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Sommer der Entscheidung

Sommer der Entscheidung

Titel: Sommer der Entscheidung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emilie Richards
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spektakulär.“
    „Die Stiche sind feiner als ein Blumensamen. Wie machst du das?“, wollte Tessa wissen.
    „Übung. Viel Übung.“
    „Hilf mir, den nächsten hochzuhalten“, bat Nancy Tessa. Sie falteten den zweiten Quilt auf. Es war ein Log Cabin Star in Rot, Weiß und Blau. Helen hatte große amerikanische Adler auf jede Ecke der breiten, marineblauen Kante appliziert. Sie hatte die verschiedenen Lagen mit Stichen, die wie kleine Sternengalaxien aussahen, verbunden.
    „Wann hast du diese Decke genäht?“ Nancy machte ein Pause, bevor sie fragte: „Nach dem Unglück vom 11. September?“
    „Es hat mich abgelenkt.“ Helen verschwieg, dass jeder einzelne Stern auf der Decke eine Person symbolisierte, die ihr Leben bei dem Anschlag auf das Pentagon einbüßen musste. Das war Helens Art, sich von den Menschen zu verabschieden, die in dem Staat starben, in dem sie aufgewachsen war. Sie wusste, was deren Familien durchmachten. Sie kannte den Schmerz besser als viele andere.
    „Er ist wunderschön“, sagte Tessa. „Er ist …“, sie zuckte mit den Schultern, „… emotional.“
    „Nun krieg dich wieder ein“, riet Helen ihr. „Es hat mich nur abgelenkt, weil es im Fernsehen nichts anderes als die Berichterstattung über die Terroranschläge gab.“
    Sie beobachtete, wie ihre Tochter und ihre Enkelin sich vielsagend ansahen.
    „Was ist jetzt mit dem letzten Quilt? Ich will ins Bett.“ Helen war die Situation peinlich.
    Die jüngeren Frauen falteten den Log-Cabin-Star-Quilt zusammen und legten ihn zum ersten. Nancy faltete den dritten auseinander. „Unglaublich!“, entfuhr es ihr. „Tessa, das musst du dir ansehen!“
    Tessa pfiff. „Ich brauche eine Sonnenbrille.“
    Der Quilt strahlte. Helen war sich nicht sicher, was sie überkommen hatte, als sie ihn nähte. Es war eine einzelne Sonnenblumenblüte, deren Blätter im Kreis angeordnet waren. Es gab kaum einen Hintergrund, stattdessen betonte der schmale Rand nur noch stärker die leuchtenden Farben der Decke. Die Blüte bedeckte die ganze Fläche.
    Im letzten Winter hatte sie die Stoffstückchen zusammengestellt, an den Tagen, an denen es kaum hell wurde, und an denen sie sich nach Sonnenschein sehnte. Für diesen Quilt hatte sie fast alle gelben, goldenen und orangefarbenen Flicken benutzt, die sie hatte. Das Ergebnis war eben … strahlend.
    „Diesen hier mag ich besonders“, sagte Nancy. „Wer würde diese Decke nicht toll finden? Es ist ein Lächeln in Quilt-Form. Sogar einen Eskimo in einem Iglu könnte dieses Strahlen wärmen.“
    „Ich kenne keinen einzigen Eskimo“, herrschte Helen sie an.
    Nancy drückte den Quilt an sich. „Ich hatte so einen ähnlichen, als ich klein war, oder? Wie hieß er noch gleich?“
    „Giant Dahlia.“
    „Meiner war rosa. Erinnerst du dich?“
    Es überraschte Helen, dass Nancy ihre Decke von damals noch im Gedächtnis hatte. „Du warst noch sehr klein. Der Quilt war zerschlissen, bevor du zehn wurdest.“
    „Ich konnte mich nicht davon trennen, obwohl die Füllung schon herausfiel.“
    „Eines Tages habe ich die Decke gewaschen, und am Ende war sie einfach in ihre Einzelteile zerfallen, es waren nur noch Fetzen übrig.“
    „Dieser Tag war schlimm“, sagte Nancy. „Ich habe geweint.“
    „Du hast lauter geheult als irgendein kleines Mädchen in der weiteren Umgebung.“
    Nancy presste den Quilt ein wenig fester an sich.
    „Jetzt kann ich verstehen, warum der Quilt Cissy aufgefallen ist“, sagte Tessa. „Gram, du bist eine richtige Künstlerin. Ich habe noch nie jemanden gesehen, der so mit Farben umgehen kann.“
    „Das ist die Sache mit den Quilts“, fügte Nancy hinzu. „Es ist Kunst, die man anfassen kann, in die man sich einwickeln kann. Bilder kann man nicht so einfach umarmen.“
    „Ich hatte auch einen Quilt, den ich sehr geliebt habe“, erinnerte sich Tessa.
    „Mom, du hast ihn genäht. Weißt du noch? Wo ist er jetzt?“
    „Deine Mutter? Deine Mutter hat in ihrem ganzen Leben noch keinen einzigen Quilt gemacht“, sagte Helen.
    „Sehr wohl habe ich das.“ Nancy legte den Dahlien-Quilt mit offensichtlichem Widerwillen zusammen und tat ihn zu den anderen. „Irre ich mich, oder hattest du Blueberry Pie im Laden gekauft, Tessa?“
    „Stimmt. Möchtet ihr ein Stück Blaubeerkuchen?“ Nancy nickte, und Tessa wandte sich an ihre Großmutter: „Gram?“
    „Ich wüsste gerne mehr über den so genannten Quilt, dendeine Mutter genäht hat.“
    „Ich bin gleich zurück“, sagte

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