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Somers, Jeff - Avery Cates 02 - Die digitale Seuche

Somers, Jeff - Avery Cates 02 - Die digitale Seuche

Titel: Somers, Jeff - Avery Cates 02 - Die digitale Seuche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeff Somers
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Abzug durchziehen.
    Etwas anderes streifte meine Gedanken, irgendeine Erinnerung. Dejà vu – es war so schnell wieder fort, wie es gekommen war, und ich stand immer noch da wie ein ausgewachsener Volltrottel.
    Aus dem Schatten im vorderen Teil der Kirche tauchte nun wieder Belling auf. Er rannte, sprang geschickt über die Überreste einer zerfallenen Bank hinweg. Er landete und ließ gleichzeitig die Magazine seiner Waffen zu Boden fallen. Sie schlitterten über den glatten Stein. In halsbrecherischem Tempo kam ihm Happling hinterher, den Shredder um die Brust geschnallt, zwei pechschwarze Pistolen in der Hand.
    »Lauf nur, du magerer alter Sack!«, heulte er. »Glaubst du wirklich, du wärst mir gegenüber im Vorteil?« Während er rannte, feuerte er zweimal aufs Geratewohl auf Belling. Doch der alte Mann schwankte hin und her – fast als wäre er betrunken –, dann brach er unvermittelt wieder in Richtung Seitenwand aus.
    Ich hatte meine Chance verstreichen lassen. Wieder bewegten Hense und ich uns absolut gleichzeitig. Ich mochte sie. Mir gefiel, wie sie arbeitete. Dafür, dass sie zu den System-Bullen gehörte, verhielt sie sich doch sehr wie ein Revolverheld. Sie war immer ganz konzentriert, sie bewegte sich einfach nur, ließ die Dinge geschehen. Sie hielt keine dieser schwachsinnigen Reden, wie andere Bullen sie so gern absonderten – am liebsten, wenn sie einem schon den Absatz ihres Stiefels in den Nacken drückten und währenddessen ihre Fingernägel begutachteten und den Credit-Dongle ihres Opfers inspizierten. Hense und ich, jeder von uns übernahm eine Seite, als wir hinter Tys Glaswürfel hervorkamen, und sofort jagten wir Belling einige Kugeln hinterher. Der alte Mann ließ sich fällen, als rechne er damit, dass sich der Boden unter ihm auftun würde. Mit einer Wucht, die ihm mindestens eine Gehirnerschütterung einbringen musste, schlug er auf und rollte sich dann zur Seite, als unsere Kugeln den Stein dicht neben ihm bersten ließen. Kleine Staubfähnchen wurden aufgewirbelt, und der alte Mann rollte weiter, und dann war er auch schon im Schatten verschwunden. Ich stürzte ihm hinterher, huschte quer durch die Kirche. Ich sah, dass Happling ein Stück weiter den Gang hinauf genau das Gleiche tat eine gute Methode, jemanden einzukesseln. Der riesige Kerl bewegte sich beachtlich gewandt für einen solchen Gorilla. Fast gleichzeitig tauchten wir in den Schatten ein.
    Einen Augenblick lang war es zu dunkel, um etwas zu erkennen. Schlitternd kam ich zum Stehen und ging instinktiv in den Kniestand, als Belling zwei Kugel genau dorthin abfeuerte, wo sich mein Kopf befunden hätte, wäre ich blöd geboren. Wie zwei Blitze zuckte das Mündungsfeuer durch das Halbdunkel, im Abstand von vielleicht einer Sekunde. Ich stieß einen Fluch aus, rollte mich wieder in den Hauptteil der Kirche zurück, und gleichzeitig dröhnte eine ganze Salve auf. Sie krachte weiter und weiter, bis ich dachte, jetzt müsse sie doch aufhören, eine unablässige Kakophonie. Das Donnern der Schüsse brachte einen auf den Gedanken, sich am liebsten zusammenzukauern und den Kopf ganz fest zwischen die Knie zu klemmen, so lange, bis es endlich vorbei wäre. Genau solche Instinkte waren es, die einen das Leben kosteten. Ich hatte schon sehr früh gelernt, dass man immer dann, wenn das Kleinhirn einem zuschrie, sich zu verstecken, genau das Gegenteil machen musste.
    Ich kam so rasch auf die Beine, wie mein schmerzender Körper das zuließ, und eilte in den Schatten zurück. Happling und seine beiden Waffen brachten Belling ernstlich in Bedrängnis. Vielleicht bot mir das ja eine Chance, den alten Mann zu erwischen. Schließlich war er gerade beschäftigt. Dann stand Hense wieder neben mir, ihr Gesicht völlig ausdruckslos. Ich blickte sie an, als sie mit einer allumfassenden Bewegung auf den hinteren Teil der Kirche deutete. Ich nickte, auch wenn ich keinen blassen Schimmer hatte, was sie eigentlich im Schilde führte. Ich hatte schon miterlebt, wie die System-Bullen ganze Gespräche mit Hilfe dieses komplizierten Handzeichen-Codes geführt hatten, den man ihnen auf der Polizeischule eingetrichtert hatte – oder in was für Folterkammern sie auch immer ausgebildet wurden, wenn sie erst einmal aus dem Reagenzglas gekrochen oder ihrer Mutter von Sturmtruppen entrissen worden waren. Aber keiner von denen hatte sich je die Zeit genommen, wir dieses System zu erklären. Mir blieb allerdings keine Zeit zu protestieren. Hense stürmte zum

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