Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sommer der Entscheidung

Sommer der Entscheidung

Titel: Sommer der Entscheidung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emilie Richards
Vom Netzwerk:
Tessa. „Wartet mit der Geschichte auf mich, bis ich den Kuchen geholt habe.“
    Helen konnte hören, wie ihre Enkelin nebenan in der Küche rumorte. Auch die Küche war fast vollständig ausgeräumt worden. Aber es gab immer noch Kartons und Kästen, die auf der hinteren Veranda standen und die sie noch durchsehen wollte.
    Tessa kam mit dem Kuchen aus der Küche zurück, und Helen nahm sich schmollend ein Stück. Sie benahmen sich wie eine Familie, obwohl sie keine waren. Zwar waren sie Blutsverwandte, aber dies hier war etwas anderes. Tessa war sich nicht sicher, was das alles zu bedeuten hatte, und das verunsicherte sie.
    Nancy biss in ein Stück Pie, bevor sie anfing zu sprechen. „Der ist lecker, aber nicht so lecker, wie ihn deine Großmutter macht“, erzählte sie Tessa. „Vielleicht, wenn das Wetter ein wenig kühler wird, kann sie uns einen backen.“
    „Ich koche nicht mehr“, sagte Helen. „Außerdem interessiert es hier niemanden, ob ich koche oder nicht.“
    „Du bist die böseste alte Frau im Tal“, sagte Nancy, lächelte aber dabei.
    „Wenn du mich davon überzeugst, dass du schon einmal einen Quilt genäht hast, dann backe ich euch einen Blueberry Pie.“ Helen lehnte sich zurück und aß ihr Stück.
    „Nun, ich habe ihn zur Hälfte gemacht. Zählt das auch?“
    „Zur Hälfte?“, fragte Tessa. „Es war ein ganzer Quilt, soweit ich mich erinnern kann.“
    „Tessa redet von dem alten Wedding Ring“, erklärte Nancy ihrer Mutter. „Du hattest den oberen Teil aus den einzelnen Stoffflicken zusammengenäht, weißt du noch? Und nach meiner Hochzeit hast du mich beiseite genommen und mir die ganzen oberen Teile der Quilts, die du nochnicht fertig gestellt hattest, gezeigt. Ich sollte mir irgendeine Oberdecke aussuchen und ihn dann als meinen Hochzeitsquilt zu Ende nähen. Dann hast du mir den Unterstoff gegeben, den du schon auf die Zwischenlage aus Vlies genäht hattest. Ich musste die Teile nur noch zusammensetzen.“
    Helen tat es leid, dass sie das Thema angesprochen hatte. „Dann brauche ich wohl nur noch einen halben Kuchen zu backen, was? Du hast ja nur einen halben Quilt genäht.“
    „Wedding Ring“, sagte Tessa zu Nancy. „Daran erinnere ich mich jetzt. Er bestand aus einigen Dutzend verschiedener Stoffe …“
    „Hunderte“, verbesserte sie Helen. „Es war fast ein Futtersack-Quilt. Weißt du, was das ist?“
    Tessa schüttelte den Kopf.
    „Als ich klein war, wurden Hühnerfutter, Mehl und so in Säcken verkauft. Die Leute, die die Säcke herstellten, dachten sich, dass, wenn sie die Säcke hübsch machten, die Frauen ihre Männer dazu bringen würden, die schöneren Säcke zu kaufen, um das Material später für Quilts und andere Dinge zu verwenden. Teile vom Wedding Ring wurden aus diesen Sackflicken genäht, die meine Mutter und andere Frauen aufbewahrt hatten.“
    „Dann war es also nur ein halber Futtersack-Quilt“, sagte Nancy.
    „Ich glaube, diese Geschichte ist nur zur Hälfte erzählt“, warf Tessa ein. „Mama, du kannst nicht nähen. Ich erinnere mich an kein einziges Kleidungsstück, das du für mich als Kind genäht hast.“
    „Und wieder ein Punkt für die lange Liste an Enttäuschungen, was?“, fragte Nancy.
    Tessa verzog das Gesicht. „Mach nicht mehr daraus, als es ist. Ich frage mich nur, was dich dazu getrieben hat, einen Quilt zu nähen.“
    Nancy blieb die Antwort schuldig.
    Helen stellte ihren Teller auf den Tisch. Die anderen waren noch mit ihrem Kuchen beschäftigt, aber sie hatte ihr Stück verschlungen wie ein halb verhungertes Waisenkind.
    „Ich sage dir, warum sie den Quilt genäht hat. Sie lebte mit der Familie deines Vaters in Richmond und kannte keinen einzigen Menschen. Sie wurde fast verrückt, weil sie nichts zu tun hatte. Was das angeht, ist sie mir ähnlicher, als sie glaubt. Also schlug ich ihr bei einem Besuch hier vor, sich ein oberes Teil auszusuchen und mit einem Quilt anzufangen, anstatt immer nur herumzusitzen und zu brüten.“
    „Das hast du so nicht gesagt.“ Nancy stellte ihren Teller auf den Tisch, aber sie hatte den Kuchen kaum angerührt, weil sie sich Sorgen wegen der Kalorien machte.
    „Du hast gesagt, du würdest mir ein Oberteil geben, um es zu Ende zu nähen, aber das hätte ich gar nicht gekonnt.“
    „Also hast du es als Herausforderung angesehen?“, fragte Tessa.
    „Ich nehme es an.“ Nancy sah weg, als brauchte sie die Zeit, um sich zu erinnern. „Für einen Hochzeits-Quilt war es schon ein bisschen

Weitere Kostenlose Bücher