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Sommer des Schweigens: Ich war in der Gewalt dreier Männer. Und ein ganzes Dorf sah zu (German Edition)

Sommer des Schweigens: Ich war in der Gewalt dreier Männer. Und ein ganzes Dorf sah zu (German Edition)

Titel: Sommer des Schweigens: Ich war in der Gewalt dreier Männer. Und ein ganzes Dorf sah zu (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Maria Scarfò
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versuche, mich aufzusetzen.
    »Sei brav, bleib hocken.«
    »Ich muss atmen!« Diesmal schreie ich und schlage mit der rechten Faust zu. Ich versuche erneut, mich aufzurichten.
    »Brav, Annarella, brav.« Eine Hand klopft mir auf den Rücken. Ein kurzer, knapper Schlag, dem ich nichts entgegenzusetzen habe. Also kauere ich mich zusammen, die Ellenbogen auf den Boden gestützt und die Knie an die Brust gezogen. Ich neige den Kopf zur Seite und hebe die schwarze Jacke, die sie über mich geworfen haben, ein bisschen hoch, damit Luft rein kann. Eine Hand drückt mich fest nach unten. Sie lastet so schwer auf mir, dass ich mich nicht mehr wehre. Ich lege die Wange auf die Fußmatte des Wagens. Sie stinkt nicht, obwohl ich kleine Steinchen oder Krümel spüre, die sich in meine Haut bohren.
    Sie reden nicht. Das Auto fährt. Ich höre, wie der Straßenbelag unter den Rädern wechselt. Ich liege so dicht über dem Boden, dass ich merke, wie der staubbedeckte Asphalt zu Erde und Kies wird. Wir sind wieder außerhalb des Dorfes. Ich folge mit dem Körper den Kurven und halte mich nicht fest, wenn abrupt gebremst wird, sodass ich gegen die Sitze und zurück geschleudert werde.
    Als sie zur Schule kamen, haben sie mich aufgefordert, mit ihnen einen Ausflug zu machen und hinten einzusteigen. Aber ich durfte mich nicht normal reinsetzen. Sie haben mir gesagt, ich soll mich zwischen Vorder- und Rücksitz hinlegen, und dann haben sie ihre Jacken über mich geworfen.
    Im Wagen sitzen Domenico Iannello und sein Bruder Michele. Ein weiteres Auto mit Cucinotta und Cutrupi folgt uns.
    Die.
    Der Wagen hält an. Ich glaube, wir haben die Hütte erreicht.
    »Anna, kommst du? Wann musst du wieder zu Hause sein?« Ich höre, dass jemand etwas zu mir sagt, aber ich bin immer noch unter den Jacken und kann nicht erkennen, wer mich das fragt. Schließlich ziehen sie mich hoch, und ich atme tief durch. Das Licht blendet mich. Mir ist schlecht, fast so schlimm, als wäre ich seekrank.
    »Nicht … nicht so spät. Nicht allzu lange, sonst wird meine Mutter …«
    Ich bin jetzt draußen, und wir sind nicht bei der Hütte. Das Auto steht auf einem kleinen asphaltierten Platz vor einem großen Gebäude aus roten Ziegelsteinen. Es wirkt wie ein ehemaliger Stall. Ich schaue mich um. Ich sehe landwirtschaftliche Gerätschaften, Körbe, Ziegel. An den Wänden große Streifen von roter Farbe. Sie ergeben keinen Sinn, kein Bild. Einfach zufällige Pinselstriche.
    Ich drehe mich um die eigene Achse, um zu begreifen, wo ich bin. Drehe mich weiter und sehe mich weiter um. Der Geruch von Heu kitzelt meine Nase.
    Sie sind in den Stall gegangen und reden. Ich könnte weglaufen. Sie haben mich allein gelassen. Aber sobald ich nur daran denke, hat mich Cucinotta schon am Arm gepackt.
    »Los, gehen wir.« Iannello kommt und wirft eine Bierdose zu mir rüber. Ich hebe sie auf. Mein ganzer Rock ist nass geworden.
    »Trink, Annare’. Trink, dann wirst du fröhlicher.« Er lacht und trinkt mit laut glucksenden Schlucken Bier aus einer Dose, die er sich über seinen Mund hält.
    Lachend lassen sie die Dosen herumgehen. Ich hebe meine wieder auf. Der ganze Rand ist voller Sand, und ich habe keine Lust, daraus zu trinken. Ich starre auf die Dose und den Sand. Meine Bewegungen sind langsam. Ich zupfe die biergetränkten Körnchen eins nach dem anderen ab.
    Eine Hand packt mich an den Haaren. Sie gleitet hinter meinen Kopf, zerrt mich an den Haaren. Die Dose in meiner Hand fliegt in hohem Bogen davon.
    »Jetzt trink, Annarella.« Das Bier landet in meinem Mund, in der Kehle, in der Nase. Ich atme süßliche Bläschen ein, versuche auszuweichen. Ich möchte mich befreien. Das eiskalte Bier läuft an meinem Hals hinab.
    »Zieh dir diese Bluse aus, siehst du nicht, dass sie feucht ist?«
    Es geht los. Die fangen jetzt wieder an.
    »Und nicht nur da ist die hübsche Signorina feucht.«
    »Und ob du feucht bist, Annarella.«
    Die fangen wieder an.
    »Das gefällt dir doch auch, wenn wir spielen.«
    Sie lachen.
    »So wirst du erwachsen …«
    »O ja, und ob ihr das gefällt. Das gefällt der kleinen Hure …«
    Ich öffne den Mund, um zu atmen. Cutrupi tut etwas, dass ich keine Luft bekomme. Ich knie auf dem Boden. Sie ziehen mir die Bluse aus. Und ich reiße den Mund auf. Die Hand in meinen Haaren führt den Kopf.
    Ich presse die Lippen zusammen. Und meine Augen schreien.
    Ich schwanke wie betäubt. Ich bekomme keine Luft. Mein Mund ist voll.
    »Nein. Nein.«
    Die fangen wieder

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