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Sommer der Nacht

Titel: Sommer der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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Mike.
    »Ja«, flüsterte Dale. »Ich weiß nicht, wie oder warum, aber irgendwie.«
    »Ich auch«, sagte Mike. Er drehte sich zu Jim Harlen um. »Hast du deine Pistole noch?«
    Harlen griff mit der rechten Hand in die Schlinge und holte den stupsnasigen Revolver heraus.
    Mike nickte. »Dale? Ihr habt Waffen im Haus, oder nicht?«
    Dale betrachtete seinen kleinen Bruder, dann sah er Mike an. »Ja. Dad hat eine Schrotflinte. Ich habe die Sa-vage.«
    Mike blinzelte nicht. »Das Ding, mit dem er dich Schnepfen jagen läßt?«
    »Nn-nnn. Wenn ich zwölf bin, ist es mein Gewehr.«
    »Eine Schrotflinte, richtig?«
    »Vierzehn unten«, sagte Dale. »Zweiundzwanzig oben.«
    »Feuert nur eine Patrone aus jedem Lauf, richtig?« Mikes Stimme klang tonlos, fast unbeteiligt.
    »Ja«, sagte Dale. »Zum Nachladen muß man sie aufklappen.«
    Mike nickte. »Kannst du sie beschaffen?«
    Dale schwieg einen Augenblick lang. »Dad würde mich umbringen, wenn ich sie ohne Erlaubnis und ohne daß er dabei ist aus dem Haus nehme.« Er sah zur Tür hinaus in die Dunkelheit. Glühwürmchen glommen bei den Apfelbäumen in Mikes Garten. »Ja«, sagte Dale. »Ich kann sie beschaffen.«
    »Gut.« Mike wandte sich langsam an Kevin. »Hast du was?«
    Kevin rieb sich die Wange. »Nein. Ich meine, mein Dad hat seine Fünf undvierziger Automatik - eigentlich Halbautomatik -, aber die ist in der untersten Schublade seines Schreib-tischs. Eingeschlossen.«
    »Könntest du sie rausholen?«
    Kevin ging hin und her und rieb sich unablässig die Wange. »Es ist seine Armeewaffel Eine Art... Trophäe oder Souvenir, das ihm die Jungs seiner Schwadron gegeben haben. Er war Offizier im Zweiten Weltkrieg und...« Kevinblieb stehen. »Glaubst du, Gewehre nützen etwas gegen die Wesen, die Duane getötet haben?«
    Mike war ein geduckter, kauernder Schatten im Halbdunkel, er glich einem Tier, das zum Sprung bereit ist. Aber die ganze Spannung lag in seiner Körperhaltung, nicht in der Stimme. »Ich weiß nicht«, sagte er leise - so leise, daß man seine Stimme kaum im Summen der Insekten im Garten hinter dem Haus hören konnte. »Aber ich glaube, Roon und Van Syke gehören dazu, und es hat niemand gesagt, daß man sie nicht verletzen kann. Kannst du die Waffe besorgen?«
    »Ja«, sagte Kevin nach dreißigsekündigem Schweigen.
    »Und Munition dazu?«
    »Ja. Mein Vater bewahrt sie in derselben Schublade auf.«
    »Wir lassen alles hier«, sagte Mike. »So kommen wir dran, wenn wir es brauchen. Ich habe eine Idee...«
    »Was ist mit dir?« sagte Dale. »Dein Dad geht nicht auf die Jagd, oder?«
    »Nein«, sagte Mike, »aber da ist Memos Eichhornbüchse.«
    »Was ist das?«
    Mike hielt die Hände ungefähr vierzig Zentimeter auseinander. »Kennst du die lange Pistole, die Wyatt Earp in der Fernsehserie benützt?«
    »Die Buntline Special?« fragte Harlen mit zu lauter Stimme. »Deine Großmutter hat eine Buntline Special?«
    »Nn-nnn«, sagte Mike, »sieht aber so ähnlich aus. Mein Großvater hat sie vor rund vierzig Jahren in Chicago für sie anfertigen lassen. Es handelt sich um eine Vierzehner-Schrotflinte, wie die von Dale, nur ist sie an einem... wie sagt man doch gleich?«
    »Einem Pistolengriff«, sagte Kevin.
    »Ja. Der Lauf ist etwa vierzig Zentimeter lang, und sie hat einen hübschen Pistolengriff aus Holz. Memo hat sie immer ihre Eichhornbüchse genannt, aber ich glaube, Großvater hat sie ihr gekauft, weil es da, wo sie damals gewohnt hatten - in Cicero -, immer ziemlich derb zugegangen ist.«
    Kevin Grumbacher pfiff. »Mann o Mann, so eine Waffe ist illegal, illegaler geht's nicht. Das ist eine abgesägte Schrotflinte, mehr nicht. Hat dein Großvater zu Capones Bande gehört, Mike?«
    »Halt die Klappe, Grumbacher«, sagte Mike gelassen. »Okay, wir besorgen uns die Waffen und soviel Munition wie möglich. Wir sehen zu, daß unsere Alten nichts davon mitbekommen. Und wir verstecken sie...« Er sah sich um und klopfte dabei auf das Sprungfedersofa.
    »Hinter dem großen Radio«, sagte Dale.
    Mike drehte sich langsam um, und sein breites Grinsen war selbst im Halbdunkel zu sehen. »Bingo. Morgen haben wir einiges zu tun. Wer spricht mit Mrs. Moon?«
    Die Jungs rutschten herum und blieben stumm. Schließlich sagte Lawrence: »Okay. Ich mach's.«
    »Nein«, sagte Mike behutsam. »Dich brauchen wir für andere wichtige Aufgaben.«
    »Zum Beispiel?« fragte Lawrence und kickte nach einer Dose auf dem Holzboden. »Ich hab' nicht mal eine Waffe, so wie

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