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Sommer der Nacht

Titel: Sommer der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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etwas anderem, das sie noch nicht gesehen hatten, machte ihn hundeelend.
    »Vielleicht ist es so was wie das, was unter meinem Bett war«, sagte Lawrence.
    An dieser Stelle hörte Dale die Unterhaltung nur noch wie aus weiter Ferne, als würde er ein Gespräch im Irrenhaus belauschen. Und er war einer der Insassen.
    »Abgemacht«, sagte Mike. »Wir treffen uns morgen um acht, fahren zu Duanes Haus und sehen nach, ob er Aufzeichnungen hatte, die uns weiterhelfen können.«
    Niemand hatte allein im Dunkeln nach Hause gehen wollen. Sie gingen in Gruppen und blieben so lange wie möglich zusammen, bis sie einer nach dem anderen zu den Verandalichtern und Lichtern hinter Fliegengittern laufen konnten. Zuletzt war nur Cordie Cooke allein in die Dunkelheit gegangen.
    Mike trat in die Pedale, damit er den Anschluß an die Gruppe nicht verlor. So früh es war, der Tag war schon sehr heiß, der Himmel wolkenlos. Spiegelungen und Hitzeflimmern stiegen von der langen Schotterstraße vor ihnen auf. Und Mike war müde.
    Er war fast die ganze Nacht bei Memo wach gewesen, zu der er sich hinuntergeschlichen hatte, nachdem seine Mutter ins Bett gegangen war. Er hatte etwas von dem Weihwasser auf den Fensterrahmen gesprinkelt, obwohl er keine Ahnung hatte, ob es etwas nützen würde. Ließ die Wirkung nach, wenn das Wasser verdunstet war? Wie auch immer, es hatte sich kein nächtlicher Besucher sehen lassen, und Mike war nur einmal hochgeschreckt, als er ein Geräusch unter dem Haus gehört hatte, bei dem es sich ebensogut um einen Setzlaut des Hauses selbst hätte handeln können. Der Chor der Grillen und Zikaden war laut durch die Fliegengitter gedrungen, und Mike glaubte sich zu erinnern, daß Stille geherrscht hatte, bevor der Soldat das letztemal am Fenster aufgetaucht war.
    Mike hatte seine Zeitungen rechtzeitig ausgetragen, wobei er wegen der ein bis zwei Stunden fehlenden Schlafs ständig gähnen mußte, dann war er zur Pfarrei gehetzt, damit er vor der Messe noch mit Pater C. reden konnte.
    Aber heute wurde keine Messe gelesen. Mrs. McCaf-ferty hatte Mike befohlen, leiser zu sein, und die Unterhaltung von der Pfarreiküche auf die hintere Treppe verlagert; der Priester war schwer krank; Dr. Staffney hatte Bettruhe und eine Einweisung ins Krankenhaus empfohlen, falls es Pater C. bis Dienstag nicht besser gehen sollte. Bis dahin, sagte die Haushälterin, hatte Pater Dinmen, der Assistenzpfarrer von St. Bonaventure's in Oak Hill, sich bereit erklärt, am Mittwoch die Frühmesse zu lesen. Mike sollte es der Gemeinde mitteilen.
    Mike wandte ein, er müsse Pater C. sprechen, es wäre überaus dringend, aber Mrs. McCafferty war unnachgiebig gewesen. Vielleicht am Abend, wenn es dem Pater bis dahin besser ginge.
    Und so war Mike gerade lange genug in der Kirche geblieben, bis er das runde halbe Dutzend der älteren Gemeindemitglieder informiert und seinen Weihwasservorrat aufgefrischt hatte - diesmal hatte er seine Feldflasche mitgebracht und den Inhalt eines ganzen Beckens hineingegossen -, dann war er zum Treffen mit Dale und den anderen gegangen.
    Er hatte seine Zweifel, was die Rückkehr zur Farm der McBri-des anbetraf - zunächst einmal bedeutete es, sie mußten am Friedhof vorbei -, aber im grellen Sonnenlicht und in Gegenwart der vier anderen Jungs konnte er nicht nein sagen. Außerdem hatte Dale möglicherweise recht: vielleicht hatte Duane ihnen wirklich einen Hinweis hinterlassen.
    Sie schoben die Räder unmittelbar vor dem Tor zur Einfahrt der McBrides ins Maisfeld und gingen zu Fuß weiter bis zur letzten Maisreihe, von wo aus sie zur Farm der McBrides spähten. Das Haus war dunkel und stumm. McBrides Laster war nirgends auf dem Gelände zu sehen, die Scheune, in der der Mähdrescher und die anderen landwirtschaftlichen Maschinen standen, war verschlossen und verriegelt; sie konnten das große Vorhängeschloß und die Kette an der Tür erkennen.
    »Ich glaube, er ist fort«, flüsterte Harlen. Die Fahrt und der geduckte Lauf durch das Maisfeld schienen den kleineren Jungen erschöpft zu haben; Harlens Gesicht war blaß und schweißfeucht. Er kratzte sich dauernd an der Schlinge und dem Gips. Die Hitze war jetzt noch schlimmer und drückte wie eine glühende Faust auf die Felder.
    »Darauf würde ich mich nicht verlassen«, flüsterte Mike. »Kann ich da durchsehen?« fragte er Kev, der sein Fernglas mitgebracht hatte.
    »Trinken wir was«, zischte Harlen und griff nach der Feldflasche, die Mike über der Schulter hängen

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