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Sommer am Meer

Sommer am Meer

Titel: Sommer am Meer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosamunde Pilcher
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Ansichten sich nicht verändert.
    Schließlich sagte sie: „Ich will mich ja nicht einmischen, aber ich kenne dich seit deiner Geburt und kann nicht untätig zusehen, wie du so etwas Verrücktes tust.“
    „Was ist daran verrückt, daß man im Urlaub seine Kinder bei sich haben will?“
    „Du weißt, daß es nicht nur das ist, Virginia. Wenn du sie Lady Keile und Nanny ohne ihr Einverständnis wegnimmst, und ich bezweifle sehr, daß du es bekommen wirst, dann gibt es einen Mordskrach.“
    Beim Gedanken daran wurde Virginia übel. „Ja, ich weiß.“
    „Nanny wird es vermutlich sehr übelnehmen und kündigen.“
    „Ich weiß.“
    „Deine Schwiegermutter wird alles tun, um dich zu bremsen.“
    „Das weiß ich auch.“
    Alice starrte sie an, als habe sie eine Fremde vor sich. Dann zuckte sie unvermittelt die Achseln und lachte resigniert. „Ich verstehe dich nicht. Was hat dich zu diesem plötzlichen Entschluß bewogen?“
    Virginia hatte ihre Begegnung mit Eustace Philips nicht erwähnt und gedachte auch nicht, es zu tun.
    „Nichts. Nichts Besonderes.“
    „Das muß die Seeluft sein“, meinte Alice. „Seltsam, wie sie sich auf die Menschen auswirkt.“ Sie hob eine Zeitung auf, die auf den Boden gefallen war, und legte sie sehr sorgfältig zusammen.
    „Wann fährst du nach London?“
    „Morgen.“
    „Und Lady Keile?“
    „Ich rufe sie heute Abend an. Und Alice, entschuldige. Und danke, daß du so lieb warst.“
    „Ich war nicht lieb, ich war kritisch und ablehnend. Aber irgendwie denke ich immer, du bist jung und hilflos. Ich fühle mich für dich verantwortlich.“
    „Ich bin siebenundzwanzig. Und ich bin nicht hilflos. Und ich bin für mich selbst verantwortlich.“
     
    Nanny ging ans Telefon. „Ja?“
    „Nanny ?“
    „Ja.“
    „Ich bin's. Mrs. Keile.“
    „Oh, hallo! Möchten Sie Lady Keile sprechen?“
    „Ist sie da?“
    „Moment, ich hole sie.“
    „Nanny ?“
    „Ja?“
    „Wie geht's den Kindern?“
    „Oh, sehr gut, wunderbar. Hab sie gerade ins Bett gebracht.“ (Das wurde rasch eingeworfen für den Fall, daß Virginia sie sprechen wollte.)
    „Ist es heiß?“
    „O ja. Herrlich. Prächtiges Wetter. Warten Sie, ich sage Lady Keile, daß Sie dran sind.“
    Sie hörte Nanny den Hörer hinlegen, ihre Schritte die Diele durchqueren, ihre ferne Stimme: „Lady Keile!“
    Virginia wartete. Wäre ich eine Frau, die gerne trinkt, hätte ich jetzt ein Glas in der Hand. Ein hohes Glas mit goldbraunem Whisky. Aber sie hatte keines, und das drohende Verhängnis lag ihr schwer im Magen.
    Wieder Schritte, exakt bemessen, unverkennbar. Der Hörer wurde wieder aufgenommen.
    „Virginia?“
    „Ja, ich bin's.“
    Die Situation wurde gräßlich kompliziert, weil Virginia nie wußte, wie sie ihre Schwiegermutter anreden sollte. „Sag Mutter zu mir“, hatte sie liebevoll gemeint, sobald Virginia und Anthony verheiratet waren, aber irgendwie war das unmöglich. Und „Lady Keile“ war noch schlimmer. Virginia hatte sich aus der Affäre gezogen, indem sie Lady Keile nie Briefe schrieb, sondern nur Postkarten oder Telegramme schickte und sie immer nur mit „du“ anredete.
    „Wie schön, dich zu hören, Liebes. Wie fühlst du dich?“
    „Es geht mir sehr gut...“
    „Und das Wetter? Ich glaube, ihr habt eine Hitzewelle.“
    „Ja, es ist unglaublich. Hör mal...“
    „Wie geht es Alice?“
    „Auch sehr gut...“
    „Und die Kinderchen waren schwimmen... die Turners haben einen herrlichen Pool im Garten. Sie hatten Cara und Nicholas heute nachmittag eingeladen. Wie schade, daß sie schon im Bett sind, warum hast du nicht früher angerufen?“
    Virginia sagte: „Ich habe dir etwas zu sagen.“
    „Ja?“
    Virginia schloß die Hand um den Hörer, bis ihre Knöchel schmerzten. „Ich habe ein kleines Cottage gefunden, ganz hier in der Nähe. Es liegt am Meer, und ich dachte, es wäre schön für die Kinder, wenn sie herkommen und wir den Rest der Ferien zusammen verbringen könnten.“
    Sie hielt inne, wartete auf eine Bemerkung, aber es blieb still.
    „Weißt du, das Wetter ist so schön, und ich habe so ein schlechtes Gewissen, weil ich es ganz allein genieße... und ein bißchen Seeluft würde ihnen guttun, bevor wir zurück nach Schottland und sie wieder zur Schule müssen.“
    Lady Keile sagte: „Ein Cottage? Aber ich denke, du wohnst bei Alice Lingard?“
    „Ja, bis jetzt. Ich rufe von Haus Wheal an. Aber ich habe das Cottage gemietet.“
    „Das verstehe ich nicht.“
    „Ich möchte,

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