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Sommer der Entscheidung

Sommer der Entscheidung

Titel: Sommer der Entscheidung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emilie Richards
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häufiger besuchen, und das werden auch die Nachbarn und die Leute aus ihrer Kirche tun.“
    „Dann bleibt sie in dem Haus wohnen?“ So gut es ihrer Großmutter auch im Moment ging, glaubte Tessa nicht daran, dass die alte Frau allein in dem Haus leben sollte. Aber es gab wenig Alternativen, die sich anboten.
    „Das will sie doch. Ich muss ihr glauben, sie weiß am besten, was gut für sie ist.“
    „Wir können uns überlegen, wie wir uns mit den Besuchen abwechseln, so dass sie nicht zu lange allein hier ist. Wir können uns nach jemandem umsehen, der für sie kocht und sauber macht.“
    „Du hast meine Frage nicht beantwortet“, beharrte Nancy. „Was wirst du tun?“
    „Ich weiß es nicht.“ Tessa ließ ihre Arme wieder baumeln und richtete ihre Hände gen Himmel. „Ich weiß nicht, was ich tun werde. Ich weiß auch nicht, was Mack tun wird. Ich habe ihm noch nicht einmal erzählt, dass ich ein Halbjahr aussetze. Ich weiß nur, dass ich nicht wieder unterrichten möchte, solange ich nicht wieder die Alte bin.“
    „Ich kenne eine junge Dame, die dich für die beste Lehrerin der Welt hält.“
    Tessa wusste das, obwohl sie sich sicher war, dass dieses Lob ungerechtfertigt war.
    „Ja, Cissy kommt heute Vormittag herüber. Ich habe sie gebeten, ihre Lebensgeschichte aufzuschreiben. Sie lässt sie mich lesen.“
    „Hol die Taschentücher raus.“
    Tessa sah ihre Mutter von der Seite an. „Sie muss jemandem erzählen, was geschehen ist.“
    Nancy legte ihren Arm um die Schultern ihrer Tochter. „Vielleicht musst du ein Semester Pause machen, vielleicht auch nicht. Aber ich schwöre dir, dass du schneller wieder hinter deinem Schreibtisch sitzt, als deine Großmutter Zeit haben wird, wieder einen Stapel alter Wartezimmer-Zeitungen zu sammeln.“
    Cissys zierlicher Körper erinnerte nun exakt an einen Buddha, obwohl sie nicht friedlich lächelte. Von dem Moment an, alssie unter einem fragwürdigen alten grünen Regenschirm vor dem Haus ankam, sah sie besorgt aus. Sie wurde genötigt, sich auf das Sofa im Wohnzimmer zu setzen und ein Glas Eistee zu trinken. Helen stellte ihr einen Teller mit selbst gebackenen Keksen auf den niedrigen Tisch.
    „Die Fitch ist so rutschig, wie man sich eine Straße nur vorstellen kann“, erzählte sie Tessa. „Das Wasser wird nicht vom Boden aufgenommen, es schwimmt nur oben auf der Fahrbahn. Ich hätte den Lastwagen nehmen sollen. Ich dachte, es würde Spaß machen, im Regen spazieren zu gehen, aber das stimmte ganz und gar nicht.“
    „Wenn wir fertig sind, fahre ich dich nach Hause. Wir wollen nicht, dass du ausrutschst und hinfällst.“
    „Ich bin mit meiner Oberdecke für den Quilt fast fertig. Wenn ich sie zusammengenäht habe, zeigt mir Ihre Großmutter, wie man die Lagen richtig zusammenheftet und quiltet.“
    Tessa hoffte, dass es bis dahin noch eine Weile dauern würde. Cissy sah aus, als würden jeden Moment die Wehen einsetzen, obwohl der Geburtstermin erst Ende Oktober war.
    „Schön, dass du gekommen bist, trotz des Regens.“ Tessa lächelte sie an, und mit ihren Worten wollte sie nicht nur Cissy schmeicheln. Vielleicht hatte sie zunächst vermieden, in das Leben der jungen Frau einbezogen zu werden, aber jetzt freute sie sich darauf, mit ihr ein wenig Zeit zu verbringen.
    „Ich habe gemacht, was Sie mir vorgeschlagen haben. Ich habe alles aufgeschrieben. Mein ganzes Leben.“
    Für einen kurzen Moment sah Tessa Humor in Cissys Augen aufscheinen. „Ich habe dazu nicht viel Papier gebraucht, wissen Sie.“
    „Es ist immer besser, zu wenig als zu viel zu schreiben.“
    Cissy wurde wieder ernst. „Es ist nicht unterhaltend. Ich konnte zuerst nicht entscheiden, wie ich es aufschreiben sollte, wissen Sie, so zu schreiben, dass man es gern liest.“
    „Ich habe auch nicht erwartet, dass es dir leichtfällt.“ Tessa lehnte sich vor. „Ich glaube gern, dass es schwer für dich war.“
    Cissy hob die Schultern, als würden ihr die Worte in diesem Moment fehlen.
    „Soll ich es lesen?“, fragte Tessa und zögerte. „Oder ist es zu persönlich? Möchtest du es lieber für dich behalten?“
    Cissy schien die Alternativen gegeneinander abzuwägen. Dann griff sie in die Plastiktüte, die sie mitgebracht hatte, und gab Tessa die Seiten, die am Rand feucht vom Regen waren. Sie räusperte sich. „Der Text ist kurz, Sie werden nicht lange brauchen.“
    Tessa lehnte sich in ihrem Stuhl zurück, während Cissy aufstand und im Raum umherging, als fiele ihr das

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