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Sommer der Nacht

Titel: Sommer der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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Sam-Browne-Gürtel. Er war ziemlich jung, aber er kann kein richtiger Soldat gewesen sein ... muß die Uniform seines Großvaters getragen haben oder von einer Art Kostümfest nach Hause gegangen sein.« Der Alte sah Duane an. »Ist er zum Frühstück geblieben?«
    Duane schüttelte den Kopf. »Er ist nicht mit dir reingekommen. Du mußt ihn irgendwo abgesetzt haben.«
    Der Alte konzentrierte sich einen Moment, dann schüttelte er heftig den Kopf. »Nn-nnn. Ich bin sicher, daß er bei mir im Auto saß, als ich in die Einfahrt eingebogen bin Ich weiß noch, ich hatte fast vergessen, daß er noch da war, weil er so still war. Ich wollte ihm ein Sandwich geben und ihn auf dem Sofa schlafen lassen.« Der Alte sar Duane an. Seine Augen waren blutunterlaufen. »Ich weiß, daß er noch bei mir war, als ich in die Einfahrt gebogen bin, Duane.«
    Duane nickte. »Nun, ich habe nicht gehört, daß jemand mit dir gekommen ist. Vielleicht ist er zu Fuß in die Stadt gegangen.«
    Der Alte sah blinzelnd über den Mais zur County Six »Einfach so, mitten in der Nacht? Außerdem erinnere ich mich, er hat gesagt, daß er irgendwo gleich hier in der Gegend lebt.«
    »Hast du nicht gesagt, er hätte nicht gesprochen?«
    Der Alte kaute auf seinem Nagel. »Er hat nicht ... ich kann mich nicht erinnern, daß er etwas gesagt hätte.. ach, scheiß doch drauf!« Er las den Wirtschaftsteil weiter Duane las die Literaturbeilage zu Ende, dann ging ei zum Haus zurück. Witt kam aus der Scheune, er war offenbar nach einem seiner häufigen Schläfchen erfrischt und wollte etwas mit Du-ane unternehmen.
    »He, Junge«, sagte Duane, »hast du einen Landser aus dem Ersten Weltkrieg hier in der Scheune rumlaufen sehen?«
    Witt winselte leise, legten den Kopf schief und schier nicht sicher zu sein, was er gefragt wurde. Duane kraulte ihn hinter den Ohren. Er ging zum Laster und machte die Tür der Beifahrerseite auf. Die heiße Kabine roch nach Whisky und alten Socken. Der Vinylbezug auf der Beifahrerseite war niedergedrückt, als würde momentan eine unsichtbare Person dort sitzen, aber das war schon so, seit sie das Fahrzeug besaßen. Duane stocherte unter den Sitz, überprüfte den Boden und sah ins Handschuhfach. jede Menge Plunder - Lappen, Karten, ein paar Taschentücher des Alten, ein Schlüssel, Bierdosen, sogar eine Schrotpatrone -, aber kein Hinweis. Kein Bajonett und keine Spa-nish Mauser, die aus Versehen zurückgelassen worden wären, keine Karte mit Schützengräben um die Somme oder taktische Pläne des Wäldchens bei Belleau.
    Duane lächelte in sich hinein und ging in den Garten, um mit Witt zu spielen.
    Es war Abend, als Mike und Pater Cavanaugh ihren Angelausflug beendeten. Mrs. Clancy, die altersschwach und schrullig war, hatte niemand sonst im Haus haben wollen, wenn Pater Cavanaugh ihr die Beichte abnahm, daher hatte Mike beim Teich gewartet, Steine darüber hüpfen lassen und sich gewünscht, er hätte nicht aufs Abendessen verzichtet. Es gab wenige Gründe, die Mike vom sonntäglichen Abendessen abgehalten hätten, aber wie sich herausstellte, gehörte dazu, Pater C. zu helfen. Als der Priester zu ihm gesagt hatte: »Du hast doch schon gegessen, oder?« hatte Mike genickt. Nächstes Mal würde er das in seiner Beichte unter dem allgemeinen Oberbegriff Manchmal habe ich gegenüber Erwachsenen nicht die Wahrheit gesagt, Pater unterbringen. Als Mike älter wurde, war ihm der Grund klar geworden, warum Priester nicht heiraten konnten - wer wollte schon mit jemandem zusammenleben, bei dem man regelmäßig alles beichten mußte?
    Pater C. kam um sieben zu ihm zum Teich - er brachte die Anglerausrüstung aus dem Kofferraum des Papstmobils mit -, und es schien früher zu sein, da die Sonne zwar tief stand, aber immer noch über den Bäumen. Die beiden angelten über eine Stunde, aber nur Mike fing etwas - ein paar Sonnenbarsche, die er wieder hineinwarf -, doch führten sie eine so ausgiebige Unterhaltung, daß dem Jungen ganz schwindlig wurde: über die Natur der Dreieinigkeit, wie es war, auf der Southside von Chicago aufzuwachsen, als Pater C. noch jünger gewesen war, wie die Straßenbanden waren, warum alles geschaffen worden war, Gott aber nur sein konnte, warum alte Menschen zur Kirche zurückfanden - Pater C. erklärte Mike Pascals Wette ... oder versuchte es zumindest - und ein Dutzend andere Themen. Mike unterhielt sich gerne mit dem Priester über solche Dinge; es machte Spaß, mit Dale oder Duane oder einigen der echten

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