Sommer der Nacht
Er legte den Baseballschläger weg, ging zur abgeschlossenen Vorratskammer, kramte den Schlüssel aus dem Riß über dem Sims und holte Memos >Eichhörnchenbüchse< heraus -eine Schrotflinte mit kurzem Lauf und Pistolengriff. »Und wenn dieser... Soldat... wiederkommen sollte, bekommt er mehr als nur einen Louisville Slugger zu spüren.«
Mike wollte etwas sagen, aber ihm war tatsächlich schwindlig vor Erleichterung und dem Fieber, das er jetzt als Pochen in den Ohren und allgemeines Schwindelgefühl spürte. Er umarmte seinen Vater und wandte sich ab, bevor er weinen mußte.
Seine Mutter kam ins Zimmer und runzelte fast unmerklich die Stirn, während sie ihn nach oben ins Bett brachte.
Mike mußte vier Tage lang das Bett hüten. Manchmal war das Fieber so schlimm, daß er aus einem Traum erwachte und feststellte, das Erwachen selbst war ein Traum. Er träumte noch von dem Soldaten, Duane McBride oder allem anderen, das ihn gequält hatte: Am häufigsten träumte er von St. Malachy's und wie er mit Pater Cava-naugh die Messe las. Aber in seinen Fieberträumen war er - Mike - der Priester und Pater C. war ein kleiner Junge in zu großer Soutane und Meßgewand, der mit seinen Antworten durcheinanderkam, obwohl eine laminierte Karte mit dem gedruckten Text auf der Altarstufe lag, wo der Junge/Mann kniete. Mike träumte, daß er die Eucharistie weihte, die Hostie im heiligsten Augenblick hochhielt, den ein Katholik erleben, ja vollziehen konnte ...
Das Seltsame in dem Traum war, St. Malachy's war eine große Höhle, und es war keine Gemeinde anwesend. Nur dunkle Schemen, die sich gerade außerhalb des Lichtkreises bewegten, den die Altarkerzen erzeugten. Und in seinem Traum wußte Mike, daß der Meßknabe Pater C. mit seinem lateinischen Text durcheinanderkam, weil er Angst vor der Dunkelheit und den Wesen darin hatte. Aber solange der Traumpriester Michael O'Bri-an O'Rourke die Eucharistie hochhielt, solange er die heiligen Zauberworte der Hohen Messe flüsterte, so lange waren sie in Sicherheit.
Außerhalb des Lichtkreises aber bewegten sich große Wesen und warteten.
Jim Harlen dachte, dies war der Sommer, der ausgefallen war.
Zuerst bricht er sich den verfluchten Arm und schlägt sich den Schädel auf und verliert die Erinnerung daran, wie es passiert ist - das Gesicht ist nur ein Traum, nur ein Alptraum -, und als es ihm schließlich wieder so gutgeht, daß er raus und mitmischen kann, stirbt einer der Jungs, die er kennt, bei einem saublöden Unfall und die anderen scheinen sich in ihre Häuser zurückgezogen zu haben wie Schildkröten, die ihre brunzdummen Köpfe einziehen.
Die ersten Wochen, die er zu Hause war, blieb seine Mom jeden Abend zu Hause, beeilte sich, ihm etwas zu bringen, wenn er Hunger oder Durst hatte, und saß zum Fernsehen bei ihm. Es war fast wie in alten Zeiten, natürlich ohne seinen Dad. Harlen war nervös wie der Teufel gewesen, als die Stewarts seine Ma zu Dales Onkel Henry eingeladen hatten - Ma hatte die Angewohnheit, zuviel zu trinken, zu laut zu lachen und ganz allgemein eine betrunkene dumme Suse aus sich zu machen -, aber der Abend war eigentlich recht angenehm verlaufen. Harlen selbst hatte nicht soviel geredet, aber es hatte ihm gefallen, bei seinen Kumpels zu sitzen und zuzuhören, auch als McBride angefangen hatte, von interstellaren Reisen und dem Raum-/Zeit-Kontinuum und solchem Zeug zu sprechen, bei denen Harlen null Durchblick hatte. Trotzdem war es ein sehr schöner Abend gewesen ... davon abgesehen, daß Duane McBridge gestorben war.
Harlens Unfall und der lange Aufenthalt im Krankenhaus hatten ihm eine andere Einstellung dem Tod gegenüber vermittelt; er hatte ihn gehört und gerochen und war ihm nahe gekommen... der alte Mann im Nebenzimmer, der am Morgen nicht mehr da war, nachdem sämtliche Ärzte und Krankenschwestern mit einer Rollbahre zu ihm hineingestürmt waren ... und er hatte nicht die Absicht, ihm in den nächsten sechzig oder siebzig Jahren noch einmal nahe zu kommen, herzlichen Dank. McBri-des Tod hatte ihn aufgerüttelt, das mußte er sich selbst eingestehen, aber so was passierte nun mal, wenn man auf einer Farm lebte und mit Traktoren und Pflügen und solchem Scheiß herumhantierte.
Harlens Ma verbrachte jetzt nicht mehr jeden Abend bei ihm. Sie fuhr ihn an, wenn er sein Bett nicht machte oder das Frühstücksgeschirr nicht wegräumte. Er litt noch unter Kopfschmerzen, aber der schwere Gips war abgenommen worden, und der leichtere Gips konnte
Weitere Kostenlose Bücher