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Sommer am Meer

Sommer am Meer

Titel: Sommer am Meer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosamunde Pilcher
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herrlichen Blumen wachsen, die dann zum Verkaufen nach Covent Garden geschickt werden.“
    „Warst du schwimmen?“
    „Nein, das Meer war eiskalt.“
    „Aber in Tante Alice' Schwimmbad?“
    „Damals hatte sie noch kein Schwimmbad.“
    „Dürfen wir in Tante Alice' Schwimmbad schwimmen?“
    „Aber sicher.“
    „Und im Meer?“
    „Ja, wir suchen uns einen schönen Strand, und dort gehen wir schwimmen.“
    „Ich... ich kann aber nicht gut schwimmen.“
    „Im Meer geht es leichter als in normalem Wasser. Das Salz hilft dir, oben zu bleiben.“
    „Spritzen einem die Wellen denn nicht ins Gesicht?“
    „Ein bißchen. Aber das macht Spaß.“
    Cara dachte darüber nach. Sie hatte es nicht gern, wenn ihr Gesicht naß wurde. Ohne ihre Brille war alles verschwommen, und mit der Brille konnte sie nicht schwimmen.
    „Was hast du sonst noch gemacht?“
    „Wir sind im Auto spazierengefahren und einkaufen gegangen. Wenn es warm war, saßen wir im Garten, und Alice hat Freundinnen zum Tee und Bekannte zum Abendessen eingeladen. Und ab und zu bin ich spazierengegangen. Man kann dort herrliche Spaziergänge machen. Hinter dem Haus einen Hügel hinauf, oder nach Porthkerris hinunter. Die Straßen sind steil und schmal, so schmal, daß ein Auto kaum durchkommt. Und es gab eine Menge streunende Katzen, und den Hafen mit Fischerbooten, und die alten Männer saßen dort und genossen den Sonnenschein. Bei Flut schaukelten die Boote im tiefen Wasser, und bei Ebbe war nur goldener Sand da, und die Boote lehnten alle schief nach einer Seite.“
    „Sind sie nicht umgekippt?“
    „Glaub ich nicht.“
    „Warum nicht?“
    „Keine Ahnung“, sagte Virginia.
     
    Es hatte einen besonderen Tag gegeben, einen Apriltag, windig und sonnig. Es war Flut, und Virginia erinnerte sich an den Salzgeruch, vermischt mit den typischen Hafengerüchen von Teer und frischer Farbe.
    Im Schutz des Kais war das Wasser glatt und klar. Doch jenseits des Hafens war das Meer rauh und dunkel, überzogen mit weißen Schaumkronen, und am Ende der Bucht schlugen die hohen Wellen gegen die Felsen am Fuße des Leuchtturms, und weißer Gischt spritzte auf, fast so hoch wie der Leuchtturm selbst.
    Es war eine Woche nach dem Grillabend in Lanyon, und Virginia war ausnahmsweise allein. Alice war nach Penzance zu einer Ausschußsitzung gefahren, Tom Lingard war in Plymouth, Mrs. Jilkes, die Köchin, hatte ihren freien Nachmittag und war mit einem gewaltigen Hut losgezogen, um die Frau ihres Cousins zu besuchen, und Mrs. Parsons machte ihren wöchentlichen Besuch beim Friseur.
    „Du wirst dich allein amüsieren müssen“, hatte sie beim Mittagessen zu Virginia gesagt.
    „Ich hab nichts dagegen.“
    „Was wirst du tun?“
    „Ich weiß nicht. Irgendwas.“
    In dem leeren Haus, den leeren Nachmittag vor sich wie ein Geschenk, hatte sie eine Reihe von Möglichkeiten erwogen. Aber der Tag war zu herrlich, um verschwendet zu werden. Sie war einfach losgegangen, und ihre Füße hatten sie zu dem schmalen Pfad getragen, der zu den Klippen führte, dann den Klippenweg entlang und hinunter zu dem weißen, sichelförmigen Strand. Im Sommer würde er mit bunten Zelten, Eisbuden und lärmenden Urlaubern mit Strandbällen und Sonnenschirmen bevölkert sein, doch im April waren noch keine Gäste da, und der Sand lag rein, von den Winterstürmen gewaschen, und Virginias Schritte hinterließen Abdrücke, sauber und präzise wie Stiche.
    Am Ende des Strands führte ein Weg bergauf, und bald hatte sie sich in einem Gewirr schmaler Straßen verlaufen, die sich zwischen alten, sonnenverblichenen Häusern wanden. Sie stieß auf Steinstufen und unvermutete Gassen und folgte ihnen, bis sie plötzlich um eine Ecke bog und direkt am Hafen war. Im flirrenden Sonnenschein sah sie die buntgestrichenen Boote, das pfauengrüne Wasser. Möwen kreisten kreischend über ihr, ihre großen Schwingen hoben sich wie weiße Segel vor dem Blau ab, und überall regte sich Leben; ein regelrechter Frühjahrsputz war im Gange. Ladenfronten wurden weiß getüncht, Fenster geputzt, Taue aufgerollt, Decks geschrubbt, Netze geflickt.
    Am Rand des Kais hatte ein Verkäufer hoffnungsvoll seinen strahlendweißen Eiskarren mit der verführerischen Aufschrift „Fred Hoskings, hausgemachtes Eis, das beste von Cornwall“ aufgestellt, und Virginia bekam plötzlich Lust auf Eis und wünschte, sie hätte Geld mitgenommen. An einem solchen Tag in der Sonne zu sitzen und Eis zu schlecken schien ihr mit einemmal das

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