Sommer der Liebe
Unglück für eine Weile zu vergessen.
»Wenn du mir sagst, wann, dann komme ich gern.« Sie wollte nicht zu überschwänglich klingen.
»Wie wäre es am Mittwoch? Um halb acht?«
»Ja. Das passt mir gut.«
Sie plauderten noch eine Weile über dies und das, dann verabschiedeten sie sich voneinander.
Als Fiona aufgelegt hatte, wurde ihr klar, dass sie sich seit vielen Jahren nicht mehr so beschwingt gefühlt hatte.
Natürlich war sie nicht verliebt. Das war unmöglich. So gut kannte sie James noch gar nicht. Es war Lust. Aber zusammen mit der Erkenntnis überfiel Fiona plötzlich Panik. Für einen Moment vergaß sie ihre Traurigkeit über die Missverständnisse zwischen Angus und Sian und lief nach oben, um ihren Kleiderschrank nach einem hübschen Outfit für die Verabredung mit James durchzusehen.
Der Mittwoch kam, und Fiona fand sich zum gefühlt ein millionsten Mal innerhalb der letzten drei Tage vor ihrem Kleiderschrank wieder.
Sie starrte auf die Kleider, die sie schon mehrmals in der Hand gehabt und wieder in den Schrank zurückgehängt hatte, und griff dann, einem Impuls folgend, nach einem Lieblingskleid, das so oft gewaschen war, dass das Muster bereits etwas verblasst war. Die Farbe brachte ihre Haarfarbe aber gut zur Geltung, und zufällig passte das Kleid perfekt zu dem Überwurf, den Fiona sich extra für das Essen gekauft hatte.
Erleichtert, diese Entscheidung getroffen zu haben, ging sie ins Badezimmer.
Sie hatte am Abend zuvor ein komplettes Peeling gemacht und eine Feuchtigkeitsmaske aufgetragen, deshalb duschte sie nur kurz und konnte einigermaßen sicher sein, dass ihre Haut so glatt war, wie sie eben sein konnte. Sie hatte sich auch die Achseln enthaart. Jetzt hatte sie das Gefühl, ihr Bestes getan zu haben, und war eigentlich ganz zufrieden mit sich. Als ihr wieder einfiel, was sie mal von Schönheitsguru Gok Wan zu dem Thema gehört hatte, bearbeitete sie ihren Intimbereich mit einer Schere und etwas Tönungsschaum, weigerte sich jedoch, auch nur über seinen Rat nachzudenken, dort eine Wachsbehandlung vorzunehmen. Fiona wollte lieber sterben, ohne je wieder Sex zu haben, bevor sie solche Schmerzen ertrug.
Sie betrachtete sich selbst im Spiegel, nahm die Schultern zurück, zog den Bauch ein und beschloss, dass sie bei gedämpftem Licht einer Musterung problemlos standhalten würde. Sorgfältig legte sie noch ein dezentes Make-up auf, dann war sie startklar.
Als sie sich endlich auf den Weg in die Stadt zu James’ Wohnung machte, vielleicht ein bisschen früher als nötig, war sie immer noch überzeugt davon, dass die Chance, mit ihm Sex zu haben, gering war. Es war nicht so, dass sie es nicht wollte, doch sie konnte sich einfach nicht vorstellen, wie sie die Verlegenheit davor ertragen sollte. Im Augenblick erschien es ihr einfach unmöglich, sich vor jemandem auszuziehen. Tatsächlich zwang sie sich, nicht mehr darüber nachzudenken, weil ihr jedes Szenario, das sie sich ausmalte, einfach zu albern vorkam. Vielleicht war es besser, als keusche alte Frau zu sterben, als so etwas durchzumachen!
Fiona hatte eine Flasche Rotwein dabei, die aus ihren Vorräten stammte, und wollte sie James als Geschenk überreichen. Als sie das Haus verlassen hatte, hatte sie sich ein bisschen unaufrichtig gefühlt, weil sie Angus gegenüber behauptet hatte, sie würde mit einer Freundin essen und gegebenenfalls bei ihr übernachten.
Fiona wollte nicht wirklich darüber nachdenken, wie Angus auf die Nachricht reagieren würde, dass sie einen Freund hatte. Sie hatte ihrer aller Leben ruiniert, als sie zu schnell nach dem Tod ihres Mannes wieder geheiratet hatte, in dem Irrglauben, dass es für die Jungen gut wäre, wieder einen Vater zu haben.
Ihr Selbstbewusstsein und ihre Vorfreude wuchsen während der Fahrt. Es war ein schöner Spätsommerabend, und obwohl die Nervosität, die sie seit James’ Anruf plagte, sich nicht gelegt hatte, wurde sie jetzt von Begehren überlagert.
Sie war zu früh. Sie parkte den Wagen auf dem Parkplatz, den sie immer anfuhr, wenn sie in der Stadt war, richtete sich das Haar im Rückspiegel und versuchte, ruhig zu atmen. Dann machte sie sich langsam auf den Weg zu James’ Wohnung. Er war selbst immer sehr pünktlich, es würde ihn nicht stören, wenn sie genau zur verabredeten Zeit erschien.
James musste im Laden auf sie gewartet haben, denn er öffnete ihr sofort die Tür. Er stand im Eingang, sah sie an und lächelte. Ihr eigenes Lächeln wurde immer breiter,
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