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Somers, Jeff - Avery Cates 02 - Die digitale Seuche

Somers, Jeff - Avery Cates 02 - Die digitale Seuche

Titel: Somers, Jeff - Avery Cates 02 - Die digitale Seuche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeff Somers
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hinteren Teil der Kirche hinüber, und ich presste mich dicht an einen der Bogendurchgänge, die zum Seitenschiff führten, hielt den Atem an und lauschte auf etwas, das mir einen Hinweis geben mochte.
    Verdammte Scheiße, dachte ich. Der hat überhaupt nicht gerumst, dass Happling hier war – wir hatten den alten Kerl eigentlich in der Hand, und trotzdem rennen wir hier bloß im Kreis. Ich versuchte, mich selbst in Bellings Lage zu versetzen – plötzlich überrascht von einem System-Cop, mit dem ich nicht gerechnet hatte. Das Endergebnis ließ sich leicht genug vorhersagen: Ich wäre tot und hätte drei oder vier Löcher im Rücken.
    Genau hinter mir hörte ich ein Geräusch, wirbelte herum -und konnte mich gerade noch davon abhalten, Happling eine Kugel in die massige Stirn zu verpassen. Der riesige Cop schwitzte heftig, sein Gesicht war puterrot, und die beiden Automatiks in seinen Händen kamen mir vor wie zwei schwarze Löcher. Wir starrten einander an; sein Gesicht verzog sich zu einer verärgerten Grimasse.
    »Na, Scheiße«, zischte er und verschwand wieder in den Schatten. Eine Sekunde später kam er schon wieder zurück. »Wo zur Hölle steckt der alte Dreckskerl bloß?«
    Gemeinsam blickten wir uns um, versuchten gleichzeitig jeden Winkel im Augen zu behalten. Es war hier fast dunkel; alles erschien mir monoton blaugrau. Die leeren Fenster mit den filigranen Steinmetzarbeiten als flächige Dekoration wirkten auf mich bizarr und fremdartig. Es fiel mir schwer zu glauben, das solle von Menschen erbaut worden sein. So eine Scheiß-Zeitverschwendung!
    Aus dem hinteren Teil der Kirche waren ein Krachen und zwei gedämpfte Schüsse zu hören. Einen Sekundenbruchteil später hatte sich Happling wieder in Bewegung gesetzt. Er war mir zwei Schritte voraus, bevor ich mich auch nur umgedreht hatte. Mit Nachdruck deutete er nach links – endlich ein Signal, das auch ich verstand! –, also huschte ich nach links, so schnell ich konnte … was bei meinem aktuellen Zustand kaum mehr als ein taumelndes Schlurfen war. Ich hatte erst die Hälfte der Strecke zurückgelegt, als Belling unvermuteterweise aus dem dunkleren Schatten des Seitenschiffs hervorsprang und sich ins Mittelschiff wagte, wo es viel heller war. Etwas mehr als einen Lidschlag lang konnte ich ihn richtig gut sehen, wie er dort entlang rannte. Er wirkte ruhig und zugleich energiegeladen wie einer dieser Trottel, die in den Vids immer Selbstbräunungspillen und anderen Scheiß verkauften, den wirklich niemand im System brauchte. Belling so gut im Blick zu haben war ein Glück, das ich kaum fassen konnte. Das fühlte sich irgendwie unangenehm an, fast wie wenn man zum ersten Mal nach Wochen des Hungerns etwas aß und einem dann davon sofort kotzübel wurde.
    Ich verdrängte alles andere, stellte mir ein grasbewachsenes Feld vor; sanft wiegten sich die Halme im Abendwind. Dann visierte ich das Gebiet kurz vor Wa an, während er weiterlief, entspannte jeden Muskel meines Arms und drückte so vorsichtig ab, als bestünde der Abzug aus Glas.
    Ein leises Klicken verriet es mir: keine Patronen mehr.
    Das kaum hörbare Geräusch ließ Belling herumfahren. Er hob die Waffen, doch dabei lief er weiter. Rasch feuerte er drei oder vier Kugeln in meine Richtung ab. Während ich mich noch zu Boden fallen ließ, verschwand der alte Revolverheld schon wieder im nächsten Schatten.
    Ich fluchte, ließ meine leere Waffe fallen und stürmte dann los. Allerdings schlitterte ich auf dem glatten Kirchenboden so sehr, dass ich kaum von der Stelle kam. Ich hatte keine Waffe mehr. Das jedoch wusste Wa nicht. Vielleicht gelang es mir wenigstens – waffenlos, wie ich war, zu nichts anderem mehr gut –, ihn zurück zu meinen neuen besten Freunden zu treiben – den Cops. Während ich den Hauptgang hinabrannte, sah ich aus dem Augenwinkel Belling, der ein Stück weit vor mir aus dem Seitenschiff kam und in Richtung Eingang huschte. Mein ganzer Körper brannte vor Schmerz. Doch ich gab alles, was ich hatte, und rannte weiter.
    Ich war klug genug, nicht einfach in die Nacht hinauszustürmen. Ich steuerte die ganz linke Haupttür an und presste mich dann zwischen diesem und dem nächsten Ausgang dicht an die Wand. Während ich noch versuchte, meine Atmung wieder zu beruhigen, lauschte ich nach allem, was mir vielleicht irgendeinen Hinweis geben mochte. Ich fragte mich, was ich wohl tun würde, wenn Belling mich jetzt überraschte. Wahrscheinlich würde ich ihn ganz furchtbar

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