers, Jeff - Avery Cates 02 - Die digitale Seuche

Somers, Jeff - Avery Cates 02 - Die digitale Seuche

Titel: Somers, Jeff - Avery Cates 02 - Die digitale Seuche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeff Somers
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seinen Anweisungen, solange die wenigstens halbwegs vernünftig klingen! Betrachten Sie ihn als Ihren unmittelbaren Vorgesetzten, bis ich Ihnen etwas anderes sage! Befolgen Sie aber keine Befehle, durch die sein Leben unnötig gefährdet wird, verstanden? Und sorgen Sie dafür, dass er auf jeden Fall am Leben bleibt!«
    Das Gesicht der Sturmtrupplerin blieb völlig ausdruckslos. Doch sie blickte mich einen Moment lang schweigend an, bevor sie nickte und leise seufzte: »Jawohl, Sir.«
    Hense ging an ihr vorbei. »Captain, wir sollten aufbrechen. Mr Marko, bleiben Sie in der Nähe des Captains! Nathan, sorg dafür, dass Mr Marko nicht in Schwierigkeiten gerät!«
    Ich überprüfte meine Waffe. »Wie heißen Sie?«
    Die Dicke starrte mich nur an. Ich ließ ihr einige Sekunden Zeit, dann schenkte ich ihr mein unaufrichtigstes Grinsen, das ich schon bei Hunderten von Geschäftsabschlüssen Downtown hatte trainieren können. »Wie kommt es, dass ein nettes Mädchen wie Sie im Dienste des SSD anderen in die Eier tritt?«
    Erst dachte ich schon, sie würde mir nicht antworten. Dann aber drehte sie sich ein wenig zur Seite, um den Horizont zu betrachten, und kniff die Augen zusammen. »Früher habe ich mal davon gelebt, Kühen die Kehle durchzuschneiden«, sagte sie, und ihr eigenartiger Akzent ließ alles, was sie sagte, regelrecht exotisch erscheinen. »Dann haben die den ganzen Laden droidisiert, und viel mehr anständige Jobs gibt’s ja wohl kaum, was?« Sie blickte mich an, drehte den Kopf zur Seite und spie aus, als erinnere sie sich daran, wie es war, Tabak zu kauen. »Außerdem ist es immer noch besser, als jemand wie Sie zu sein.«
    Ich nickte und dachte dabei: Das kann ich mir vorstellen. Ich wandte mich ab und schloss mich dem Rest des Trupps an, und die Dicke folgte mir mit einem Schritt Abstand. Kurz blickte Happling zu mir, und ich nickte bestätigend. Mit einer Geste brachte der Cop die ganze Gruppe dazu, endlich aufzubrechen. Nichts hier fühlte sich richtig an, und ich musste immer wieder dem Bedürfnis widerstehen, mich hastig umzublicken, während ich weiterging. Ich kam mir völlig schutzlos vor, als sei wirklich keine Richtung hier auch nur ansatzweise sicher. Auch die Cops fühlten sich fälsch an – sie bewegten sich nicht wie System-Cops, schritten nicht so arrogant voran, als würde die Straße ihnen ganz allein gehören. Sie bewegten sich vielmehr so, als seien sie zutiefst verängstigt – als befänden sie sich auf feindlichem Territorium. Nur Bendix, der mit einem kurzen Riemen an einen der Sturmtruppler gefesselt war, wirkte unerschütterlich und zuversichtlich, obwohl er bei jedem Schritt stolperte und taumelte.
    Wir marschierten die Thirty-first Street entlang nach Osten. Nachdem wir das Landefeld etwa einen Häuserblock weit hinter uns gelassen hatten, war es vorbei mit den herumliegenden Leichen. Ab hier war die Straße fast schon erschreckend sauber und leer. Die Meute, die gerade eben noch hier entlanggelaufen war, hatte ein paar ihrer Besitztümer verloren. Jetzt trieb der Wind sie hin und her. Nachdem wir diesen Teil der Straße allerdings erst einmal hinter uns gelassen hatten, gab es nur noch das Pflaster und das verblassende Licht, als hätte sich alles und jeder in die Gebäude zurückgezogen – wie Tauben, die sich zum Sterben ja auch immer einen kühlen, trockenen Ort suchen. Mit gespenstischem Schweigen rückten die Sturmtruppen vor. Sie gingen halb geduckt, die Shredder in den Händen. Ich hörte mich selbst atmen. Hin schmerzhafter Krampf in der Brust brachte mich bei jedem Atemzug erneut dazu, das Gesicht zu verziehen. Hin und wieder war in der Ferne etwas zu hören -einmal waren es Schüsse, ein paar Mal Rufe, dann eine Explosion, die zwar gewaltig zu sein schien, aber eben doch weit entfernt – es klang fast so, als hätten wir uns das alles nur eingebildet. Die Cops blieben nicht stehen, scherten auch nicht aus der Formation aus – ich hingegen schon. Bei jedem Laut hielt ich inne, blickte hinter mich und betrachtete mit zusammengekniffenen Augen die halb zerfallenen Gebäude. Jedes Mal blieb die Dicke dicht bei mir und hielt ebenfalls an; sie sagte kein Wort. Die Kapuze hatte sie wieder übergestreift und war nun bloß noch ein weiterer gesichtsloser Cop, genau wie all die anderen, die ich im Laufe der Jahre getötet hatte. Ich fühlte mich schmutzig und hatte fast das Gefühl zu fiebern. Säuerlich rann mir der Schweiß über den Rücken.
    An der Fifth Avenue bogen

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