Sommer der Nacht
zöge ein Gewitter auf, daher schenkte Mr. Ashley-Montague dem dunklen Himmel und gelblichen Licht, das über den Wäldern und Feldern und Flüssen lag wie ein verfaulter Vorhang kurz vor dem Öffnen, keine sonderliche Beachtung.
Die Hauptstraße von Elm Haven war verlassener als üblich, selbst für einen Samstagabend, und als Mr. Ashley-Montague beim Bandstand Park aus der Limousine ausstieg, war er überrascht von der Dunkelheit. Anstelle der sonst üblichen zahllosen Familien, die geduldig auf dem Gras warteten, waren nur wenige Gesichter zu sehen, die verfolgten, wie Tyler den großen Projektor vom Kofferraum der Limousine zum Pavillon trug. Eine Handvoll Kleinlaster und Autos parkten schräg, während Tyler Lautsprecher und andere Ausrüstung anschloß, aber der Zustrom war der geringste in den neunzehn Jahren, seit die Ashley-Montagues die sterbende Kleinstadt mit samstagabendlicher Unterhaltung versorgten.
Dennis Ashley-Montague ging zum Rücksitz der Limousine zurück, schlug die Türen zu und schenkte sich ein großes Glas Scotch Marke Glenlivet aus der Bar hinter dem Fahrer ein. Er hatte überlegt, ob er heute nicht kommen, ob er keine weiteren Gratisvorstellungen mehr dulden sollte -, aber die Tradition reichte tief, und das Gefühl, der Landadlige dieser Bande inzüchtiger Bauerntölpel und Spießer zu sein, gab seinem Leben einen gewissen perversen Sinn.
Und er wollte mit den Jungs reden.
Er hatte sie im Lauf der Jahre bei früheren Gratisvorstellungen gesehen; ihre schmutzigen kleinen Gesichter hatten die Filme angestarrt, als wären sie strahlende Wunder, Kaugummi und Popcorn hatten ihre Wangen aufgebläht... aber er hatte keines je richtig angesehen, bis dieser dicke Junge - der getötet worden war, wie sein Freund gesagt hatte - ihn vor mehr als einem Monat auf dem Pavillon ausgefragt hatte. Und dann dieser erstaunliche kleine Kerl, der vor Mr. Ashley-Montagues Eingangstür erschienen war... er hatte wahrhaftig die Dreistigkeit besessen, eine ledergebundene Übersetzung von Crowleys Buch des Gesetzes zu stehlen. Mr. Ash-ley-Monta-gue konnte sich an nichts in dem Buch erinnern, das den Jungs helfen konnte, wenn die Bildsäule der Offenbarung seines Großvaters tatsächlich aus ihrem langen Schlummer erwachen sollte. Mr. Ashley-Montague wußte selbst nichts, das ihnen allen helfen könnte, sollte das geschehen.
Er trank sein Glas leer und schlenderte zum Pavillon zurück, wo Tyler inzwischen mit den letzten Vorbereitungen fertig war. Es war noch nicht halb neun Uhr abends - normalerweise dauerte die Dämmerung in diesen Breiten noch dreißig Minuten länger -, aber durch die dunklen Wolken war es früher Nacht geworden.
Mr. Ashley-Montague spürte, wie ihn eine gewisse Klaustrophobie überkam: Die ganze Stadt schien von zweieinhalb Meter hohen Maispflanzen umzingelt zu sein - im Süden hinter dem Haus seiner Vorfahren, im Norden vier Blocks den langen, dunklen Tunnel der Broad Avenue entlang, im Westen nur ein paar hundert Meter bis zu der Stelle, wo die Hard Road nach Norden abknickte, und im Osten die stille Main Street mit ihren dunklen Geschäften. Die Beleuchtung war noch nicht eingeschaltet.
Mr. Ashley-Montague sah die Jungs nicht, nach denen er suchte. Er sah Charles Sperling, den verzogenen Balg dieses Sperling, der doch tatsächlich die Stirn besessen hatte, Mr. Ashley-Montague wegen eines Darlehens für eine geschäftliche Investition anzugehen - sein Großvater hatte von Dennis Ashley-Montagues Großvater Kapitalzuschüsse erhalten, damit ihm dieser während der Zeit des Skandals den Gefallen getan hatte, einiges zu vergessen.
Aber sonst wenige Kinder und nicht viele Familien an diesem Abend. Vielleicht machten sie sich Sorgen, daß ein Unwetter aufzog.
Mr. Ashley-Montague sah zum gelblichen Himmel auf und stellte fest, daß die Vögel in den hohen Bäumen kein Gezeter vollführten, wie sonst bei Sonnenuntergang. Es waren auch keine Insekten zu hören, und kein Windhauch bewegte die Zweige.
Er zündete sich eine Zigarette an, lehnte sich auf das Geländer des Pavillons und überlegte sich, wo er Unterschlupf suchen würde, sollten plötzlich Sirenen den heranbrausenden Tornado ankündigen. Hier standen ihm keine Häuser offen, und zum alten Anwesen würde er nicht gehen, obwohl der Weinkeller dort noch unversehrt war, da Arbeiter, die die Ruine geräumt hatten, letzten Herbst die verdächtigen Tunnel dort entdeckten, die durch den soliden Fels gebohrt worden waren.
Nein,
Weitere Kostenlose Bücher