Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Sommer der Nacht

Titel: Sommer der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
Vom Netzwerk:
wieder -das der Abdeckereilaster beim Zurücksetzen jedesmal wie durch ein Wunder verfehlt hatte -, rückte die Lenkstange gerade und sprang im Laufen darauf. Lawrence raste vorbei - er setzte dem Laster hitzig hinterher, obwohl er keine Waffe hatte. Mike und Harlen stiegen auf die Räder und fuhren an einem Silo vorbei, das bereits bis zum zweiten Stock hinauf loderte.
    »Durch den Wald!« schrie Mike, kippte nach links unter die Bäume ab und kürzte zu dem überwucherten Weg ab, der vom Silo zur Straße und Müllkippe führte. Er ging davon aus, daß der Laster auf dieser Straße nach links abbiegen und an den Gleisen entlang zum Güterbahnhof und Richtung Stadt fahren würde, aber als sie aus Unkraut und Unterholz auf die schmale Schotterstraße gefahren kamen, konnten sie den Laster hundert Meter voraus sehen, wo er nach Norden zur Müllkippe fuhr. Flammen und schwarzer Rauch stiegen von dem schwankenden Fahrzeug hoch.
    Die Jungs senkten die Köpfe und konzentrierten sich darauf, schneller zu fahren als jemals zuvor; ihre Räder hüpften und flogen über Unebenheiten und Steine auf der doppelten Fahrspur.
    Mike übernahm die Führung und holte den Abdeckereilaster ein, als sie gerade den breiteren Abschnitt erreichten, wo die Cookes und eine andere arme Familie gewohnt hatten. Beide Hütten sahen verlassen aus.
    Irgendwie gelang es Mike, eine Flasche herauszuholen, sie mit der linken Hand gegen die Lenkstange zu halten und das Feuerzeug aus der Tasche zu kramen, während er neben dem Laster herfuhr.
    Der Gewehrlauf wurde aus dem Fahrerfenster geschoben.
    Mike bremste, schlitterte, strampelte heftig, um hinter den Laster zu gelangen und fuhr an die rechte Seite, als sie beide auf die letzten hundert Meter der Straße zur Müllkippe einbogen. Dale, Lawrence, Kevin und Harlen strampelten in einer Reihe hinter ihm.
    Mike sah zum zweiten Mal kurz Karl Van Sykes langes Gesicht - er grinste irr zwischen Rauch und Flammen von der Haube hindurch -, dann wurde das Gewehr wieder gehoben, und Mike schleuderte die bereits brennende Flasche durch das Fenster der Beifahrerseite.
    Die Explosion schleuderte das restliche Glas der Windschutzscheibe nach außen. Die Hitze zwang Mike, hinter den Laster zurückzufallen, und als er dort hineinsah, hätte er sein Schwinn-Rad fast in den Graben neben der Straße gefahren.
    Der Kadaver einer Kuh, oder eines Pferdes, oder von beidem, explodierte aufgebläht von Methan und anderen Fäulnisgasen... Flammen und Fetzen brennenden, verwesten Fleisches regneten auf beiden Seiten in den Wald.
    Aber deshalb klappte Mike der Kiefer nicht herunter.
    Die braunen, verfaulten, einstmals menschlichen Kreaturen schienen sich zu winden und übereinander herzufallen, als die Flammen sie einhüllten... die zur Ruhe Gebetteten eines geräumten Friedhofs versuchten, sich auf die Knie zu ziehen, auf die Füße, fanden aber keine Muskeln oder Sehnen oder Knochen, mit denen sie es bewerkstelligen konnten. Die braunen Wesen zuckten und krümmten sich und fielen gegenseitig ineinander verkrallt in die Arme zurück, als die gesamte Ladung Kadaver zu brennen anfing.
    Der brennende Laster bremste nicht vor dem Holztor am Eingang zur Müllkippe. Bretter brachen mit Geräuschen wie Gewehrschüsse, dann war der große Laster durch und holperte von fünf Fahrrädern verfolgt über die Furchen und Unebenheiten der Müllhalde.
    Der Abdeckereilaster fuhr so weit er konnte in die Berge von Abfall, alten Reifen, zerschlissenen Sofas, rostigen Metallschrotts und faulendem organischen Müll hinein, wie er konnte, dann schwenkte er nach links und kam am Rand eines zwölf Meter tiefen Abschnitts der Kluft zum Stillstand, der noch nicht aufgefüllt worden war. Die Jungs hielten zehn Meter dahinter und warteten, daß der Laster zur Verfolgung ansetzen würde.
    Er kam nicht. Die Flammen hatten die Kabine und die Pritsche inzwischen völlig eingehüllt; die Holzbretter hinten waren brennende Feuerstreifen.
    »Nichts kann das überleben«, flüsterte Kevin, der mit offenem Mund gaffte.
    Als hätte der Fahrer es gehört, wurde die brennende Tür auf dieser Seite aufgestoßen, und Karl Van Syke sprang heraus; sein einteiliger Overall war angesengt und rauchte, das Gesicht war schweiß- und rußverschmiert, die Arme gerötet. Er grinste fast von einem Ohr zum anderen. In den riesigen Händen hielt er ein Gewehr mit Zielfernrohr.
    Alle Jungs sahen sich um und stiegen mit den Füßen auf die Fahrradpedale, aber es waren zwanzig bis

Weitere Kostenlose Bücher